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    Hat Netflix ein Problem? Hit-Regisseurin will für ihr Historien-Epos lieber Kino statt Kohle – und andere könnten folgen
    Annemarie Havran
    Annemarie Havran
    -Mitglied der Chefredaktion
    Film- und Serien-Fan mit Leib und Seele. Immer, wenn im Kinosaal das Licht ausgeht oder der Vorspann einer starken Serie beginnt, kommt die Gänsehaut.

    Hollywood erhöht den Druck auf Netflix – denn nicht jedem Filmschaffenden schmeckt es, dass der Streamingdienst seine Filme fast gar nicht ins Kino bringt. „Saltburn“-Regisseurin Emerald Fennell sagte ein Angebot gar ganz ab und ging zur Konkurrenz.

    PROKINO Filmverleih GmbH / Netflix

    Lange Zeit war klar: Netflix musste nur genug Geld auf den Tisch legen, und die Filmschaffenden kamen in Scharen. Doch kürzlich zeigte Emerald Fennell, Regisseurin des Überraschungs-Hits „Saltburn“, dass es auch anders geht. Netflix bot ihr für ihre Neuverfilmung des Historien-Romans „Wuthering Heights“ mit 150 Millionen US-Dollar zwar das meiste Geld, aber auch die für die Filmemacherin unattraktivsten Konditionen. Denn Fennell wollte einen Kinostart – und den holt sie sich nun bei der Konkurrenz.

    Schock für Netflix

    Netflix sei „schockiert“ gewesen, berichtet so jetzt Variety, dass Fennell das Netflix-Angebot abgelehnt hat und „Wuthering Heights“ nun als Kinoproduktion für Warner Bros. umsetzt. Und die zahlen gerade einmal 80 Millionen Dollar dafür. Wie enorm wichtig Fennell und übrigens auch Co-Produzentin Margot Robbie dabei eine Kino-Veröffentlichung ihres Films gewesen ist, zeigen auch weitere Details: Netflix soll bei dem Rennen nicht einmal den zweiten Platz gemacht haben, sondern sogar nur den dritten.

    Laut Variety wird nämlich gemunkelt, die Regisseurin habe neben dem Angebot von Warner auch eine Offerte von Amazon in Betracht gezogen. Netflix sei abgeschlagen gewesen. Amazon Prime Video ist zwar auch ein Streamingdienst, soll der Filmemacherin jedoch einen größeren Kinostart angeboten haben. Ist es also Zeit für Netflix, umzudenken, und von der immer strikter verfolgten „Streaming only“-Politik abzusehen?

    Nach "Wuthering Heights"-Absage: Kommt wenigstens "Narnia" ins Kino?

    Denn mit dem herben Schlag, den Fennell Netflix mit ihrer Absage verpasst hat, bekommen andere Filmschaffende Wasser auf ihre Mühlen, die nämlich ebenfalls auf Kinostarts ihrer Projekte beharren. Fennell hat gezeigt: Nicht jeder muss nach der Netflix-Pfeife tanzen. Allerdings hatte sie auch noch keinen Vertrag mit dem Streamingdienst – bei anderen aktuellen Beispielen, bei denen um Kinostarts gestritten wird, sieht das anders aus:

    So will „Barbie“-Regisseurin Greta Gerwig für ihr Fantasy-Megaprojekt „Die Chroniken von Narnia“, für das sie bei Netflix unterschrieben hat, einen großen Kinostart. Dass sie dabei bereits ordentlich Druck ausüben soll, darüber haben wir berichtet. Zur Debatte steht dabei nicht nur, auf wie viele Leinwände der 2026 startende Film – wenn überhaupt – kommen könnte, sondern auch, wann er danach zu Netflix kommt. Denn für Kinos ist es nicht besonders attraktiv, einen Film auf den Top-Leinwänden (zum Beispiel im IMAX) zu platzieren, wenn dieser dann schon nach einer Woche zum Streaming bereitsteht. Viele Menschen warten dann lieber diese eine Woche, um Geld zu sparen, und gehen nichts ins Kino.

    Daniel Craig macht für "Knives Out 3" ebenfalls Druck

    Ebenfalls im Kino sehen will Daniel Craig seinen neuen „Knives Out“-Film. Wie wir berichtet haben, drängt Craig Netflix zu einem größeren Kinostart von „Knives Out 3: Wake Up Dead Man“, was dem Streamingdienst übrigens sogar ordentlich Geld einbringen könnte. Denn Berechnungen besagen, dass „Knives Out 2“ 600 Millionen US-Dollar eingespielt hätte, wenn er länger und in mehr Kinos gelaufen wäre. „Knives Out 2“ gehört nämlich zu den wenigen Titeln, die Netflix tatsächlich ins Kino gebracht hatte – aber eben nur limitiert.

    Aber selbst dies soll in Zukunft sogar noch seltener geschehen – außer vielleicht, Netflix möchte einen Film für die Award-Season platzieren, und da ist ein Kinostart unerlässlich. Dieser reicht jedoch auch für eine Woche in ein paar ausgewählten Kinos. Netflix-CEO Ted Sarandos zementierte zuletzt noch einmal ganz deutlich die Strategie des Streaminganbieters, dass Filme exklusiv nur dort verfügbar sein sollen. Konnten Filmschaffende früher vielleicht noch darüber verhandeln, zeigt nun das Beispiel von Emerald Fennells „Wuthering Heights“ deutlich, dass Netflix hier wohl nicht mehr mit sich reden lassen will.

    Craig und Gerwig haben das Problem, dass sie mit Netflix noch Verträge schlossen, als Kinostarts noch üblich waren. Sie können nur hoffen und verhandeln. Doch andere Filmschaffende, die ganz neu angefragt werden, werden dem Beispiel von Emerald Fennell folgen, sogar auf Geld verzichten und Netflix absagen. Die Frage ist nur, wie sehr Netflix das trotz des angeblichen Schocks jetzt auf lange Sicht stört. Hat man es dort überhaupt noch nötig, sich die großen Namen zu angeln?

    Netflix' neue Streaming-Strategie

    Sich mit solchen großen Namen schmücken, das hat Netflix bereits ausgiebig getan. Jetzt scheint die Strategie aber eine andere zu sein, wie aus einem neueren Bericht hervorgeht: Die großen, teuren Blockbuster auf Netflix sollen seltener werden. Nur noch rund einmal pro Quartal wolle man einen kostenintensiven Spielfilm aus der Taufe heben, vom Kaliber eines „Beverly Hills Cop: Axel F“, „Rebel Moon“ oder eben „Narnia“. Ja, dafür braucht Netflix in der Regel große Namen vor und hinter der Kamera, aber die dürften sich bei den Summen, die der Streamingriese zahlt, auch weiterhin finden, auch wenn nun vielleicht auch die eine oder andere Absage mehr dazukommen könnte.

    Das Gros der Originalproduktionen will Netflix aber mit kleineren, nicht so teuren Produktionen bestreiten. Und dass diese dann auch genügend Abonnent*innen zum Streamingdienst locken, kann kaum angezweifelt werden, schließlich wird Netflix ja wohl ganz bewusst auf diese Strategie umgeschwenkt haben. Die ganz großen Namen braucht es eben nicht, wenn jemand gemütlich vom Sofa aus einfach nur den neuesten Netflix-Film schauen will – oft wird da einfach das gestreamt, was ganz vorne in den Netflix-Top-10 dabei ist, egal von wem oder mit wem der Film denn jetzt ist.

    Die Zeiten ändern sich, auch für Netflix

    Solange also nur einzelne Filmschaffende keine Lust mehr auf Netflix haben und dem Anbieter Absagen erteilen, dürfte das für ihn zu verschmerzen sein. Die ganz große Anziehungskraft auf Hollywood scheint Netflix aber verloren zu haben. Denn wenn ein kreativer Kopf dort seine Vision nicht so umsetzen kann, wie er oder sie das möchte, ist auch ein gigantischer Scheck nicht immer die Lösung. Filmschaffende, die begehrt sind und auch woanders gute Angebote bekommen, könnten hier in Zukunft also zweimal überlegen, wem sie den Zuschlag geben.

    Auf „Wuthering Heights“, der neuesten Verfilmung des schon zahlreich adaptierten Romans Emily Brontë könnt ihr euch also im Kino freuen. Unser obiges Newsbild stammt aus der 2013er-Adaption „Wuthering Heights - Emily Brontës Sturmhöhe“ von Andrea Arnold. Was Emerald Fennell für ihr romantisch-dramatisches Historien-Epos plant und wer alles mitspielt, erfahrt ihr in folgendem Artikel:

    An der Seite von Margot Robbie: "Saltburn"-Reunion für Verfilmung eines der größten Literatur-Klassikers perfekt

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