Moment mal, wo ist eigentlich Josh Hartnett abgeblieben? Für die jüngeren Leser: Josh wer? Ja, genau dieser Josh Hartnett, der Ende der 90er Jahre mit dem flotten Doppel „The Faculty“ und „The Virgin Suicides“ als Jungstar geradezu kometenhaft auf der Bildfläche erschien und wenig später mit Michael Bays Kriegs-Blockbuster „Pearl Harbor“ (2001) zum kommerziellen Höhenflug ansetzte. Es folgten mit „Black Hawk Down“ (2001) von Ridley Scott und der Komödie „40 Tage und 40 Nächte“ (2002) weitere Hits, später wurde „Sin City“ (2005) ebenso wie „Lucky Number Slevin“ (2006) sogar zum Kultfilm. Der 1978 in St. Paul, Minnesota geborene Schauspieler schien das Zeug zum Superstar zu haben - aber es kam anders.
Einen ersten Dämpfer bekam Hartnetts Karriere in Brian De Palmas umstrittener Verfilmung von James Ellroys genialem Hardboiled-Thriller-Roman „The Black Dahlia“ (2006). Der Film konnte die hohen Erwartungen nicht erfüllen und der Darsteller stieß mit der komplex-ambivalenten Hauptfigur des korrupten Boxer-Cops Dwight „Bucky“ Bleichert an seine schauspielerischen Grenzen. Und dennoch ist es bis heute ein Mysterium, warum Hartnett seit dem (mittelprächtigen) Vampir-Horror-Thriller „30 Days Of Night“ (2007), der bei einem Budget von 30 Millionen Dollar weltweit immerhin 75 Millionen einspielte und damit keineswegs ein Flop war, plötzlich kaum noch im Kino zu sehen war.
Kein einziger der elf Spielfilme, die Hartnett von 2008 bis 2017 gedreht hat, hatte einen nennenswerten US-Kinostart! Zunächst versuchte er in dem Drama „Der Börsen-Crash“ (2008) vergeblich als ernsthafter Schauspieler zu punkten, danach brachte auch der Thriller „I Come With The Rain“ keinen Erfolg (obwohl er in Asien und in Russland im Kino lief). Ob Action-Thriller („Bunraku“), Romantik („Girl Walks Into A Bar“,„Stuck Between Stations“,„Parts Per Billion“) oder Crime Drama („Wild Horses”): Was Hartnett auch probierte, nichts konnte ihn aus dem Karrieretief befreien.
Keine Chance im Kino, aber kleines Comeback im Fernsehen
Dabei ist es keineswegs so, dass Josh Hartnett wie einige seiner Kollegen einen billigen Action-Klopper nach dem anderen in Osteuropa runterkurbelt. Zuletzt war er 2017 in „The Ottoman Lieutenant“ zu sehen, der immerhin ein Budget von 40 Millionen Dollar hatte, aber das Kriegsdrama über eine amerikanische Krankenschwester (Hera Hilmar), die sich im Ersten Weltkrieg in einen türkischen Offizier (Michiel Huisman) verliebt (Hartnett spielt einen Missionsarzt), spielte nur 240.000 Dollar am US-Box-Office ein. Das mag in erster Linie daran gelegen haben, dass auch dieser Film nur in wenigen Kinos lief, aus denen er zudem schon nach einer Woche wieder verschwand, aber auch die teils verheerenden Kritiken waren sicher nicht hilfreich. Besser kam dagegen die japanisch-amerikanische Tragikomödie „Oh Lucy“ an, die 2017 in Cannes in einer Nebenreihe des berühmtesten Filmfestivals der Welt lief. Hartnett spielt einen Englischlehrer in Tokio und erntete dafür Lob von Fans und Kritik.
Er mag inzwischen kleinere Brötchen backen, aber über mangelnde Beschäftigung kann sich der Schauspieler nicht beklagen. Mit den Dramen „Valley Of Gods“, „6 Below“ und „The Long Home“ hat der vergessene Star bienenfleißig schon wieder drei neue Filme abgedreht und mit „Gut Instinct“ und „The Last Draw Of Jack Of Hearts“ zwei weitere in der Pipeline. Den nachhaltigsten Eindruck hinterließ Hartnett allerdings im Fernsehen, als er über die volle Distanz von drei Staffeln in der Horror-Drama-Serie „Penny Dreadful“ (2014 - 2016) als Ethan Chandler glänzte. Ein überzeugendes kleines Comeback!
Privat lebt Hartnett eher zurückgezogen mit der aus Filmen wie „Love, Rosie“, „Der Spion und sein Bruder“ oder „Mord im Pfarrhaus“ bekannten britischen Schauspielerin Tamsin Egerton (nicht verwandt mit „Kingsman“-Star Taron Egerton). Die beiden haben eine 2015 in London geborene Tochter zusammen.