Das Jahr beginnt für Horror-Fans mit einem echten Leckerbissen. Am 2. Januar 2025 ist mit „Nosferatu - Der Untote“ die heiß erwartete Neuauflage des legendären Stummfilm-Grusel-Klassikers „Nosferatu, eine Symphonie des Grauens“ in den deutschen Kinos gestartet. Der Grund für die Vorfreude: Der Film wurde von Robert Eggers inszeniert, der vorher schon mit „The Witch“ und „Der Leuchtturm“ eindrucksvoll unter Beweis gestellt hatte, wie schaurig-schön Arthouse-Horror sein kann.
FILMSTARTS-Redakteur Stefan Geisler hatte die Möglichkeit, Regisseur Robert Eggers in Berlin zum Interview zu treffen und mit ihm über dessen neuste Arbeit, die klassischen Hammer-Horrorfilme, Ratten am Set und das neue Design des Vampirfürsten zu sprechen. Doch zuerst wollten wir von dem Filmemacher wissen, wie sein Erstkontakt mit dem legendären Stummfilmklassiker „Nosferatu, eine Symphonie des Grauens“ aussah – und was ihn so an dieser Kreatur der Nacht interessiert hat.
FILMSTARTS: Was war dein erster Kontakt mit „Nosferatu“?
Robert Eggers (zeigt auf meinen Pulli, auf dem die „Nosferatu“-Szene aus der SpongeBob-Folge „Die Nachtschicht“ abgebildet ist): Das Bild von Max Schreck im gotischen Gewölbe habe ich in einem Buch über Vampire gesehen, als ich neun war. Natürlich ohne SpongeBob. Und das hat mich dazu gebracht, nach dem Film zu suchen. Es war eine andere Zeit. Es gab kein YouTube, kein Amazon, also musste meine Mutter zur Videothek gehen, die weit weg war, und dann mussten wir den Film bestellen. Er kam dann einen Monat später. Ich bekam die VHS und war einfach total fasziniert von Schrecks Darbietung und der schaurigen Atmosphäre. Dieses Märchen enthielt so viel Mysteriöses und Rätselhaftes. Es war so viel aufregender als „Dracula“ von Tod Browning, der natürlich trotzdem großartig ist.
FILMSTARTS: Was ist für dich der Unterschied zwischen „Dracula“ und „Nosferatu“? Auch wenn sie den gleichen Ursprung haben, waren es für mich immer zwei grundverschiedene Filme. Und auch die Vampire haben wenig miteinander gemein. Robert Eggers: Der Glaube, dass es sich dabei um eine Figur handelt, geht auf die ganze Florence-Balcombe-Copyright-Sache zurück [Anmerkung der Redaktion: Ehefrau von Bram Stoker, die sich einen Rechtsstreit mit den „Nosferatu“-Machern lieferte]. Es gibt diesen unwahren Glauben, dass die Version von Henrik Galeen und F.W. Murnau nur ein Imitat ist, aber das ist nicht wahr. Sie haben die Geschichte in ein Märchen umgewandelt, das auch ihrem künstlerischen Empfinden entsprach. „Nosferatu, eine Symphonie des Grauens“ ist deutsche Romantik aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Es ist eine Geschichte über Pest und über einen Vampir, der als Verkörperung des Todes die Krankheit bringt, letztlich aber einer Frau verfällt, die sich als Heldin der Erzählung erweist.
Im Gegensatz dazu steht die Bram-Stoker-Geschichte. Hier geht es um die Moderne, die dem alten Glauben gegenübersteht. Dracula zieht nach England, anscheinend um die Welt zu übernehmen und Mina Harker ist eher zufällig dort.
FILMSTARTS: Wie seid ihr auf das Design eures Orlocks gekommen? Robert Eggers: Wir wollten Max Schreck respektieren und haben deshalb einige Elemente übernommen. Die Form seines Schädels, die Ohren, Fingernägel und der Buckel sind dem Design von Schrecks Orlock sehr ähnlich, aber im Grunde genommen ist er ein Vampir aus der Folklore. Er ist ein transsylvanischer Adliger aus dem 16. Jahrhundert, was sich in seinem Kostüm und Haardesign widerspiegelt. Und dann ist er natürlich tot (lacht). Wenn man die Berichte über volkstümlichen Vampirglauben aus der Region liest, dann werden diese oftmals eher als Leichen beschrieben, die der heutigen Vorstellung eines Zombies sehr ähnlich sind. FILMSTARTS: Zu den eindrucksvollsten Szenen gehören die Momente, in denen die Ratten das Bild regelrecht überfluten. Wie viele Tiere hattet ihr am Set? Rober Eggers: Wir hatten Tausende von Ratten am Set. Und fast immer sind das auch alles echte Tiere. Nur im Hintergrund haben wir Scans verwendet. Wir haben aus Plexiglas Gehege für sie gebaut, damit sie nicht entkommen. Man kann Ratten nicht frei herumlaufen lassen, sonst ist man die ganze Woche damit beschäftigt, alle Tiere wieder einzufangen. Als Murnau beispielsweise seinen Film gedreht hat, suchte er über die Zeitungen nach Ratten. Und ein paar Tage später konnte man im selben Blatt eine Anzeige lesen, in der Jobs für Rattenfänger angeboten wurden – bei Herzogs „Nosferatu“ war es ganz ähnlich.
FILMSTARTS: Gab es die Überlegung, den Film in deutscher Sprache zu drehen? Rober Eggers: Nein. Ich meine, ich hätte das gerne gemacht. Ich hätte auch gerne „The Northman“ in der Originalsprache gedreht, aber bei diesem Budget ist das einfach nicht machbar. Als Fan der alten Hammer-Filme war es für mich unterhaltsam, die Geschichte in Deutschland spielen zu lassen, während sie in einem alten Englisch sprechen. Immerhin konnten wir hier und da ein paar deutsche Worte einbauen. Ich denke, es funktioniert gut. Und es ist auch ein bisschen verrückt, wie viel Mühe wir uns gegeben haben, die deutsche Biedermeier-Zeit nachzubilden und dann alle Schauspieler britisch sprechen lassen.
Universal war so freundlich, mich am Casting für die deutsche Synchronisation zu beteiligen. Ich wusste, wie wichtig dieser Film für die deutsche Geschichte ist. Natürlich spreche ich die Sprache nicht, aber ich habe mich sehr bemüht, beim Casting dabei zu sein, damit die Synchronisation gut wird.
FILMSTARTS: Welches klassische Filmmonster würdest du gerne auf die Leinwand bringen? Robert Eggers: Kein Kommentar. Aber weißt du, ich habe eine Menge Projekte am Laufen und wir werden sehen. FILMSTARTS: Dann lass mich die Frage anders stellen. Was ist dein Lieblingsfilmmonster aus der Hammer-Ära? Robert Eggers: Natürlich Dracula. Aber abseits davon: „Die brennenden Augen von Schloss Bartimore“ [Originaltitel „The Gorgon“] ist ein fantastischer Film mit einem absolut großartigen Monster. Aber ich habe kein Interesse daran, den Film neu aufzulegen (lacht).
FILMSTARTS: Hast du dich während deiner Arbeit an „Nosferatu“ mit der deutschen Folklore beschäftigt?
Robert Eggers: Ich habe nicht viel deutsche Folklore angeschaut. Aber einige Übersetzungen von deutschen Medizin-Büchern, um ein besseres Verständnis für die Arbeit von Figuren wie Sievers und von Franz zu entwickeln. Interessanterweise sind die meisten Schriften über Volksvampire in Transsilvanien in deutscher Sprache verfasst und stammen sowohl von deutschen Akademikern als auch von Gelehrten, die in dieser Zeit in Transsylvanien gelebt haben. Der Begriff „Nosferatu“ ist kein rumänisches Wort. Wenn ich mich recht erinnere, ist es eine falsche oder unreine Übersetzung, die es so nach Deutschland geschafft hat. Deshalb ist von Franz auch die einzige Person, die den Vampir so nennt. Er muss es in einem seiner Texte gelesen haben.
„Nosferatu - Der Untote“ läuft aktuell in den deutschen Kinos! Zum Abschluss dieses Interviews haben wir noch den deutschen Trailer für euch: