1950? 1952? 1953? Oder doch 1956? Über das Geburtsjahr von Mickey Rourke darf fleißig spekuliert werden. Der Großteil der seriösen Quellen terminiert das Geburtsdatum des US-amerikanischen Schauspielers auf das Jahr 1952, so zum Beispiel die gemeinhin als zuverlässig bekannte Internet Movie Database (IMDb). Wer ein wenig nachforscht, wird aber durchaus auf widersprüchliche Angaben stoßen. Sicher ist, dass Rourke nach seinen Anfängen als Theaterdarsteller in den 80er Jahren zum gefragten Hollywood-Star und gut bezahlten Sexsymbol avancierte, bevor sein Höhenflug in den frühen 90er Jahren ein jähes Ende fand. Heute hat sich der ehemalige Superstar eindrucksvoll rehabilitiert und durfte sich 2009 sogar über seine erste Oscar-Nominierung freuen.
Ein Talent boxt sich durch
Mickey Rourke wurde als Philip André Rourke Jr. am 16. September – welchen Jahres nun auch immer – in Schenectady, New York als Sohn irisch-katholischer Eltern geboren. Diese ließen sich scheiden, als Rourke noch ein Kind war, und so wurde seine Großmutter früh zu einer wichtigen Bezugsperson. Zu seinen zwei leiblichen Geschwistern gesellten sich nach der erneuten Heirat seiner Mutter fünf Stiefgeschwister. Die Großfamilie zog nach Miami, und trotz des ärmlichen Umfelds und einem gewalttätigen Stiefvater beendete Rourke Anfang der 70er Jahre erfolgreich die High School. Er hatte buchstäblich gelernt, sich durchzuboxen – bereits als Teenager machte er mit großem sportlichem Talent auf sich aufmerksam, das er vor allem beim Faustkampf unter Beweis stellte. Einer großen Profikarriere als Boxer standen jedoch permanente Disziplinlosigkeiten beim Training im Weg.
Theaterdarsteller mit Hollywood-Ambitionen
Nach einigen Gelegenheitsjobs und Hilfstätigkeiten lernte Mickey Rourke ein Mitglied des örtlichen Theatervereins kennen und erhielt wenig später seine erste Rolle in dem Jean-Genet-Stück „Unter Aufsicht“. Weil seine Teilnahmen an Castings für billige Actionfilme nicht von Erfolg gekrönt waren und seine Boxerkarriere nach einer schweren Gehirnerschütterung auch nicht recht in Schwung kommen wollte, konzentrierte sich Rourke auf die Schauspielerei: 1975 ging er zurück nach New York und besuchte dort das renommierte Actor’s Studio. Zwei Jahre später debütierte der US-Amerikaner als Hauptdarsteller in Arthur Millers „A View from the Bridge“. 1979 entdeckte ihn schließlich kein Geringerer als „E.T. - Der Außerirdische“-Regisseur Steven Spielberg für das Filmgeschäft und besetzte ihn für die Rolle des Reese in seiner Komödie „1941 – Wo bitte geht's nach Hollywood“. Es folgten Nebenrollen in dem Westerndrama „Heaven‘s Gate“, dem Thriller „Eine heißkalte Frau“, Barry Levinsons Komödie „American Diner“ und Nicolas Roegs „Eureka“, für die der junge Rourke unter anderem mit den Hollywood-Legenden Christopher Walken, Joe Pesci, Jeff Bridges und Gene Hackman drehte.
Liebesspiel mit Erdbeeren und Schlagsahne
Nachdem er für seine Performance in dem Fernsehfilm „Verhängnisvolle Leidenschaft“ bereits sehr gute Kritiken erhalten hatte, feierte Mickey Rourke schließlich seinen großen Hollywood-Durchbruch in Francis Ford Coppolas Romanverfilmung „Rumble Fish“ als depressiver und selbstzerstörerischer Rowdy. Für das überzeugende Drama spielte Rourke an der Seite von mit Matt Dillon, Diane Lane, Dennis Hopper und Laurence Fishburne. Für noch größeres Aufsehen sorgte der Schauspieler aber ein Jahr später: 1986 stand er mit Leinwand-Partnerin Kim Basinger für den anrüchigen Erotikfilm „9 ½ Wochen“ vor der Kamera. Basinger und Rourke vergnügen sich in dem für drei Goldene Himbeeren nominierten Film beim Liebesspiel unter anderem mit Erdbeeren und Schlagsahne. Diese Szenen schrieben Hollywood-Geschichte, sorgten auf dem ganzen Globus für Aufsehen und wurden später unter anderem in der erfolgreichen Spoof-Komödie „Hot Shots! Die Mutter aller Filme“ durch den Kakao gezogen. Das schwache Drehbuch störte dabei kaum – „9 ½ Wochen“ avancierte schnell zum Kultstreifen und machte Basinger und Rourke nicht nur zu absoluten Sexsymbolen der 80er Jahre, sondern markiert zugleich die Blütezeit zweier Schauspielkarrieren.
Das Ende der Erfolgswelle
Schon ein Jahr später war Mickey Rourke in Alan Parkers starkem Psychothriller „Angel Heart“, in dem er erneut die Hauptrolle übernahm, an der Seite von Superstar Robert De Niro im Kino zu sehen. „Angel Heart“ überzeugte die Kritiker, spielte am Box-Office aber lediglich seine Produktionskosten wieder ein. In Barbet Schroeders „Barfly“, zu dem kein Geringerer als Schriftsteller Charles Bukowski das semi-autobiografische Drehbuch beisteuerte, glänzte Rourke ein weiteres Mal in der Hauptrolle als alkoholsüchtiger, gewalttätiger Henry Chinaski, der seine Zeit mit Trinken und dem Schreiben von Gedichten totschlägt. Bei den Filmfestspielen in Cannes wurde „Barfly“ 1987 für die Goldene Palme nominiert. Nachdem insbesondere sein Zusammenspiel mit Faye Dunaway gelobt wurde, wusste Rourke auch in dem Drama „Johnny Handsome“ zu überzeugen. Er zählte mittlerweile zu den gefragtesten und bestverdienenden Schauspielern Hollywoods. Dass in den 90er Jahren ein deftiger Karriereknick folgte, lag weniger an seinen vielbeachteten Comeback-Versuchen im Boxsport, sondern vor allem an seinem schlechten Management und der unbedachten Rollenauswahl, die seine Glanzleistungen und den Ruf als Publikumsmagnet zunehmend in Vergessenheit geraten ließen.
Misserfolge am Fließband
Ob in Mike Hodges‘ Kassen Flop „Auf den Schwingen des Todes“, Zalman Kings schwachem Erotikstreifen „Wilde Orchidee“, Michael Ciminos müdem „An einem Tag wie jeder andere“-Remake „24 Stunden in seiner Gewalt“ oder Simon Wincers Box-Office-Desaster „Harley Davidson & The Marlboro Man“ – was Mickey Rourke in den Folgejahren auch anfasste, entpuppte sich als Reinfall. Auch „White Sands – Der große Deal“ erwies sich 1992 als vorhersehbarer, wenig spannender Thriller, der durchaus sehenswerte Western „The Last Outlaw“ fand kaum Beachtung. Auch dank zweier Nominierungen für die Goldene Himbeere war der Name Rourke zunehmend weniger gefragt. 1997 gipfelte dies in dem fast peinlichen Comeback „9½ Wochen in Paris“, Anne Goursauds ebenso einfallsloser wie uninspirierter Fortsetzung des Kultfilms von 1986. Rourke versuchte sich mit kleineren Auftritten in Francis Ford Coppolas John Grisham-Verfilmung „Der Regenmacher“, dem Drama „Buffalo ’66“ oder dem Sylvester-Stallone-Action-Flop „Get Carter – Die Wahrheit tut weh“ zurück ins Geschäft zu kämpfen, landete aber weiterhin keinen durchschlagenden Erfolg. Immerhin erhielt er wieder Angebote für namhaftere Produktionen: Nach der Jahrtausendwende war Rourke unter anderem in Jonas Akerlunds überzeugendem „Spun“, Robert Rodriguez‘ „Irgendwann in Mexiko“ und Tony Scotts Rachethriller „Mann unter Feuer“ zu sehen.
Das große Comeback
Das Jahr 2005 war für Mickey Rourke endlich wieder von Erfolg gekrönt. Für die meisterhafte Comic-Adaption „Sin City“ verpflichtete das Regiegespann um Robert Rodriguez, Frank Miller und Gastregisseur Quentin Tarantino den US-Amerikaner für die Rolle des kultigen Ex-Sträflings Marv, der im Film Jagd auf einen Serienmörder macht. Auch in Tony Scotts Kassenflop „Domino“ mit Keira Knightley in der Hauptrolle wusste Rourke zu überzeugen, musste auf seine erste Oscar-Nominierung aber noch ein paar Jahre warten. 2009 war es schließlich soweit: Für die herausragende Leistung als abgehalfterter Wrestling-Star Randy „The Ram“ Robinson in Darren Aronofskys Drama „The Wrestler“ wurde der Schauspieler unter anderem mit dem Goldenen Löwen in Venedig, einem Golden Globe und einem British Academy Film Award belohnt. Bei der Oscar-Verleihung musste er Sean Penn für dessen Rolle in „Milk“ den Vortritt lassen. 2001 hatten beide noch für die starke Friedrich Dürrenmatt-Verfilmung „Das Versprechen“, bei der Penn Regie führte und Rourke eine Nebenrolle an der Seite von Hauptdarsteller Jack Nicholson übernahm, zusammengearbeitet. Ein Jahr nach seinem Erfolg in „The Wrestler“ lieferte sich Rourke als Bösewicht Whiplashin in Jon Favreaus Comic-Actionfeuerwerk „Iron Man 2“ auf der Leinwand ein spannendes Duell mit „Iron Man“ Robert Downey Jr., 2010 war er in Sylvester Stallones nicht minder actionlastigem „The Expandables“ an der Seite zahlreicher Hollywoodlegenden zu sehen.
Mickey Rourke war zwei Jahre mit seiner Schauspielerkollegin Debra Feuer verheiratet, die er 1981 bei den Dreharbeiten zum TV-Film „Hardcase“ kennengelernt und noch im selben Jahr geehelicht hatte. 1989 wurde das Paar wieder geschieden. Von 1992 bis 1998 war Rourke fest mit dem Fotomodell Carré Otis liiert.