Das größte schauspielerische Vermächtnis von James Gandolfini ist ganz fraglos die Verkörperung des Mafiosi Tony Soprano, den er in der mehrfach preisgekrönten HBO-Serie "Die Sopranos" von 1999 bis 2007 darstellte. Im Kino trat Gandolfini meist in markanten und nicht selten zwielichtigen Nebenrollen auf, etwa als philosophischer Auftragskiller in Tony Scotts "True Romance" (1993), als abartiger Pornoproduzent in "8MM" (1999) oder als ehebrechender Warenhausmanager Big Dave in "The Man Who Wasn't There" (2001) von Joel und Ethan Coen.
Karriereauftakt am Broadway
James Roberto Gandolfini ist der Sohn italienischer Einwanderer und verbrachte seine Jugend in Park Ridge (New Jersey). Nachdem er einen Bachelor of Arts in Kommunikation gemacht hatte, arbeitete Gandolfini unter anderem als Barkeeper und Clubmanager, bevor er am Actors Studio in New York eine Schauspielausbildung absolvierte. Neben Alec Baldwin und Jessica Lange debütierte James Gandolfini 1992 in "A Streetcar Named Desire" von Tennessee Williams am New Yorker Broadway. Nach einer kleinen Rolle in Sidney Lumets Kriminalromanze "Sanfte Augen lügen nicht", lieferte Gandolfini 1993 in dem von Quentin Tarantino geschriebenen "True Romance" seinen ersten denkwürdigen Kinoauftritt: Als Auftragskiller Virgil verprügelte er Patricia Arquette und hinterließ mit seiner wuchtigen Ausstrahlung einigen Eindruck beim Publikum. Im gleichen Jahr spielte James Gandolfini in der Komödie "Escort Service - Lieferung frei Haus" seine erste Hauptrolle – einen Pizzabäcker, der wegen Geldmangels als Gigolo arbeitet.
Anwalt, Bodyguard, Pornofreak – Nebendarsteller, die Erste
In den 90er Jahren war James Gandolfini in verschiedenen Hollywoodproduktionen als Nebendarsteller zu sehen, etwa neben Charlie Sheen und Nastassja Kinski als Staatsanwalt im Actionthriller "Tödliche Geschwindigkeit" oder als loyaler Marineleutnant in Tony Scotts "Crimson Tide - In tiefster Gefahr". In "Schnappt Shorty" von Barry Sonnenfeld fiel er im Jahr 1995 neben John Travolta als Bodyguard auf, ehe er in Sidney Lumets "Nacht über Manhattan" einen korrupten Polizisten spielte und im Kultfilm "Perdita Durango" von Álex de la Iglesia an der Seite von Javier Bardem auftrat. Weitere Nebenrollen spielte James Gandolfini unter anderem neben Denzel Washington, John Goodman und Donald Sutherland im Mysterythriller "Dämon - Trau keiner Seele" und neben John Travolta sowie Robert Duvall im Drama "Zivilprozess", bis er 1999 als schmieriger Pornoproduzent Eddie Poole in Joel Schumachers Thriller "8MM" auf Nicolas Cage traf.
Meet Tony Soprano
Als James Gandolfini 1999 den Vertrag für die von David Chase initiierte HBO-Serie "Die Sopranos" unterzeichnete und damit seinen ersten Ausflug in die Fernsehlandschaft unternahm, konnte er den immensen Erfolg des Projekts kaum ahnen. In den sechs Staffeln der wegweisenden Serie stellte Gandolfini den zwar charismatischen, gleichzeitig aber auch unsympathischen und brutalen Mafiaboss Tony Soprano dar, der als einzige Figur in allen 86 Folgen auftritt und jederzeit der zentrale Charakter bleibt. Als doppeltes Familienoberhaupt muss der bärige Pate nicht nur die Mafiageschäfte in New Jersey regeln, sondern auch im heimischen Haushalt Probleme lösen. "Die Sopranos" wurde mit insgesamt 21 Emmys und fünf Golden Globes prämiert und Gandolfini selbst gehörte mehrfach persönlich zu den Geehrten. Gandolfini soll zuletzt eine Million Dollar Honorar pro Episode erhalten haben und gelangte mit seinem bislang erfolgreichsten Engagement zu internationaler Bekanntheit.
Killer, Kaufhausmanager, Bürgermeister – Nebendarsteller, die Zweite
Trotz seiner gestiegenen Popularität trat James Gandolfini während und nach der Produktion der "Sopranos" weiterhin vor allem als Nebendarsteller in Erscheinung. Allein im Jahr 2001 gab er in "Mexican" einen schwulen Auftragskiller, der Julia Roberts entführt, kam in "The Man Who Wasn’t There" als Kaufhausbesitzer Big Dave ums Leben und leitete in "Die letzte Festung" ein Militärgefängnis. Danach wurden die Kinoauftritte spärlicher. 2006 spielte Gandolfini in "Lonely Hearts Killers " einen Polizisten, der gemeinsam mit John Travolta ein mordendes Pärchen verfolgt. Im Remake "Die Entführung der U-Bahn Pelham 1 2 3" stand Gandolfini im Jahr 2009 wieder mit Travolta vor der Kamera und arbeitete erneut mit Regisseur Tony Scott zusammen. Als New Yorker Bürgermeister zeigte er abermals, dass er auch kleine Nebenfiguren mit Profil versehen kann. Nach einer kleinen Sprechrolle in Spike Jonzes Kinderbuchverfilmung "Wo die wilden Kerle wohnen" meisterte Gandolfini im Independent-Drama "Willkommen bei den Rileys" neben Kristen Stewart und Melissa Leo mal wieder eine Hauptrolle und überzeugte als trauernder Vater mit leisen Tönen. In der Komödie "Mint Julep" und dem Thriller "Down the Shore" ist James Gandolfini 2011 in weiteren größeren Rollen zu sehen. Für das Jahr 2012 steht dann unter anderem die Hauptrolle im Drama "Twylight Zones" an, bei dem "Sopranos"-Schöpfer David Chase Regie führt.