Jack Nicholson ist nicht einfach nur Schauspieler, sondern Symbol und Mythos. Keine Figur Hollywoods verkörpert den Geist der Auflehnung, des Taumelns am Rand des kreativen Wahnsinns publikumswirksamer als er. „Easy Rider“ machte ihn zur Legende des Nonkonformismus, und viele seiner weiteren Filme zementierten dieses Image – man denke nur an seine Rollen in Klassikern wie „Chinatown“, „Die Hexen von Eastwick“ und natürlich „Einer flog über´s Kuckucksnest“. Mit seiner Figur des Jack Torrance und der berühmten Axt-Szene in Stanley Kubricks „Shining“ schenkte er Filmfans zudem eines der diabolischsten Postermotive der Filmgeschichte („Here comes Johnny!“). Jack Nicholson prägt mit seinem cineastischen Wirken schon seit einem halben Jahrhundert die Unterhaltungsbranche und wurde für seine herausragenden Leistungen bereits mit über sechzig Filmpreisen ausgezeichnet, darunter bis 2011 drei Oscars (zweimal als bester Hauptdarsteller, einmal für die beste Nebenrolle) bei ganzen zwölf Nominierungen.
Eine filmreife Biografie
Die frühen Jahre von Jack Nicholson lesen sich in der Zusammenfassung wie der Stoff für ein Drama. Geboren wurde John Joseph Nicholson am 22. April 1937 in New York. Die für jene Tage ungeheuerliche Tatsache, dass seine Mutter, das Showgirl June Frances Nicholson, zum Zeitpunkt seiner Geburt erst siebzehn Jahre alt war, kaschierte die Familie auf abenteuerliche Weise: Jacks Großmutter Ethel May Rhoads gab sich als seine Mutter aus. So wuchs er im Glauben auf, June Frances sei seine Schwester – ein haarsträubendes Täuschungmanöver, von dem Nicholson erst 1974 durch einen Journalisten erfuhr. Schon früh fällte der Junge die Entscheidung, Schauspieler werden zu wollen. Bereits als Kind spielte er Theater, nach Hollywood zog es ihn unmittelbar nach seinem Highschool-Abschluss, den er im Alter von siebzehn Jahren erwarb. Dort begann seine Karriere bei Metro Goldwyn Mayer (MGM) – zunächst jedoch ganz im Sinne des American Dream als Botenjunge.
Die Anfänge im Filmbusiness
Die Botenrolle musste Jack Nicholson allerdings nicht lange ausfüllen. Produzent Roger Corman entdeckte das Talent des jungen Darstellers und verschaffte ihm 1958 sein erstes großes Engagement im Drama „Schrei, Baby-Killer“. Es folgten weitere Arbeiten für Corman, die der Popularität Nicholsons zwar keinen wirklichen Auftrieb verschafften, seinen Namen jedoch in der Branche etablierten. Zu diesen frühen Produktionen gehört beispielsweise „Kleiner Laden voller Schrecken“ aus dem Jahr 1960. Auch als Autor versuchte sich Nicholson zu Anfang seiner Karriere und schrieb unter anderem Drehbücher zu „Thunder Island“ (1963) und zum LSD-Film „The Trip“ (1967), in dem auch Peter Fonda und Dennis Hopper mitspielten. Eng verbunden mit diesen beiden Namen ist natürlich auch sein großer Durchbruch nur zwei Jahre später.
„Easy Rider“ und der kometenhafte Aufstieg
Noch am Set von „The Trip“ beschlossen Dennis Hopper und Peter Fonda, dass es für sie an der Zeit sei, nicht nur den Typus des Rebellen in konfektionierten Filmproduktionen zu spielen, sondern einen wirklich rebellischen Film zu drehen. Die Idee zu „Easy Rider“ war geboren, der Rest ist nicht nur Kino-, sondern Kulturgeschichte. Die karge Bildsprache und die unverhohlene Kritik am korrumpierten American Way of Life haben nachhaltig die Entwicklung des Kinos und darüber hinaus das kulturelle Gedächtnis des Westens geprägt. Für die Rolle des George Hanson erhielt Jack Nicholson seine erste Oscar-Nominierung. Dieser Part des Anwalts, der aus seiner bürgerlichen Existenz ausbricht, ist in gewisser Weise ein Prototyp für all die Aufsässigen und Nicht-Angepassten, die Nicholson nun bevorzugt spielte. Dazu gehören auch der Pianist in „Five Easy Pieces - Ein Mann sucht sich selbst“ und der Marine-Soldat in „Das letzte Kommando“ – zwei Glanzleistungen, für die Nicholson weitere Oscar-Nominierungen verbuchen konnte.
Die 70er und 80er Jahre
Ein weiterer Meilenstein in der Karriere des Darstellers folgte im Jahr 1974 mit dem modernen Film noir „Chinatown“ von Roman Polanski. Jack Nicholson spielte den abgebrühten Privatdetektiv Jake Gittes, der im Los Angeles der 40er Jahre in eine verhängnisvolle Mischung aus Gier, Täuschung und Inzest gerät. Mit dieser Leistung war Nicholson endgültig im Olymp der Superstarts angekommen, aber wieder nur ein Jahr später setzte er noch einen drauf: In Milos Formans Drama „Einer flog übers Kuckucksnest“ unterstrich der Darsteller abermals seine schauspielerische Extraklasse und formte zugleich sein Image weiter. Als anarchische Identifikationsfigur Randall McMurphy stellt er dem Unterdrückungssystem der Nervenheilanstalt Freiheitsdrang und Menschlichkeit entgegen – diese Leistung wurde endlich mit einem Oscar-Gewinn als bester Hauptdarsteller honoriert. Nach einigen ruhigeren Jahren begannen auch die 80er Jahre für Nicholson mit „The Shining“ extrem erfolgreich. Stanley Kubricks Verfilmung des gleichnamigen Romans von Stephen King ist nicht nur ein Klassiker des Horrorfilms, sondern auch prägend für Jack Nicholsons Außenwirkung – wer einen Wahnsinnigen derart überzeugend spielen kann, so die Logik, muss wohl selbst ein wenig verrückt sein. Einen Oscar-Erfolg später (für das Melodram „Zeit der Zärtlichkeit“) übernahm Nicholson 1987 erneut eine dunkle Rolle als Teufel und Verführer in der bissig-amüsanten John-Updike-Verfilmung „Die Hexen von Eatwick“. Den überaus ertragreichen Abschluss des Jahrzehnts bildete für Nicholson die Rolle als diabolisch-überdrehter Joker in Tim Burtonss „Batman“, für den der Schauspieler dank einer Gewinnbeteiligung 60 Millionen Dollar kassierte.
Späte Jahre eines Kult-Schauspielers
Neben respektablen Qualitätsproduktionen wie dem Militärgerichtsdrama „Eine Frage der Ehre“ mit Tom Cruise und Demi Moore, für den er abermals für einen Oscar nominiert wurde, wies Jack Nicholsons Filmografie in den Neunzigern auch skurrilere Werke auf, so etwa 1996 die überdrehte Science-Fiction-Klamotte „Mars Attacks“, eine erneute Zusammenarbeit mit Tim Burton. Dass er sich generell auch aufs komödiantische Fach versteht, führte Nicholson in „Besser geht's nicht“ als zwangsneurotischer Schriftsteller noch einmal überzeugend vor – und erhielt 1998 prompt den nächsten Oscar. Ein weiteres Highlight war dann die ungewohnte Rolle eines trauernden Rentners im Drama „About Schmidt“ von 2002. Nach eher leichterer Kost mit „Die Wutprobe“ und „Was das Herz begehrt“ spielte der Star 2006 in Martin Scorsese Allstar-Mafiafilm „Departed: Unter Feinden“ mit und drückte ihm den unvergleichlichen Nicholson-Stempel auf. Sein Grinsen ist sein Markenzeichen, die listigen Augen versteckt er bevorzugt hinter Sonnenbrillen: Jack Nicholson spielt inzwischen am liebsten sich selbst. Das tat er 2010 in „Woher weißt du, dass es Liebe ist?“ an der Seite von Reese Witherspoon und das wird er wohl auch in Zukunft tun.