Mel Gibson gehört sicher zu den schillerndsten Figuren des internationalen Kinos. Er ist nicht nur ein Filmstar alter Schule sowie ein kompromissloser und höchst umstrittener Regisseur, sondern sorgt auch mit seinem Verhalten im Privatleben immer wieder für Schlagzeilen. Als der zweifache Oscar-Preisträger etwa 2006 wegen Trunkenheit am Steuer festgenommen wurde, ließ er sich zu antisemitischen Pöbeleien hinreißen, die für Empörung in der Öffentlichkeit sorgten. Für großes Aufsehen und erregte Diskussion hatte der Star aus Klassikern wie „Mad Max“ und „Lethal Weapon“ zuvor auch mit seinem Regie-Werk „Die Passion Christi“ und seiner drastischen Darstellung der Leiden Jesu gesorgt.
Blitzstart einer Filmkarriere
Mel Gibson kam am 3. Januar 1956 als sechstes von elf Kindern in New York zur Welt. Erstaunlich, aber wahr: Als Vater Gibson beim Fernsehquiz „Jeopardy“ 25000 Dollar gewann, nutzte die Familie das Geld, um nach Australien überzusiedeln. Das schauspielerische Talent des jungen Mel blieb nicht lange unentdeckt, und so schickte ihn die Familie zu einer Ausbildung an das National Institute of Dramatic Art in Sydney. Seine erste kleine Filmrolle erhielt der Nachwuchsdarsteller 1977 im oscarnominierten Drama „Ich hab' dir nie einen Rosengarten versprochen“, kurz darauf trat er in „Summer City“ auf, einem Teenager-Drama über ein Wochenende am Meer, das blutig endet. Schon der darauffolgende Film sollte ihm den großen Durchbruch bringen und ihm einen festen Platz in der Filmgeschichte sichern – „Mad Max“.
„Mad Max“ und Kriegsfilme
Eigentlich wollte Mel Gibson nur einen Freund zum Casting für „Mad Max“ begleiten, aber sein von einer Kneipenschlägerei gezeichnetes Gesicht machte so viel Eindruck, dass er auch zum Vorsprechen gebeten wurde. Am Ende erhielt er gar den Zuschlag. Der Part des Racheengels und Cyberpunks Mad Max Rockatansky wurde zur Paraderolle des Schauspielers, in die er auch in den beiden Fortsetzungen „Mad Max 2 - Der Vollstrecker“ (1981) und „Mad Max - Jenseits der Donnerkuppel“ (1985) wieder schlüpfte. Nach seinem ersten Auftritt als verrückter Max war Gibson jedoch zunächst im Drama „Tim“ und in der apokalyptischen Atomkatastrophen-Vision „Die Kettenreaktion“ zu sehen, ehe er 1981 den Soldaten Frank in Peter Weirs historischem Kriegsdrama „Gallipoli“ verkörperte. Nach seiner Rolle als Captain P.G. Kelly in „Die grünen Teufel vom Mekong“ blieb er der Kriegsthematik treu und drehte erneut mit Peter Weir: Im Melodram „Ein Jahr in der Hölle“ zeigte er als Journalist im bürgerkriegsgeschüttelten Indonesien neben Sigourney Weaver auch seine einfühlsame Seite. 1984 schlüpfte er als Matrose Fletcher Christian im Meutereidrama „Die Bounty“ in die Fußstapfen von Größen wie Clark Gable und Marlon Brando - und behauptete sich gleichzeitig gegenüber Anthony Hopkins. Als Farmer im Heimat-Melodram „Menschen am Fluß“ und neben Diane Keaton im Gefängnis- und Liebesdrama „Flucht zu dritt“ etablierte er sich zunehmend auch als Charakterdarsteller.
Revolution des Action-Genres
Zwei Jahre Pause lagen zwischen dem dritten Teil von „Mad Max“ und der nächsten Kult-Rolle Mel Gibsons, der des sarkastischen, überdrehten Polizisten Martin Riggs im Superhit „Lethal Weapon – Zwei stahlharte Profis“ von 1987. Die rasante Mischung aus Komödie und Actionspektakel mit dem funkensprühenden Duo Mel Gibson und Danny Glover wirkte wie eine Frischzellenkur für das gesamte Genre. Folgerichtig wurden - immer unter der Regie von Richard Donner – bis 1998 drei weitere Teile gedreht. Im Anschluss an den ersten „Lethal Weapon“-Film ließ Gibson mit „Tequila Sunrise - Eine gefährliche Mischung“, in dem er an der Seite von Kurt Russell und Michelle Pfeiffer einen ehemaligen Drogenhändler verkörpert, ein Action-Drama folgen, ehe er mit einem Komödien-Doppelpack aus „Air America“ und „Ein Vogel auf dem Drahtseil“ ins neue Jahrzehnt startete.
Eine neue Ernsthaftigkeit – vom Oscar gekrönt
Anfang der 90er Jahre war Mel Gibson ein Superstar und galt als Spezialist für augenzwinkernde Action. Doch er wollte auch ernst genommen werden und übernahm daher die Hauptrolle in Franco Zeffirellis „Hamlet“-Verfilmung, für die er durchaus positive Kritiken erhielt. Auch mit mit dem etwas rührseligen „Forever Young“ wählte Gibson wieder einen Dramenstoff als schauspielerische Plattform. So erscheint es nur folgerichtig, dass der Schauspieler im Anschluss an „Lethal Weapon 3 - Die Profis sind zurück“ mit einem anspruchsvollen Drama sein Regiedebüt gab: „Der Mann ohne Gesicht“, in dem der Neu-Regisseur auch die Hauptrolle des entstellten Justin McLeod übernahm (und so sein Image als Frauenschwarm konterkarierte), erntete 1993 viel Zuspruch seitens der Kritiker. Nach einem Zwischenstopp im bekannten Actionkomödien-Genre mit „Maverick“ neben seiner späteren „Der Biber“-Regisseurin Jodie Foster folgte mit Gibsons zweiter Regiearbeit zugleich einer der größten Erfolge seiner Karriere. Das Epos „Braveheart“, das die Geschichte des schottischen Freiheitskämpfers William Wallace (natürlich verkörpert von Gibson selbst) erzählt, sahnte beim Publikum und auch bei der Kritik mächtig ab; insgesamt fünf Oscars (darunter für Gibsons Regie und für den Besten Film des Jahres 1995) erhielt das Historiendrama.
Der Action-Star lässt es krachen
Nach dem Erfolg mit „Braveheart“ legte der Regisseur Mel Gibson erst einmal eine Pause ein und überließ dem Filmstar das Feld: In Ron Howards Thriller „Kopfgeld“ spielte er Tom Mullen, der nachdem sein Sohn entführt wurde, den Spieß umdreht und in die Offensive geht. Für den Thriller „Fletchers Visionen“ tat sich Gibson 1997 erneut mit Richard Donner zusammen und war neben Julia Roberts als scheinbar paranoider Jerry Fletcher zu sehen, der einer Verschwörung auf die Spur kommt. Mit „Lethal Weapon 4 - Zwei Profis räumen auf“, dem harten Rachethriller „Payback“ und Roland Emmerichs Historien-Epos „Der Patriot“ folgten zum Abschluss des alten und zum Auftakt des neuen Jahrzehnts noch einmal drei Actionreißer.
Zeichen und Helden
2000 überraschte Mel Gibson mit einer Rolle in „The Million Dollar Hotel“ von Wim Wenders und landete mit der romantischen Komödie „Was Frauen wollen“ an der Seite von Helen Hunt einen Hit, mit dem er sein Action- und Macho-Image unterwanderte. Auch in M. Night Shyamalans Mystery-Drama „Signs - Zeichen“ von 2002 übernahm er eine ungewohnt ruhige Rolle und hatte erneut Erfolg. Kontrovers diskutiert wurde der darauffolgende Film des Darstellers, das Vietnamkriegsdrama „Wir waren Helden“. So viel Furore konnte Mel Gibsons nächstes Engangement nicht machen: „The Singing Detective“ - nach der Kultserie von Dennis Potter - schaffte es kaum auf die Kinoleinwände.
Jahre im Zeichen von Skandalen
Neun Jahre nach „Braveheart“ kehrte der gläubige katholische Traditionalist Mel Gibson für „Die Passion Christi“ auf den Regiestuhl zurück. Mit seiner Erzählung der Leiden Jesus‘ löste er eine weltweite Diskussion aus – ein Magazin ernannte das Werk sogar zum „umstrittensten Film aller Zeiten“. Während viele sich an der drastischen Gewaltdarstellung störten, warfen andere Gibson Antisemitismus vor. Unbestritten war der kommerzielle Erfolg des in Aramäisch, Hebräisch und Latein gedrehten und mit englischen Untertiteln versehenen Films, mit einem weltweiten Einspielergebnis von über 600 Millionen Dollar stellte er einen Rekord für einen nicht-englischsprachigen Film auf. 2006 zeigte sich Gibson bei seiner nächsten Regiearbeit „Apocalypto“ ähnlich kompromisslos. Auch hier gab es schonungslose Gewaltszenen und auch bei diesem in der Zeit um 1500 angesiedelten Epos über die Maya-Kultur kurz vor der spanischen Kolonialisierung ließ Gibson eine alte Sprache rekonstruieren und untertiteln. Die Kontroverse um den Filmemacher Gibson wurde durch die Negativschlagzeilen über private Ausrutscher und Ausfälle noch befeuert. Erst vier Jahre später war der Schauspieler wieder auf der Leinwand zu sehen: Mit dem Krimidrama „Auftrag Rache“ feierte er ein überzeugendes Comeback. 2011 ist Mel Gibson in Jodie Fosters „Der Biber“ als lebensmüder Walter Black, der sich nur noch durch eine Handpuppe mitteilt, zu sehen.