Es gibt kaum einen Job, den der US-Amerikaner John Landis im Filmgeschäft noch nicht gemacht hat. Ob Botenjunge bei 20th Century Fox, Stuntman in „Spiel mir das Lied vom Tod“, Produzent, Drehbuchautor oder Regisseur – Landis lebt mit voller Hingabe für das Medium Film. Mit der legendären Chaos-Komödie „Blues Brothers“ und dem Werwolf-Horror „American Werewolf“ schaffte es der Allrounder, zwei der Kultfilme der 80er Jahre schlechthin zu kreieren.
Peu à peu ins Big Business
Der 1950 in Chicago geborene John Landis ist keiner jener Glücklichen, die es von heute auf morgen nach ganz oben in Hollywood schafften. Der mittlerweile weltbekannte Landis kletterte die Karriereleiter der Filmwelt vielmehr Stück für Stück hinauf. Den Einstieg ins Geschäft fand der High-School-Abbrecher im Alter von 18 Jahren als Botenjunge bei 20th Century Fox. Mit 19 Jahren ging er nach Europa, wo er kurzzeitig als Stuntman in einigen italienischen Western agierte (u.a. in Sergio Leones „Spiel mir das Lied vom Tod“). Durch einen glücklichen Zufall ergatterte Landis 1969 dann den ersten nennenswerten Job: Bei der in Jugoslawien gedrehten Kriegskomödie „Stoßtrupp Gold“ (1970) übernahm der motivierte Amerikaner die Regieassistenz. Neben seinen technischen und organisatorischen Fähigkeiten konnte Landis, der sich selbst nicht zu ernst nimmt, in der Rolle der Nonne Rosa Stigmata hier außerdem sein komisches Talent unter Beweis stellen.
Eine College-Komödie als Karriere-Sprungbrett
Nach einem weiteren Schauspieljob im fünften und letzten Teil der „Planet der Affen“-Reihe feierte John Landis 1973 sein Debüt als Regisseur und Drehbuchautor. In der Horrorfilmparodie „Schlock - Das Bananenmonster“ zeigt sich bereits Landis‘ Begabung für Komik und seine persönliche Leidenschaft für Monster-Filme. Das gorillaähnliche Wesen Schlock, das in der Stadt für mächtigen Ärger sorgt, wurde vom Allrounder selbst verkörpert und die Menschenaffen bekamen auch in den späteren Filmen des Regisseurs immer wieder kleine Auftritte (z.B. „American Werewolf“: im Zoo; „Die Glücksritter“: in der Bahn). Leider war „Schlock“ ein Misserfolg, weshalb weitere Regieangebote lange Zeit ausblieben. Nachdem die Durststrecke 1977 mit der satirischen Episodenkomödie „Kentucky Fried Movie“ überwunden war, erlangte das junge Talent 1978 internationale Bekanntheit durch die Universal-Produktion „Ich glaub' mich tritt ein Pferd“. Die populäre College-Komödie erhielt nicht nur herausragende Kritiken, sondern war ebenso ein finanzieller Erfolg. Außerdem konnte sich Schauspieler John Belushi durch die Darstellung der Filmfigur John ‚Bluto‘ Blutarsky als Star in Hollywood etablieren. Und auch für Landis eröffneten sich von nun an ganz neue Möglichkeiten: So konnte der populär gewordene Regisseur gleich zu Beginn der 1980er Jahre zwei der größten Kultfilme aller Zeiten schaffen.
Die Geburt zweier Kultfilme
Mit „Blues Brothers“ feierte John Landis 1980 seinen größten kommerziellen Erfolg. In der anarchischen Chaos-Komödie, die seinerzeit mit 30 Millionen Dollar auch eine der teuersten Produktionen weltweit war, sorgen die Brüder Jake (John Belushi) und Elwood Blues (Dan Aykroyd) im „Auftrag des Herrn“ für zerstörte Einkaufszentren und Unmengen demolierter Autos. Getragen wird der Film von der Spiellust der Hauptdarsteller und vor allem von den Musiknummern legendärer R&B- und Soul-Größen wie James Brown, Ray Charles, John Lee Hooker und Aretha Franklin. Nur ein Jahr später setzte sich die Erfolgstour des bekennenden Horrorfilmliebhabers Landis fort. Mit seinem bereits seit 1969 geplanten „American Werewolf“ sorgte Landis 1981 bei den Zuschauern für Angst und Schrecken und in den Filmtheatern für volle Kassen. Die damals neuartigen Spezialeffekte von Rick Baker trugen erheblich zur Gruselwirkung bei und erhielten einen Oscar für das beste Makeup. Darüber hinaus begeisterte sich selbst der King of Pop, Michael Jackson, derartig für den Werwolf-Horror, dass er Landis prompt als Produzent, Drehbuchautor und Regisseur für sein kommendes Musikvideo engagierte. In dem seinerzeit aufwändigsten und teuersten Musikvideo-Dreh zu „Thriller“ (1983) verwandelte der Horrorspezialist den jungen Jackson in einen tanzenden Untoten und schuf eines der einflussreichsten Werke dieses damals noch jungen Genres.
Flucht in die Komödie
1982 ergab sich für das berühmtgewordene Talent John Landis die Möglichkeit, mit den heutigen Filmikonen Steven Spielberg, Joe Dante und George Miller zusammenzuarbeiten. In dem Gemeinschaftsprojekt „Unheimliche Schattenlichter“ – ein Film bestehend aus vier einzelnen Episoden im Geiste der legendären TV-Serie „Twilight Zone - Unwahrscheinliche Geschichten“ – war Landis für die Inszenierung des ersten Segments verantwortlich. Am Ende der Dreharbeiten in Kalifornien ereignete sich jedoch ein tragischer Unfall, bei dem der Hauptdarsteller Vic Morrow und die zwei Kinder Myca Dinh Le und Renee Shin-Yi Chen ums Leben kamen. Auch wenn Landis und die Crew vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen wurden, hat das traurige Unglück den Filmemacher sehr mitgenommen. So ist es wohl kein Zufall, dass er sich vorerst der Produktion von Komödien zuwendete, um darin möglicherweise eine geeignete Ablenkung zu finden. Den Start des Produktions-Marathons machte 1983 die erfolgreiche Yuppie-Komödie „Die Glücksritter“. Hier arbeitete Landis erneut mit Dan Aykroyd zusammen, dazu engagierte er Jamie Lee Curtis und den Newcomer Eddie Murphy, der mit seiner Rolle als charmantes Plappermaul seinen Aufstieg zum Star fortsetzte. In der Reihe der erfolgreichen Landis-Komödien folgten „Spione wie wir“ und „Drei Amigos“, in der Chevy Chase, Steve Martin und Martin Short in Wildwest-Umgebung gegen hinterhältige Banditen kämpfen müssen, ehe die Wiedervereinigung mit Eddie Murphy für den Culture-Clash-Spaß „Der Prinz aus Zamunda“ 1988 erneut für volle Kinokassen sorgte.
Misserfolge und Ruhephase
In den 1990er Jahren schien John Landis sein sonst so glückliches Händchen für geldeinbringende Publikumsrenner verloren zu haben. „Oscar - Vom Regen in die Traufe“, „Beverly Hills Cop 3“ und „Eine Familie zum Kotzen“ floppten nicht nur, sondern handelten dem Filmemacher auch drei Razzie Award-Nominierungen für den schlechtesten Regisseur des Jahres ein. Und auch sein sehnlichstes Wunschprojekt „Blues Brothers 2000“, das leider ohne den bereits 1982 verstorbenen John Belushi auskommen musste, konnte 1998 nicht für die erhofften Einnahmen und Kritiken sorgen. Nach dieser Enttäuschung wurde es deutlich ruhiger um den Tausendsassa Landis. Im neuen Millenium nahm er sich eine ausgedehnte Auszeit vom großen Hollywood-Geschäft. Lediglich mit der Produktion kleinerer TV-Dokumentationen und Werbespots vertrieb sich der Filmschaffende seine Zeit.
Wiederkehr mit schwarzem Humor
Bereits als 8-jähriger Junge beschloss John Landis, Regisseur zu werden. Verantwortlich für jenen Entschluss war Nathan Jurans „Sindbads 7. Reise“ aus dem Jahre 1958, von dessen fantastischer Inszenierung der kleine John komplett hingerissen und beeindruckt war. Diese Leidenschaft blieb auch beim Regieveteranen Landis noch lebendig und 2010 kam es endlich zur ersehnten Rückkehr zum Spielfilm. Mit der Horror-Komödie „Burke & Hare“, deren Handlung sich um die Morde zweier irischer Serienkiller (verkörpert von Simon Pegg und Andy Serkis) im schottischen Edinburgh des 19. Jahrhunderts dreht, vereinte der Rückkehrer Landis jene beiden Genres, die in seiner Karriere so bedeutende Rolle spielten. Auch wenn die Reaktion der Kritiker auf „Burke and Hare“ zunächst nur lauwarm war, wird das filmsüchtige Multitalent Landis weiter versuchen, uns das Lachen und das Fürchten zu lehren – die Sittenkomödie „The Rivals“ ist ein mögliches Projekt.