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    Späte Enthüllung?! Ridley Scott über angebliche Bestechung beim Rennen um die Goldene Palme
    Patrick Fey
    Patrick Fey
    -Feier Autor
    Patrick Frey ist Freier Autor und in dieser Funktion unter anderem auch als Filmkritiker für FILMSTARTS.de tätig.

    Wenn Ridley Scotts jüngste Pressetouren von einem geprägt sind, dann von der Null-Bullshit-Attitüde der Hollywood-Ikone. Nun plauderte Scott im Hollywood-Reporter-Studio über einen Korruptionsversuch beim wichtigsten Film-Festival der Welt.

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    Es ist längst eine feste Tradition der Award-Season, dass einige der Regisseur*innen, deren Filme am meisten auf sich aufmerksam machten, beim Roundtable des Magazins The Hollywood Reporter zusammenkommen. Kürzlich ging auch die diesjährige Ausgabe online, für die „Dune: Part Two“-Regisseur Denis Villeneuve, Brady Corbet („The Brutalist"), Coralie Fargeat („The Substance"), RaMell Ross („Nickel Boys") und Altmeister Ridley Scott („Gladiator II") sich zu Tisch begaben.

    Da Scott fast ebenso sehr für seine Meinungsstärke wie für seine Science-Fiction-Klassiker Alien" und Blade Runner" bekannt ist (unlängst etwa löste der Brite quasi im Vorbeigehen eine kleine diplomatische Krise aus, indem er sich auf recht unverhohlene Weise über den Inselstaat Malta ausließ – und das, obwohl dieser die Produktion von „Gladiator II“ mit dutzenden Millionen Steuervergünstigungen unterstützt hatte), versprach dieses Aufeinandertreffen durchaus eine gewisse Pikanterie. Und diese Erwartung wurde bestätigt, wenn auch erst, als das Gespräch schon beinah sein Ende erreicht hatte.

    Beinah wie aus heiterem Himmel wandte sich der 2002 zum Sir geschlagene Scott gegen Ende des lockeren Gesprächs an „The Substance“-Regisseurin Coralie Fargeat und fragte, ob sie Interesse an einer Cannes-Anekdote habe. Wer sich das Video ansieht, wird in diesem Moment einen irritiert dreinblickenden Denis Villeneuve erkennen, der fragend den Blickkontakt zu „The Brutalist“-Regisseur Brady Corbet aufnimmt. Ohne dies zu beachten, fährt Scott fort und erzählt, wie er 1977, im Zuge der Premiere seines Debütfilms „Die Duellisten“, in Cannes mit den unschönen Seiten der Filmindustrie Bekanntschaft machte.

    Ein Bestechungsbesuch beim wichtigsten Film-Festival der Welt ...

    Laut Scott habe ihm dort ein Mitglied des Cannes-Komitees – ein „sehr großer amerikanischer Regisseur" – zugetragen, dass der Jury viel Geld angeboten worden sei, um für einen anderen Film zu stimmen. Das namenlose Komiteemitglied habe sich beeindruckt von „Die Duellisten" gezeigt und soll Scott gesagt haben: „Ich liebe deinen verdammten Film. Das Problem ist, dass der Jury 50.000 Dollar als Bestechungsgeld gegeben wurden, um für einen anderen Film zu stimmen." Im gleichen Atemzug habe der Mann ihm aber versichert, dass er notfalls Scott einfach einen anderen Preis geben würde.

    Und tatsächlich erhielt der von Harvey Keitel angeführte „Die Duellisten“ den Preis für das beste Regiedebüt. Die Vergabe dieses neuen Preises bewirkte, dass man in Cannes diese Kategorie ab dem Folgejahr institutionalisierte: Seit 1978 wird an der Côte d'Azur der beste Debütfilm mit der Camera d’Or ausgezeichnet. Den jüngsten dieser Preise gewann 2024 der Enkelsohn Ingmar Bergmans, Halfdan Ullmann Tøndel, für seinen Erstling „Armand“ mit Renate Reinsve.

    ... der aber keine Früchte trug!

    Wer nun dieser ominöse „sehr große amerikanische Regisseur“ gewesen sein soll, dazu äußerte sich Scott nicht weiter. Allerdings, so Scott, habe der Bestechungsversuch nicht gefruchtet, denn die Goldene Palme, der höchste Preis des Festivals, wurde nicht an jenen Film vergeben, den die Betrüger im Sinn hatten. Stattdessen ging der Preis an das italienische Drama „Mein Vater“ der Brüder Taviani — eine Jury-Entscheidung, mit der sich Scott letztlich gut arrangieren konnte.

    Der Vorfall hinterließ bei Scott indes einen bleibenden Eindruck und dürfte nicht unwesentlich zu seiner Desillusionierung beigetragen haben. Damals sei er von all dem ziemlich überrascht gewesen: „Ich dachte, ,Diese verdammte Korruption, sogar auf dieser Ebene'."

    Von Kritiken unbeeindruckt: Scotts Weg zum eigenen Kritiker

    Es bleibt abzuwarten, ob diese Enthüllung einen Einfluss rund um die Diskussion um die Integrität von Film-Festivals haben wird. Scott beweist unterdessen einmal mehr, dass er längst davon abgekehrt ist, vermeintliche Interna der Filmindustrie unter Verschluss zu halten. Dieser ungefilterte Ansatz war ein wiederkehrendes Thema während seiner jüngsten öffentlichen Auftritte zu „Napoleon“ und nun „Gladiator II“. Da passt es auch ins Bild, dass er sich die vernichtende Kritik der seinerzeit einflussreichen Kritikerin Pauline Kael zu seinem Film „Blade Runner" einrahmen und ins Büro hängen ließ. Er habe aufgehört, Kritiken zu lesen, und sei stattdessen sein eigener Kritiker geworden. Das genüge.

    Dass uns Ridley Scott mit seiner nonchalanten Art noch lange erhalten bleibt und sich dabei auch nicht von der Gegenwart abwendet, daran lässt der Brite wenig Zweifel. Mit dem Pandemie-Thriller „The Dog Stars“ ist der nächste Dreh im Laufe des Jahres 2025 schon fest eingeplant. Über die neuesten Casting-News zum Film erfahrt ihr mehr im folgenden Artikel.

    Ridley Scotts Postapokalypse-Thriller verliert "Gladiator 2"-Star als Hauptdarsteller – doch der Ersatz ist vielversprechend

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