Für unsere Initiative „Deutsches Kino ist (doch) geil!“ wählen wir jeden Monat einen deutschen Film, der uns ganz besonders gut gefallen, inspiriert oder fasziniert hat, um den Kinostart – unabhängig von seiner Größe – redaktionell wie einen Blockbuster zu begleiten. In diesem Monat ist die Wahl auf „Alter weißer Mann“ (Kinostart: 31. Oktober) gefallen. Damit hat Regisseur Simon Verhoeven – nach dem Milli-Vanilli-Biopic „Girl You Know It’s True“ – nun bereits zum zweiten Mal unsere Wahl zum deutschen Film des Monats für sich entschieden:
„Willkommen bei den Hartmanns“ schaffte 2016 der Sprung an die Spitze der erfolgreichsten deutschen Filme des Jahres – fast vier Millionen Kinobesucher*innen strömten in die Komödie über die Münchner Mittelstandsfamilie Hartmann, die spontan den Flüchtling Diallo (Eric Kabongo) bei sich aufnimmt. Und im Anschluss wurde mächtig diskutiert:
Weil Simon Verhoeven sowohl auf Verständnisförderung setzte, als auch Merkels „Wir schaffen das!“-Ausspruch auf seine Alltagstauglichkeit abklopfte, gab es für alles etwas, woran man anecken konnte. Und bei „Alter weißer Mann“ und dem ähnlich heißen Eisen Political Correctness wird das kaum anders sein: Am Ende wird keine Seite mit „Alter weißer Mann“ hundertprozentig zufrieden sein – und gerade das ist eine seiner größten Stärken.
So lautet auch das Fazit der offiziellen FILMSTARTS-Kritik: „Eine eher sympathische als bissige Zeitgeist-Komödie, die gerade deshalb überzeugt, weil sie nicht so tut, als hätte sie – in die eine oder die andere Richtung – eh alles voll durchschaut. Stattdessen irrlichtert Simon Verhoeven zwar ohne klare Zielrichtung, aber dafür dennoch mit überzeugender Trefferquote durch den aktuellen Diskurs – und am Ende entpuppt sich eine (ziemlich arschige) Künstliche Intelligenz namens SAM als zuverlässigster Szenendieb!“
Darum geht's in "Alter weißer Mann"
Heinz Hellmich (Jan Josef Liefers) ist bei der Fernfunk AG für das neue Werbeposter verantwortlich. Aber hinter jeder Ecke lauert der nächste Shitstorm. Dabei soll gerade jetzt alles möglichst reibungsfrei ablaufen: Denn nachdem er bei einem Firmenmeeting die asiatisch lesbare Unternehmensberaterin Lian Bell (Yun Huang) mit einer Servicekraft verwechselt hat, steht Heinz‘ berufliche Zukunft sowieso schon auf der Kippe.
Die letzte Chance: Heinz und seine Frau Carla (Nadja Uhl) sollen ein Abendessen ausrichten, um sich und ihre Familie vor Lian Bell und dem KI-Spezialisten Älex Sahavi (Elyas M’Barek) in einem progressiveren Licht zu präsentieren. Aber wie kommt man bloß vom Image des „Alten weißen Mannes“ weg, wenn im DVD-Regal ausgerechnet „Der weiße Hai“ herumsteht?
Simon Verhoeven zu Gast bei uns im Podcast
Regisseur und Drehbuchautor Simon Verhoeven hat uns zum Start von „Alter weißer Mann“ in unserem Podcast-Studio in Berlin besucht, wo die FILMSTARTS-Redakteure Christoph Petersen und Pascal Reis mit ihm ein extrem kurzweiliges Gespräch über die Fallstricke der Political Correctness und das bange Warten in den Tagen vor dem Kinostart geführt haben.
Ich kann euch wirklich nur empfehlen, unbedingt in die Folge unseres Podcasts Leinwandliebe hineinzuhören. Simon Verhoeven war schließlich schon in der Leinwandliebe-Folge zu „Girl You Know It‘s True“ ebenso offen wie unterhaltsam – und auch diesmal gibt es wieder ein ehrliches Gespräch u.a. über Shitstorms, die blondierten Spitzen von Elyas M’Barek sowie einen überraschend ausführlichen Abschnitt über Cashewnüsse mit Vanillegeschmack: