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    "Ich war ziemlich schockiert": Action-Legende packt über Jean-Claude Van Damme und die Arbeit in Hollywood aus
    Oliver Kube
    Oliver Kube
    -Freier Autor und Kritiker
    Oliver Kube ist seit den 1990ern als Journalist/Kritiker in Sachen Film, TV, Musik, Literatur & Technik tätig. Für FILMSTARTS schreibt er seit 2018.

    Immer wieder werden in ihren Heimatländern extrem erfolgreiche Regisseure nach Hollywood geholt, um ihre Magie für die dortigen Studios wirken zu lassen. Einer echten Legende des Action-Fachs wurde dieser Schritt damals ganz besonders schwer gemacht:

    Mit brillant-dynamischen Reißern wie „The Killer“ und „Hard Boiled“ machte sich John Woo einen Namen als der zu diesem Zeitpunkt aufregendste Regisseur des Hongkong-Kinos. Kein Wunder, dass er eher früher als später auch Angebote aus Hollywood erhielt. „Harte Ziele“ war dann 1993 seine erste mit amerikanischen Mitteln finanzierte Arbeit, der danach noch unter anderem „Mission: Impossible II“ und der Genre-Meilenstein „Face/Off“ folgen sollten.

    Die Hauptrolle in dem raubeinigen Kracher „Harte Ziele“ übernahm der damals auf dem Höhepunkt seines Ruhms befindliche Jean-Claude Van Damme („Universal Soldier“). Weitere Parts bekleideten Lance Henriksen („Aliens“), Arnold Vosloo („Die Mumie 1+2“) und Yancy Butler aus „Drop Zone“. Der Film mutierte zwar nicht zum Mega-Hit, brachte am globalen Box Office aber doch knapp das Vierfache seines Budgets von 20 Millionen Dollar ein. Zudem avancierte er anschließend zum Kult-Phänomen auf dem Heimkino-Markt.

    Der Regisseur selbst hatte allerdings nur bedingt Spaß bei der Arbeit an dem Streifen. Das lag einerseits an dem für den Mann aus Fernost gewöhnungsbedürftigen Habitus seines Stars, andererseits daran, dass dieser zu allem, was Woo tat, seine Zustimmung geben wollte und sogar musste. Obendrein hatten die Studiobosse ihm in Person des späteren „Spider-Man 1-3“-Machers Sam Raimi eine Art Aufpasser an die Seite gestellt, der notfalls hätte eingreifen beziehungsweise übernehmen können. Denn da es sich in den Augen der Geldgeber bei Woo um einen Neuling handelte, der zudem nur arg gebrochenes Englisch sprach, waren diese besorgt um ihre Investition und dementsprechend misstrauisch.

    „Ich habe damals schnell herausgefunden, dass es nicht einfach ist, einen Film in Hollywood zu drehen“, sagt Woo in einem mit Entertainment Weekly geführten, eine Art Rückblick auf seine Karriere darstellenden Interview. „Ich war ziemlich schockiert, als ich herausfand, dass [Van Damme] so gut wie alles abnicken und genehmigen musste – das Drehbuch, die Besetzung, den Schnitt und so weiter.“ Darüber hinaus war der Belgier am Set offenbar häufig abgelenkt und Woo plus Crew mussten ständig auf ihn warten, da er regelmäßig noch Telefonate erledigte, während alle anderen bereit für die nächste Einstellung waren.

    Was sonst noch am Set von „Harte Ziele“ vorfiel und welchen Star sich John Woo eigentlich anstelle von JCVD für den Film gewünscht hatte, könnt ihr in diesem Artikel von FILMSTARTS-Redakteur Michael Bendix lesen:

    "Konnte mich nicht daran gewöhnen": Action-Legende John Woo packt über schwierigen Dreh mit Jean-Claude Van Damme aus

    Ein anderer Kult-Regisseur half John Woo

    Da ist es fast ein kleines Wunder, dass der Dreh für alle Beteiligten nicht in einem Desaster endete und sogar ein ansehnlicher Film dabei herauskam. John Woo weiß genau, wem er diesen Umstand zu verdanken hat – nämlich dem Mann, der in diesem Falle als sein Ersatz eingesprungen wäre: „Glücklicherweise schrie Sam Raimi [die Leute vom] Studio an“, erinnert sich der Filmemacher dankbar an diesen Moment. „Er verlangte lautstark von ihnen: ‚Lasst Mr. Woo endlich seine eigene Arbeit machen.‘ So hat Sam alles in Ordnung gebracht.“

    Trotzdem war das Ganze eine mehr als gewöhnungsbedürftige Erfahrung für Woo: „Alles lief so anders als das, was wir in Hongkong gemacht haben. Dort ist der Regisseur der unumstrittene Chef. Nur er kann ja oder nein sagen. So ist es auch in Europa. Aber in Hollywood ist das einfach anders.“ Dann bricht es aus dem sonst immer so sanftmütig wirkenden Woo heraus: „Das ist es, was ich am meisten an Hollywood hasse. Und ich habe mich auch nie daran gewöhnen können. Ich habe damals versucht, ‚Harte Ziele‘ im Stil eines Hongkong-Films zu drehen. Aber es hat einfach nicht funktioniert. Letztlich war es nicht meine Geschichte. Und es war auch nicht meine Art von Gefühlen, sodass das Ergebnis zwar okay, aber nicht wirklich gut geworden ist. Ich denke, ich hatte noch viel [über die Arbeit in Amerika] zu lernen.“

    Nachdem er im Dezember 2023 mit „Silent Night - Stumme Rache“, seinem ersten englischsprachigen Film seit 20 Jahren, überrascht hatte, hat John Woo gerade noch ein weiteres Werk außerhalb seiner Hongkonger Heimat fertiggestellt. Dabei handelt es sich um eine interessant anders aussehende Neuauflage eines seiner größten Klassiker, der für uns von FILMSTARTS auch zu den besten Actionfilmen aller Zeiten zählt. Im folgenden Artikel könnt ihr alles über das Projekt lesen und euch dabei auch den Trailer anschauen:

    Das Remake eines der besten Actionfilme aller Zeiten: Trailer zu "The Killer" von John Woo

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