Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir die besten Filme des Jahres kürten. Traditionsgemäß im Dezember sammelten wir so die größten Highlights von 2023 – nur wenige Wochen später hat das neue Jahr zwar kaum begonnen, und doch lassen wir uns bereits dazu hinreißen, fast schon vom besten Film 2024 zu sprechen.
Während am 18. Januar unter anderem auch das einzigartige Kino-Experiment „Olfas Töchter“ (4 Sterne in der FILMSTARTS-Kritik), Roman Polanskis leider etwas überholte Ensemble-Komödie „The Palace“ (2 Sterne) und die RomCom „Wo die Lüge hinfällt“ (3,5 Sterne) in den hiesigen Filmtheatern starten, wollen wir euch heute vor allem einen Kino-Neustart der Woche ans Herz legen: „Poor Things“.
Denn auch wenn das Jahr noch 347 weitere Tage hat, brennt Regisseur Yorgos Lanthimos mit seinem jüngsten Geniestreich einmal mehr ein einzigartiges Ideen-Feuerwerk ab – mit dem er sowohl das Rennen um den originellsten als auch den besten Film 2024 direkt eröffnet...
"Poor Things" neu im Kino: Darum geht's
Der exzentrische Wissenschaftler Dr. Godwin „God“ Baxter (Willem Dafoe) hat ein neues Experiment: Bella (Emma Stone) – eine junge, scheinbar erwachsene Frau, die genau das aber eben gar nicht ist. Denn Bella steht erst ganz am Anfang ihrer Entwicklung, die fortan von dem Studenten Max McCandless (Ramy Youssef) dokumentiert werden soll.
Inmitten von allerhand anderen Versuchskaninchen – wie etwa einer Ziege mit Entenkopf oder einem Hybriden aus Bulldogge und Gans – lernt Bella anfangs 15 neue Worte pro Tag. Doch dabei bleibt es nicht: Als Max eines Tages hinter Baxters dunkles Geheimnis kommt und von Bellas wahrer Herkunft erfährt, beginnt diese, immer mehr Interesse an der großen, weiten Welt da draußen zu zeigen, sowie an den oftmals rätselhaft wirkenden Menschen, die sie bewohnen. Und an ihrem eigenen Körper.
Und so macht sich Bella auf eine Odyssee ins Ungewisse, auf der sie unter anderem den zwielichtigen Duncan Wedderbaum (Mark Ruffalo) kennenlernt, der ihr schöne Augen macht, jede Menge Sex hat – und schließlich immer mehr erkennt, wo ihr Platz in der Welt ist: wo auch immer sie will.
Ein Film, der sich in keine Schublade stecken lässt
Auf den ersten Blick ist „Poor Things“ eine Mischung aus „Frankensteins Braut“ und „Barbie“ – doch ganz so einfach macht es einem „The Lobster“- und „The Favourite“-Macher Yorgos Lanthimos natürlich auch diesmal nicht. Am Ende ist sein neuestes Werk nicht einfach nur ein weiterer Monsterfilm und schon gar keine simpel gestrickte Satire.
Ähnlich wie auch Godwin Baxter, der im Zuge seiner Forschungen verschiedenste Lebensformen kreuzt, vereint auch Lanthimos verschiedenste Einflüsse auf einzigartige Art und Weise – und so stimmig wie hier sind Science-Fiction, Fantasy, Satire, Komödie und Drama selten in Einklang gebracht wurden. Oder wie es in der FILMSTARTS-Kritik heißt: Er strickt aus alledem etwas ganz Eigenes, eine Art „lustvoll-pervertiertes Steampunk-Update von Frankenstein“ – das sich in keine Schublade stecken lässt.
„Poor Things“ ist ein einzigartiges Coming-of-Age-Abenteuer, eine beißende Sex-Satire, ein prachtvoller Kostümfilm, eine visuelle Wucht (die von inszenatorischer Raffinesse und Fischaugenoptik sowie verspielt-farbenprächtigen Sets à la Wes Anderson geprägt ist), ein regelrechter Ideenrausch – und ein Film, der die vermeintlichen Grenzen des Kinos nach allen Regeln der Kunst durch den Fleischwolf dreht. Und was die bevorstehende Oscarverleihung angeht: Da dürfte „Poor Things“ wohl mit jeder Menge Nominierungen bedacht werden – wobei vor allem Hauptdarstellerin Emma Stone der Sieg wohl kaum noch zu nehmen sein wird...
Da müsst ihr euch den ganzen Tag für freihalten - der "zweitlängste Film aller Zeiten" läuft bald im Kino