Selbst unter all den bunten Hunden und schrägen Vögeln, die in Hollywood so zu finden sind, zählt Woody Harrelson wohl zu den schillerndsten Figuren. So ist der gebürtige Texaner nicht nur der Sohn eines verurteilten Mörders, sondern auch bekennender Umweltaktivist, überzeugter Veganer und unermüdlicher Marihuana-Befürworter. Darüber hinaus ist Harrelson vor allem eins – ein starker und wandlungsfähiger Schauspieler, der sowohl in der Rolle eines basketballspielenden Lebenskünstlers als auch in der eines alleskillenden Psychopathen oder eines traumatisierten US-Soldaten überzeugen kann.
Aufgewachsen ohne Vater
Am 23. Juli 1961 erblickte Woodrow (nach anderen Quellen: Woodrick) Tracy „Woody“ Harrelson in Midland, Texas das Licht der Welt. Seine Eltern Diane Lou (heutige Oswald) und Charles Voyde Harrelson ließen sich 1964, nur drei Jahre nach der Geburt ihres zweiten Sohnes scheiden. Während Harrelsons Vater 1968 wegen Mordes an einem texanischen Geschäftsmann verurteilt wurde und später eine lebenslängliche Haftstrafe für die Ermordung des Bundesrichters John H. Wood, Jr. erhielt, wuchs der damalige Blondschopf mit seiner Mutter und seinen beiden Geschwistern in Lebanon, Ohio auf.
Barkeeper nach Schauspiel-Studium
Nach seinem Abgang von der High School, wo er schon gelegentlich auf der Theaterbühne stand, entschloss sich Woody Harrelson, Englisch und Schauspiel zu studieren. Seine Pläne führten ihn ans Hanover College in Indiana. Nach seinem Studium versuchte der frisch ausgebildete Mime sein Glück im Big Apple. Hier fand er zunächst eine Anstellung als Zweitbesetzung in Neil Simons Broadway-Komödie „Biloxi Blues“. Richtig in Gang kam Harrelsons Schauspielkarriere dann allerdings erst mit dem Casting zur NBC-Erfolgssitcom „Cheers“, bei der er zur vierten Staffel ins feste Ensemble aufgenommen wurde. Folglich war der Texaner von 1985 bis 1993 als etwas einfältiger, aber herzensguter Barkeeper Woody Boyd auf den amerikanischen Mattscheiben zu sehen. Für seine Darbietungen in der Serie konnte der frisch gebackene Fernsehstar 1989 sogar einen Emmy in der Kategorie „Bester Nebendarsteller in einer Comedy-Serie“ abräumen.
Ohne Akne auf die große Leinwand
Obwohl Woody Harrelson die Arbeit bei „Cheers“ sehr schätzte, strebte er nach mehr. Trotz des sehr engen Zeitplans bei der NBC-Sitcom, versuchte er, in so vielen Filmen wie möglich mitzuspielen, um den Sprung ins Filmgeschäft zu schaffen. So feierte Harrelson 1986 sein Kinodebüt an der Seite von Goldie Hawn in der Football-Komödie „American Wildcats“. Außerdem wirkte er in mehreren TV-Produktionen mit. Und auch in privater Hinsicht sehnte sich der Fleischesser nach Veränderung. Um seine schlimme Akne endlich loszuwerden, folgte er dem Rat einer Bekannten und ernährte sich fortan vegan - mit Erfolg. Die positiven Nebeneffekte der Ernährungsumstellung mögen mit dazu beigetragen haben, dass Harrelsons Filmkarriere allmählich in Schwung kam und er 1991 sein zweites Kino-Engagement erhielt: In „Doc Hollywood“ verkörperte er Michael J. Fox‘ Gegenspieler Hank Gordon.
Punktlandung als Basketballer Billy Hoyle
1992 bekam Woody Harrelson an der Seite von „American Wildcats“-Kollege Wesley Snipes dann seine erste große Hauptrolle, undzwar in Ron Sheltons erfolgreicher Kumpel-Komödie „Weiße Jungs bringen's nicht“. Als Basketball-Spieler Billy Hoyle spielt Harrelson den lebenden Beweis dafür, dass Hellhäutige entgegen aller Klischees eben doch geschickt im Körbewerfen sein können und sprang den Zuschauern mitten ins Herz. 1993 landete er an der Seite von Demi Moore und Robert Redford mit Adrian Lynes Dreiecks-Geschichte „Ein unmoralisches Angebot” einen weiteren Hit, ehe er ein Jahr später in Oliver Stones Skandal-Streifen „Natural Born Killers“ als psychopathischer Serien-Killer Mickey Knox in seiner wohl bekanntesten, aber auch umstrittensten Rolle zu sehen war. 1995 arbeitete Harrelson für den Action-Thriller „Money Train“ ein weiteres Mal mit Wesley Snipes zusammen. Danach verschaffte sich der ehemalige Serienstar und Komödiant, der gerade noch in der Bowling-Farce „Kingpin“ von Peter und Bobby Farrelly neben Bill Murray geglänzt hatte, auch als Charakterdarsteller Respekt: Für seine Titelrolle als Gründer des Erotikmagazins „Hustler“ in Milos Formans „Larry Flynt“ wurde Harrelson 1997 für den Golden Globe und den Oscar nominiert.
Engagierter Umweltaktivist
Woody Harrelson war Ende der 90er Jahre vielbeschäftigt und drehte sehr unterschiedliche Filme - von Terrence Malicks „Der schmale Grat“ über den Thriller „Palmetto“ von Volker Schlöndorff und den Neo-Western „Hi-Lo Country“ bis zur Komödie „Ed TV“ an der Seite von Matthew McConaughey. Nachdem er seit seinem Leinwanddebüt in immerhin fast 20 Kinofilmen mitgewirkt hatte, entschloss er sich im Jahr 2000, eine Auszeit vom Filmemachen zu nehmen und zu seinen NBC-Wurzeln zurückzukehren. Sieben Folgen lang verkörperte der zum Hollywood-Star gewordene Schauspieler im Serien-Hit „Will & Grace“ den Freund der Titelheldin. Außerdem vertrieb sich Harrelson seine Zeit auf der Theaterbühne, dem Surfbrett und der Yoga-Matte. Und obwohl der engagierte Aktivist 1996 wegen einer Protestaktion auf der Golden Gate Bridge sogar kurzzeitig in Haft genommen worden war, setzte sich der Naturliebhaber weiterhin für die Umwelt und für Tierrechte sowie für die Legalisierung von Marihuana ein.
Zweite Oscar-Nominierung
2003 kehrte der Aussteiger auf Zeit zurück ins Filmgeschäft. Im Komödien-Thriller „Abgezockt“ übernahm er eine der Hauptrollen als Amateur-Bankräuber Woods. In der Folge gab sich Woody Harrelson mit einigen kleineren Parts zufrieden, so beispielsweise in „Die Wutprobe“ mit Adam Sandler und Jack Nicholson, in Spike Lees „She Hate Me“ oder in der schwarzen Komödie „The Big White“. 2006 spielte der wandlungsfähige Mime Keanu Reeves‘ Junkie-Freund Ernie Luckman in Richard Linklaters Sci-Fi-Thriller „A Scanner Darkly“. Die Roman-Adaption war einer der ersten Filme, bei dem das Rotoskopie-Verfahren angewandt wurde – eine besondere Tricktechnik, bei der die realen Bilder mit Zeichentricktexturen überlagert werden. Nach seinem Auftritt als Kopfgeldjäger Carson Wells im Oscar-gekrönten “No Country For Old Men” von Joel und Ethan Coen folgten Rollen in Filmen wie „2012“ von Roland Emmerich, der kultigen Horror-Komödie „Zombieland“ oder dem Thriller „Transsiberian“. Mit seiner Darstellung eines traumatisierten US-Soldaten im Drama „The Messenger - Die letzte Nachricht“ begeisterte Harrelson 2009 die Kritiker und wurde bei den Academy Awards 2010 in der Kategorie „Bester Nebendarsteller“ nominiert. Auch die noch kommenden Rollen zeugen von Harrelsons Lust an der Abwechslung: Er wird unter anderem in der romantischen Komödie „Freunde mit gewissen Vorzügen“ mit Justin Timberlake und Mila Kunis, in „Rampart“ von „The Messenger“-Regisseur Oren Moverman sowie im mit großen Erwartungen verbundenen neuen Franchise „Die Tribute von Panem“ als Haymitch Abernathy zu sehen sein.
Woody Harrelson ist mit seiner ehemaligen Assistentin Laura Louie verheiratet. Das Paar, das in einem Solarhaus in Maui, Hawaii, lebt, hat drei Töchter.