Mit der „FILMSTARTS-Perle“ gibt euch jeweils am Sonntag ein FILMSTARTS-Redakteur eine ganz persönliche Film-Empfehlung. Das können übersehene, unbekannte oder unterschätzte Werke genauso sein wie Lieblingsfilme und Guilty Pleasures. In jedem Fall sind es ganz besondere Filme, die das Ansehen und das Wiedersehen lohnen.
Von Björn Becher
Seit fünf Wochen gibt es nun unsere neue Rubrik „Die FILMSTARTS Perle“ und ich liebe sie schon jetzt. Es bereitet großen Spaß, die Texte der Kollegen zu lesen und einen ebensolchen, sich den eigenen Tipp zu überlegen. Schließlich steht mir eine riesige Auswahl an tollen Filmen zur Verfügung, die ich euch unbedingt einmal ans Herz legen möchte. Für den heutigen 8. Mai wollte ich erst wie bei „Nico“, meiner Perle vom 10. April 2011, eine Kindheitserinnerung nehmen. Aber dann entschied ich mich für ein klein wenig mehr Aktualitätsbezug. Nein, ich gehe nicht soweit am 8. Mai einen Text über Roberto Rossellinis „Deutschland im Jahre Null“ zu schreiben, zumal ich diesen Klassiker noch nicht gesehen habe, sondern mir boten sich komplett andere Alternativen – Filme von zwei völlig unterschätzten Regisseuren. Am heutigen 8. Mai feiert der neue hessische Tatort „Eine bessere Welt“ seine Premiere, Regie und Drehbuch: Lars Kraume – einer meiner Lieblingsregisseure. Da Kraume von den deutschen Kinobesuchern immer noch ignoriert wird (wie „Die kommenden Tage“ leider bewies), wäre das eine Gelegenheit noch einmal den großartigen „Keine Lieder über Liebe“ oder den von Teilen der Kritik völlig zu Unrecht gescholtenen „Viktor Vogel - Commercial Man“ zu empfehlen. Aber während Kraume alleine durch seine Fernseharbeiten immer wieder auch ein größeres Publikum findet, handelt es sich bei meinem zweiten Kandidaten um jemanden, der außerhalb von Spezialistenkreisen immer stärker in Vergessenheit gerät und der deshalb dieses Mal den Vorzug bekommt: Jerry Schatzberg.
In dieser Woche starten die Filmfestspiele von Cannes, drei meiner Kollegen werden an die Croisette reisen. Ich beneide sie wegen zweier Filme: Im Wettbewerb läuft „Death Of A Samurai“, Takashi Miikes 3D-Remake des Klassikers „Seppuku“ und in der Reihe Cannes Classics wird „Puzzle of a Downfall Child“ gezeigt, Jerry Schatzbergs äußerst selten zu sehendes Regiedebüt. Das Werk des Ex-Fotografen Schatzberg, der im Übrigen auch das Poster für die diesjährige Ausgabe der Filmfestspiele an der Croisette gestaltete, wartet immer noch auf seine kommerzielle Auswertung. Man sollte meinen, dass gut 15 Jahre nach der Einführung der DVD so langsam alle großen Filme irgendwo auf der Welt zu erwerben sind - falsch gedacht. Viele Filme von Jerry Schatzberg sind kaum auf legalem Weg erhältlich, „Puzzle of a Downfall Child“ sogar nirgendwo auf der Welt. In Deutschland sind gerade einmal drei Werke aus der Filmografie des Cannes-Preisträgers auf DVD veröffentlicht worden und das auch mehr schlecht als recht: Das tolle Roadmovie „Asphalt-Blüten“ mit Gene Hackman und Al Pacino ist out-of-print. „Glitzernder Asphalt“ mit dem oscarnominierten Morgan Freeman ist nur mit einem billig gestalteten, nach Trashfilm schreienden Cover und ohne Originalton verfügbar. Und auch „Panik im Needle Park“, den ich euch heute vorstellen möchte, ist im Moment nicht mehr erhältlich.
„Panik im Needle Park“ ist ein ganz wichtiges Werk der Filmgeschichte – und das nicht nur weil der junge Al Pacino in seiner ersten große Rolle zu sehen ist, ein Auftritt, der ihm überhaupt erst den Part als Michael Corleone in „Der Pate“ einbrachte (mehr in unserer Trivia-Sektion). Abgesehen von seiner filmhistorischen Bedeutung ist Schatzbergs Drogen-Drama vor allem ein beeindruckender, ein großartiger, wenn auch schwer im Magen liegender Film. Der Regisseur, der aufgrund seines ikonischen Coverfotos für Bob Dylans LP „Blonde on Blonde“ wohl immer eher als Fotograf denn als Filmemacher wahrgenommen und gewürdigt werden wird, trifft mit seinem experimental-dokumentarischen Ansatz genau den richtigen Ton für seine markerschütternde Erzählung des Niedergangs zweier Menschen. Es gibt den ganzen Film über keine Musikspur, stattdessen ist im Hintergrund immer nur New York präsent: das Hupen der Autos, das Rattern der U-Bahn, das Geschwätz der Passanten. Die Schauspieler tragen kein Make-Up und verkörpern ihre Figuren mit vollem Einsatz inmitten der brodelnden Alltagskulisse der Stadt. Al Pacino spielt den Kleindealer Bobby mit energischem Dauergezappel, das an seine ähnlich fiebrige Darstellung in Sidney Lumets „Hundstage“ erinnert. Als dieser Bobby die leicht naive Helen (großartig: Kitty Winn) kennenlernt, verlieben sich die beiden ineinander und beginnen eine Beziehung. Doch da sie nicht die Hände von den Drogen lassen können, stürzen sie immer weiter ab.
Schatzbergs zweiter Spielfilm ist starker Tobak und weit entfernt von der Drogenromantisierung, die in einigen anderen Filmen der 70er Jahre zu sehen war. Trotzdem gibt es in Schatzbergs Film wunderschöne Momente. Obwohl ich um den tragischen Fortgang der Geschichte weiß, kann ich mich noch immer an den herausragenden ersten 15 Minuten erfreuen. In den romantischen Momentaufnahmen dieses Beginns entwickelt der elliptische Erzählstil Schatzbergs seine volle Wirkung: Bobby trifft Helen zufällig bei einem seiner Kunden und deckt die ihm unbekannte, kranke Frau mit einer rührenden Geste liebevoll zu. In der nächsten Szene besucht er sie nach einer misslungenen Abtreibung im Krankenhaus, die beiden verhalten sich hier bereits wie alte Freunde. Eine weitere Szene später holt er sie dann wie selbstverständlich nach ihrer Entlassung ab, schäkert mit ihr herum. Von nun an sind sie ein Paar. Das flüchtige Glück dieses Paars berührt mich jedes Mal tief. Pacinos Bobby ist ein so sympathischer Luftikus, dass sich immer wieder trügerische Hoffnung einstellt - nun könnte es für Helen endlich aufwärts gehen. Keine fünf Filmminuten später spritzt er sich Heroin, eine nicht zu stoppende Abwärtsspirale wird in Gang gesetzt und Helen vorübergehend sogar in die Prostitution getrieben. Ab da ist der Film ganz sicher kein Vergnügen mehr, aber ungemein wirkungsvoll und ins Mark gehend.
„Panik im Needle Park“ ist der perfekte Beweis dafür, dass Jerry Schatzberg nicht nur ein guter Fotograf ist, sondern auch ein großartiger Regisseur. Allein die gemeinsam mit Cutter Evan A. Lottman (1974 oscarnominiert für „Der Exorzist“) perfektionierte elliptische Erzählweise, die die Unausweichlichkeit der Ereignisse im zweiten Teil des Films noch akzentuiert, ist ganz große Kunst. Gegen Ende genügen bloße Andeutungen und der Zuschauer weiß, was sich zur nächsten Szene verändert hat. Wer „Trainspotting“ für den ober-coolen Drogenfilm hält und „Requiem for a Dream“ für den härtesten Beitrag zu dieser Thematik, sollte sich unbedingt „Panik im Needle Park“ anschauen: Die deutsche DVD gibt es bei Ebay oder im Amazon Marketplace, alternativ bietet sich der Import aus Großbritannien oder den USA an.
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