Mit der „FILMSTARTS-Perle“ gibt euch jeweils am Sonntag ein FILMSTARTS-Redakteur eine ganz persönliche Film-Empfehlung. Das können übersehene, unbekannte oder unterschätzte Werke genauso sein wie Lieblingsfilme und Guilty Pleasures. In jedem Fall sind es ganz besondere Filme, die das Ansehen und das Wiedersehen lohnen.
Von Björn Becher
Eine Perle muss für mich nicht unbedingt ein Meisterwerk sein, das in keinem Kanon fehlen darf. Eine Perle darf auch ein verdammt guter, unterschätzter Film sein, der mir persönlich viel bedeutet. Ein solcher Film ist Steven Seagals Schauspieldebüt „Nico“, ein harter, grimmiger und politisch außergewöhnlich linker Actionfilm, der mich auch heute noch begeistert. Außerdem passt der Termin einfach perfekt: Am heutigen Sonntag, den 10. April 2011, feiert Steven Seagal seinen 61. Geburtstag.
Im Skiurlaub mit Steven Seagal
Ich muss um die elf Jahre alt gewesen sein, als ich meinen Action-Heroen der kommenden Jahre in den Skiferien kennenlernte. Dieser Urlaub war etwas Besonderes, hatte ich doch einen eigenen Fernseher auf meinem Pensionszimmer, im Jahr 1992 sicher keine Selbstverständlichkeit. Das musste gnadenlos ausgenutzt werden und statt mich für den nächsten Skitag zu schonen, gab es nachts immer noch einen Action-Film im Fernsehen. Und da sah ich ihn das erste Mal: Steven Seagal, dessen Familie in „Hard To Kill - Ein Cop schlägt zurück“ brutal gemeuchelt wird, während er selbst ins Koma befördert wird, aus dem er dann aufwacht, um Rache zu üben. Eine einfache, aber effektive Geschichte, die mich zum Fan machte. Dabei ahnte ich noch nicht, dass mich noch Besseres erwarten würde.
Zurück zu Hause war ich von Steven Seagal angefixt. Sicher ich kannte damals schon eine Reihe von Action-Helden. Arnold Schwarzenegger als „Terminator“ sah ich beispielsweise zwei oder drei Jahre vorher auf dem Geburtstag eines Schulkameraden, und auch Sylvester Stallone hatte ich schon in „Rambo II“ gesehen, doch keiner war wie Seagal, der voller brachialer Energie und zudem außergewöhnlich ästhetisch seine Gegnerscharen hinwegfegte. Der Kampfstil war einzigartig, erst Jahre später sollte ich herausfinden, dass wirklich niemand so kämpfte wie Seagal. Ich wollte mehr und bekam eine Weile später (im Vor-Internetzeitalter dauerten solche Recherchen noch ein wenig) ein weiteres Werk mit dem ziemlich langweiligen deutschen Titel „Nico“ in die Finger. Anschließend war ich endgültig begeistert und fieberte weiteren Filmen entgegen. Einige Zeit später sah ich mit seiner ersten und einzigen Regiearbeit, dem (unfreiwillig) kultigen „Auf brennendem Eis“, meinen ersten Seagal im Kino und nur rund zwei weitere Jahre später mit „The Glimmer Man“ seinen Karriere-Niedergang. Heute ist er im Direct-to-DVD-Sumpf verschwunden, das meiste ist großer Mist, vieles sogar unerträglich und obwohl es bei jeder neuen Veröffentlichung in den Weiten des Internet heißt, dies sei sein bestes Werk seit langem, habe ich die Hoffnung längst aufgegeben. An den alten Filmen kann ich mich aber nach wie vor erfreuen, auch und vor allem an „Nico“.
Die Reagan-Ära: Rambo vs. Seagal
Meine Freude an „Nico“ hat nicht nur nostalgische Gründe und es ist auch nicht nur die Wehmut, die mich umgibt, wenn ein junger, durchtrainiert-schlanker Seagal mit einer Wahnsinnsgeschwindigkeit eine Bar samt Kundschaft auseinandernimmt. Nein, die Geschichte des aufrechten Polizisten, der Drogendeals auf die Spur kommt, in die auch die CIA verwickelt ist, hat selbst heute noch eine für das Action-Kino außergewöhnliche politische Färbung. Ich würde lügen, wenn ich behauptete, ich sei als Elfjähriger überdurchschnittlich politisch gebildet oder interessiert gewesen. Amerikanische Außenpolitik war natürlich ein großer schwarzer Fleck, so dass mir die vielen Anspielungen in diese Richtung noch entgingen als ich „Nico“ das erste Mal sah. Doch die Archivaufnahmen von Nixon, die Vietnampassagen, atmosphärisch packten die mich schon damals. Und irgendwas ließ mich auch merken, dass der Film inhaltlich anders ist als andere Hollywood-Produkte – der Vergleich mit den von Ronald Reagan geliebten „Rambo“-Sequels, zeigte dies deutlich: Der damalige US-Präsident beschwor den Geist von Sylvester Stallones Einzelkämpfer wie es nur ein Schauspieler kann:
Es gibt ganze Abhandlungen über die gegenseitige Beeinflussung der Reagan-Ära und der rechts-konservativen Hollywood-Actionfilme. Entweder mussten Kommunisten getötet werden oder den Liberalen klar gemacht werden, dass ihre Bürokratie die aufrechten Strafverfolger in ihrer täglichen Arbeit behindert. Und Seagal? Der machte genau das Gegenteil und gab ausgerechnet im gleichen Jahr, in dem Sylvester Stallone Ronald Reagans Lieblingshelden in propagandistischer Mission nach Afghanistan schickte, mit „Nico“ die passende Antwort. Der Film ist voller Anspielungen auf den Iran-Contra-Skandal, die wahren Bösen finden sich bei der CIA und auch die FBI-Agenten sind alles andere als unschuldig. Mit ihrem Drehbuch waren Regisseur Andrew Davis und Autor Steven Pressfield („Die Legende von Bagger Vance“) sogar ihrer Zeit voraus: Als „Nico“ in die Kinos kam, waren die heimlichen Waffenlieferungen der CIA an den Iran zur Finanzierung von Antikommunisten in Nicaragua gerade erst bekannt geworden. Die Filmemacher gingen sogar noch weiter und unterstellten dem amerikanischen Geheimdienst auch noch, mit Drogen zu handeln. In der Realität wurden sehr ähnliche Vorwürfe erst Jahre später laut (und schnell abgewürgt). Aber Davis hat den Finger in eine Wunde gelegt und es ist kein Zufall, dass er ausgerechnet Richard Nixon zu Beginn sagen lässt: „Niemand steht über dem Gesetz“. Bekanntermaßen hat der später genau dies getan und sich selbst mit dem legendären Ausspruch „Wenn der Präsident es tut, ist es nicht illegal“ auf abenteuerliche Weise widersprochen.
Entfremdet von Seagal
Es gab eine lange Zeit, in der ich nur noch wenig mit Seagals Schaffen anfangen konnte. Er wurde fetter, seine Filme immer schlechter und die Rufe im Internet, dass der neue Film nun die Wende zum Guten bringe, immer lauter, doch ich ging immer weiter auf Distanz. Wenn ich für FILMSTARTS oder an anderer Stelle über Seagal schrieb, schwang sehr viel Spott in meinen Worten mit. Ausgerechnet über zwei seiner Kollegen fand ich wieder zurück zu dem heute dicken Mann mit dem charakteristischen Zopf, den er „Nico“ noch gar nicht trug. Als ich die großartigen Filme der 70er-Ikonen Pam Grier und Henry Silva entdeckte, deren Namen und Gesichter mir als Junge noch nichts sagten, stieß ich erneut auf „Nico“ und war erneut begeistert. Es war nach einer Zeit der Bitternis über Seagals Absturz der Weg zurück zu ihm – auch wenn ich ihn in seinen neuen Werken gerne weiter verspotte und sicher bin, dass ihm kein Comeback mehr gelingen wird.
Wenn ich heute einen Typen sehen will, der alleine und auf richtig brutale Weise böse Buben verprügelt, dann bieten sich mir viele Möglichkeiten. Doch egal, ob ich mir aus den Achtzigern Arnold Schwarzenegger in „Das Phantom Kommando“ oder Jean-Claude Van Damme in „Mit stählerner Faust“ ansehe, oder ob ich mich der Gegenwart zuwende, in der Liam Neeson in „96 Hours“ oder Dwayne Johnson im durchaus unterhaltsamen „Faster“ ihr Unwesen treiben, am Ende greife ich doch immer wieder am liebsten auf einen der ersten vier Filme von Steven Seagal zurück, deren Titel alle aus drei markanten Worten bestehen: „Out for Justice“, „Marked for death“, „Hard To Kill“ oder eben „Nico“, der im Original „Above The Law“ heißt…
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