In seiner fünfzig Jahre währenden Karriere beeinflusste der japanische Meister-Regisseur Akira Kurosawa eine ganze Reihe von Filmemachern. Der internationale Durchbruch gelang Kurosawa 1950 mit „Rashomon – Das Lustwäldchen“, der das japanische Kino unter westlichen Cineasten bekannter machte und in Venedig einen Goldenen Löwen erhielt. Mit Klassikern wie „Die sieben Samurai“ (1954), „Yojimbo – Der Leibwächter“ (1961) oder „Ran“ (1985) konnte Akira Kurosawa seinen Ausnahmetalent als Regisseur, Drehbuchautor und Produzent stets bestätigen.
Kindheit & Jugend
Akira Kurosawa kam als jüngstes von sieben Kindern zur Welt. Der Vater, ein ehemaliger Offizier, legte bei der traditionellen Erziehung großen Wert auf die körperliche Ertüchtigung seiner Kinder, unterstützte aber trotzdem das Interesse seines jüngsten Sohnes an der Kunst und der Malerei. So besuchte Akira Kurosawa nach der Mittelschule eine Schule für westliche Malerei und verdiente seinen Lebensunterhalt mit verschiedenen Illustrationen. Sein älterer Bruder Heigo, der als Stummfilm-Erzähler arbeitete und beim strengen Vater in Ungnade fiel, beeinflusste Akira in dieser Zeit stark und brachte ihm das Kino und die Literatur näher – den Selbstmord Heigos im Jahr 1933 konnte der Bruder nie überwinden. Obwohl Kurosawa Malerei studierte, interessierte er sich immer mehr für das bewegte Bild und schrieb rund fünfzig Drehbücher, bevor er 1943 beim Film „Judo Saga – Die Legende vom großen Judo“ zum ersten Mal Regie führte.
Die frühen Filme
In der Anfangsphase seiner Karriere experimentierte Akira Kurosawa mit der Sprache und den Stilmitteln des Kinos. Mit der Theater-Adaption „Die Männer, die dem Tiger auf den Schwanz traten“ (1945) lehnte sich Kurosawa an die Ästhetik des Stummfilms an – aufgeführt wurde der Film erst im Jahr 1952, da die Haltung des Regisseurs von den japanischen Behörden als zu unpatriotisch empfunden wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg inszenierte Kurosawa das Drama „Kein Bedauern für meine Jugend“ (1946), das im Dienst der amerikanischen Siegermächte stand und den Japanern als sogenannter „Konzeptfilm“ demokratische Werte näher bringen sollte. Erst bei seinem achten Film, der Gesellschafts-Studie „Engel der Verlorenen“ (1948), konnte sich Kurosawa von solchen und anderen äußeren Zwängen frei machen: Nach eigenem Bekunden ist das Drama der erste Film, bei dem er seine eigenen Vorstellungen umsetzen konnte – zugleich markiert „Engel der Verlorenen“ auch die erste Zusammenarbeit mit dem Darsteller Toshirô Mifune, den Kurosawa bis 1965 regelmäßig als Hauptdarsteller besetzte. So auch im Kriminal-Thriller „Ein streunender Hund“ (1949), der als Großstadt-Studie und Psycho-Drama zugleich funktioniert, und von der formalen Meisterschaft Kurosawas zeugt.
Der Durchbruch im Westen
Von Anfang an war das Werk Akira Kurosawas stark von westlichen Regisseuren wie John Ford beeinflusst. So ist es nur folgerichtig, dass der „westlichste Regisseur Japans“ mit seinem Meisterwerk „Rashomon – Das Lustwäldchen“ (1950) auch im Westen auf Anerkennung stieß. Er handelt von einem Überfall, den vier Zeugen – darunter Toshiro Mifune als beschuldigter Bandit – aus sich widersprechenden Perspektiven schildern. Getragen von einer spannenden Inszenierung entlarvt Kurosawa die Eigeninteressen der Zeugen und deren Manipulation als Ursache für das Lügengeflecht. Mit der Aufmerksamkeit westlicher Filmkritiker im Rücken verfilmte Kurosawa Dostojewskis „Der Idiot“ (1951), bevor er 1954 mit „Die sieben Samurai“ einen weiteren Klassiker schuf, den John Sturges als „Die glorreichen Sieben“ neu verfilmte. In regelmäßiger Folge ließ Akira Kurosawa weitere Meisterwerke folgen, die seinen Ruhm und den damit verbundenen Einfluss auf andere Filmemacher noch vermehrten. Mit Toshiro Mifune drehte Kurosawa die Shakespeare-Verfilmung „Das Schloss im Spinnwebwald“ (1957), bevor er mit „Die verborgene Festung“ (1958) einen abenteuerlichen Samurai-Film vorlegte, der eine wesentliche Bezugsquelle für George Lucas' „Krieg der Sterne“ wurde. „Yojimbo – Der Leibwächter“ (1961), erneut mit Toshiro Mifune in der Hauptrolle, diente indes Sergio Leone und seinem Italo-Western „Für eine Handvoll Dollar“ als Vorbild – Leone übernahm die Geschichte des Originals fast unverändert, weswegen eine Entschädigungs-Zahlung an das japanische Filmstudio fällig wurde.
Das Spätwerk
Für den in der Sowjetunion produzierten Film „Uzala, der Kirgise“ erhielt Akira Kurosawa im Jahr 1975 einen Oscar für den besten ausländischen Film, bevor das Schlachten-Gemälde „Kagemusha – Der Schatten des Kriegers“ (1980) zwei Nominierungen bei den Academy Awards einheimste und mit der Goldenen Palme in Cannes prämiert wurde. Im Jahr 1985 folgte schließlich Kurosawas Meisterwerk „Ran“, die Verfilmung von Shakespeares klassischem Drama „König Lear“, in dem drei Söhne das Reich ihres Vaters erben und – beeinflusst durch ihre schönen Gattinnen – Krieg gegeneinander führen. Gekonnt nutzt Kurosawa die Möglichkeiten des Farbfilms und inszeniert Landschafts-Aufnahmen von malerischer Schönheit, denen die starke Geschichte mit ihren facettenreichen Figuren in nichts nachsteht. Die letzten Filme Kurosawas unterscheiden sich ästhetisch stark von den restlichen Werken des schon zu Lebzeiten gefeierten Regisseurs und schlagen einen ruhigeren Tonfall an: In „Akira Kurosawas Träume“ (1990) verfilmt Kurosawa acht seiner eigenen Träume und folgt dabei keiner erzählerischen, sondern vielmehr einer audiovisuellen Logik. Nach dem Drama „Rhapsodie im August“ (1991) wurde die Literaturverfilmung „Madadayo“ (1993) Kurosawas letzter Film. Im Jahr 1990 erhielt Akira Kurosawa einen Oscar für sein Lebenswerk.