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Selbst als Ennio-Morricone-Fan war man bei den von ihm bis ins hohe Alter selbst dirigierten Orchestertouren mehrfach überrascht, wenn ein neues Stück angestimmt wurde und einem wieder einfiel: Stimmt, das ist ja auch von ihm.
Nur wenige Filmkomponisten haben so ein umfangreiches (und hochklassiges) Werk hinterlassen wie der am 10. November 1928 geborene Ennio Morricone, der angeblich für rund 500 Filme und Serien die Musik komponierte.
Aus Italien …
Sein Durchbruch gelang ihm an der Seite seines alten Schulkameraden, Regisseur Sergio Leone, dessen Italo-Western er vertonte: „Für eine Handvoll Dollar“, „Für ein paar Dollar mehr“, „Zwei glorreiche Halunken“, „Todesmelodie“ und natürlich „Spiel mir das Lied vom Tod“.
Dabei baute er nicht nur Pistolenschüsse und Peitschenhiebe in seine Musik ein, sondern so unterschiedliche Dinge wie Pfeifen, Tiergeräusche und vor allem die Maultrommel. Mit diesem innovativen Einsatz diverser Elemente prägte er die Italo-Western-Musik – nicht nur durch zwei Dutzend weitere Arbeiten (u. a. „Der Gehetzte der Sierra Madre“ und „Leichen pflastern seinen Weg“ und diverse weitere Filme von Sergio Corbucci und Sergio Sollima), sondern auch weil viele andere Komponisten ihn schnell anfingen, zu kopieren.
Auch wenn Morricone immer wieder zuerst mit Italo-Western in Verbindung gebracht wird, war das nur ein Bruchteil seiner anfänglichen Arbeiten. Besonders anfangs arbeitete er hauptsächlich in Komödien, später vertone er viele Horrorfilm – und vor allem gab es in Italien in den 1960er und 1970er Jahren zahlreiche (links-)politische Filme, die mit seinen Klängen veredelt wurden (u. a. „Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger“).
… nach Hollywood ...
Mit dem späten Erfolg der Dollar-Trilogie in den USA wurde auch Hollywood auf ihn aufmerksam. Mit Don Siegels „Ein Fressen für die Geier“ und Phil Karlsons us-italienischer Co-Produktion „Das Wespennest“ hinterließ er dort 1970 seinen ersten Stempel.
Es folgten unter anderem Filme wie „Exorzist II“ und „In der Glut des Südens“ (1979 auch seine erste Oscarnominierung). Und natürlich begleitete Morricone auch seinen Freund Leone in die USA, als dieser dort „Es war einmal in Amerika“ machte. Mit dem 1987 für einen Oscar nominierten und mit dem Golden Globe ausgezeichneten „Mission“ für Roland Joffé machte er in den USA auch seinen nach Meinung vieler Kritiker besten Score überhaupt.
Weitere Oscarnominierungen für seine Arbeit an Hollywood-Produktionen gab es dann auch kurz darauf für „The Untouchables – Die Unbestechlichen“ (1988) und „Bugsy“ (1992).
… und um die Welt
Doch Morricone arbeitete nicht nur in Italien und den USA, sondern immer dort, wo er es interessant fand, er auf kreative Filmemacher stieß, die ihm seine ihm so wichtigen Freiheiten gaben. Weil viele deutsche Filmemacher in Italien günstig produzierten, war er so schon 1966 an der Musik von „Agent 505 – Todesfalle Beirut“ beteiligt.
Später vertonte er unter anderem auch Maximilians Schells „Der Richter und sein Henker“ und natürlich die außergewöhnliche Gemeinschaftsproduktion „Deutschland im Herbst“.
Ein immer moderner Komponist
Rund um die Welt zu arbeiten, sich nicht von Hollywood vereinnahmen zu lassen und immer wieder auch kleinere Indie-Produktionen zu vertonen war genauso für Morricone typisch, wie sich ständig weiter zu entwickeln.
So verwundert es auch nicht, dass er bis ins hohe Alter produktiv blieb – was ihm zuletzt auch noch seinen längst überfälligen ersten richtigen Oscar gab. Nachdem er 2001 das erste Mal für einen italienischen Film nominiert wurde (für „Der Zauber von Malèna“ von Giuseppe Tornatore, dessen Filme wie „Cinema Paradiso“ - übrigens auch einer seiner allerbesten Scores - er regelmäßig musikalisch untermalte), schien 2007 mit dem Ehrenoscar dieses Kapitel eigentlich abgeschlossen. Doch 2016 gab es für seinen Score für Quentin Tarantinos „The Hateful Eight“ doch noch den Goldjungen für die beste Filmmusik.
Die zwei Lücken in Morricones Werk
Während seiner Karriere arbeitete Morricone mit einigen der größten Regisseurinnen und Regisseuren der Filmgeschichte, doch mit zwei Legenden arbeitete er nie, was er wiederholt in Interviews bereute.
Obwohl er so viele Szenen von Clint Eastwood mit ikonischer Musik versah, veredelte er nie einen von Eastwood inszenierten Film. Und sehr bedauert soll er haben, dass ihn ausgerechnet sein Kumpel Sergio Leone um eine Zusammenarbeit mit Stanley Kubrick brachte. Der wollte Morricone für den Score von „Uhrwerk Orange“, doch Leone behauptete, der Komponist habe noch alle Hände voll zu tun mit einem seiner Filme (was nicht stimmte).
Nun ist Ennio Morricone am heutigen 6. Juli 2020 im Alter von 91 Jahren in Rom gestorben.