Shooting Star Lily James (aus „Baby Driver“ und „Cinderella”) klettert die Karriereleiter gerade ziemlich steil herauf. In Joe Wrights herausragendem Politthriller „Die dunkelste Stunde“ kann wenig überraschend niemand mit der Strahlkraft von Gary Oldmans überragender Performance als britischer Premierminister Winston Churchill mithalten, aber die 28-jährige Britin hat dennoch alles richtig gemacht mit ihrer Nebenrolle als Churchills junge Sekretärin Elizabeth Layton, weil sie sich in den gemeinsamen Szenen mit Oldman nicht an die Wand spielen lässt und ihrer Karriere mit diesem historischen Film weiteres Profil verleiht.
FILMSTARTS: Du bist nach „Downton Abbey“ und „Krieg und Frieden“ zurück im Historiengenre. Wie hat sich das angefühlt?
Lily James: Das war prima, selbst wenn die Handlung im Zweiten Weltkrieg spielt und ich keine Liebesgeschichte oder Romanze habe, sondern diese junge Frau spiele, die für Winston Churchill arbeitet.
FILMSTARTS: Was hat dich an dieser eher kleineren Rolle der Elizabeth Layton so gereizt?
Lily James: Zunächst hat mich das Projekt interessiert, weil ich so mit Joe [Wright] und Gary [Oldman] arbeiten konnte. Als ich dann Elizabeth Laytons Buch „Winston Churchill By His Personal Secretary Elizabeth Nel“ gelesen habe, haben mich ihre Person, ihre Erfahrungen und Hingabe so reingezogen, dass ich mich emotional mit ihr verbunden fühlte. Ich bewundere, was sie und viele andere junge Frauen während des Krieges geleistet haben.
FILMSTARTS: Biopics wie „Die dunkelste Stunde“ erhalten oft Nominierungen für Filmpreise. Erhöht das den Druck für dich?
Lily James: Nicht für mich. [lacht laut] Man begibt sich auf gefährliches Terrain, wenn man Filme macht und hofft, anschließend Preise abzuräumen. Aber mit einer Rolle wie Garys ist es genauso schwierig, das komplett zu ignorieren. Trotzdem glaube ich, dass er das gut hinbekommt. Es ist so beeindruckend und wahnsinnig, was Gary da geleistet hat.
FILMSTARTS: Um eine berühmte Weisheit zu zitieren: Hinter jedem guten Hauptdarsteller steckt immer eine Reihe guter Nebendarsteller. Glaubst du, Gary Oldman hätte seine Golden-Globe-Nominierung ohne deine Performance bekommen?
Die dunkelste StundeLily James: Gary kommt gut ohne mich klar. [lacht] Wir sind alle aufeinander angewiesen. Ohne die anderen Schauspieler gäbe es keine Szenen, keinen Film. Man muss aufeinander reagieren. Ich denke, Kristin Scott Thomas ist phänomenal in diesem Film. Und Ben Mendelsohn ist herausragend als König und Stephen Dillane ist toll als Halifax. Da hat sich ein großartiger Cast um Gary Oldman versammelt, der die Geschichte bereichert und ihr Halt gibt.
FILMSTARTS: Wie hast du reagiert, als du Gary Oldman zum ersten Mal am Set in voller Maskierung gesehen hast?
Lily James: Das war verrückt. Es gibt tatsächlich ein Foto meiner Reaktion bei den Proben. Er kam als Churchill. Als ich ihn in den Raum kommen sah… das war wahnsinnig. So real. Man erkannte Gary nur an den Augen. Er benutzte Churchills Stimme. Ich war richtig geschockt.
Lily James: "Patriotisch bin ich schon"
FILMSTARTS: Was wäre, wenn du in der Zeit des Zweiten Weltkriegs gelebt hättest, was hättest du gemacht? Hättest du dich gemeldet, in der ersten Reihe mitzuhelfen wie Elizabeth Layton oder dich auf dem Land versteckt? Was ist dein natürlicher Instinkt?
Lily James: Ich hoffe, dass ich mich freiwillig gemeldet und alles getan hätte, was ich kann. Man kann es in Churchills Reden sehen, da sind dieser Patriotismus und diese Einigkeit, der Wille, die eigene Familie zu beschützen.
FILMSTARTS-Interview mit Gary Oldman und Joe Wright zu "Die dunkelste Stunde": "Rollen gewinnen Oscars, nicht Schauspieler!"FILMSTARTS: Bist du denn heute patriotisch?
Lily James: Bin ich schon, auch wenn die jüngsten Ereignisse und politischen Verwerfungen mich weniger patriotisch gestimmt haben. Aber generell schon, ja. Ich liebe England.
FILMSTARTS: Nicht wenige Schauspieler können es nicht ertragen, sich selbst auf der Leinwand zu sehen. Wie gehst du damit um?
Lily James: Wenn ich mich das erste Mal nach den Dreharbeiten auf der Leinwand sehe, nehme ich das einfach so an - und alle Entscheidungen, die ich getroffen habe und was ich gespielt habe. Man sollte einfach ehrlich zu sich selbst sein. Hier habe ich gedacht: „Wow, warum spreche ich mit einer so hohen Stimme?“ [lacht] Ich konnte mich daran nicht mal mehr erinnern.
FILMSTARTS: Wie suchst du deine Rollen aus? Ist das ein langer Prozess, grübelst du darüber nach oder bist du schnell entschlossen?
Lily James: Ich habe ehrlich gesagt erst in jüngster Zeit überhaupt die Möglichkeit bekommen, tatsächlich zu wählen. Am Anfang der Karriere willst du einfach nur arbeiten, willst Beziehungen und Verbindungen mit Regisseuren und Studios aufbauen. Aber nun versuche ich mir meine Zeit zu nehmen und nichts überstürzt zu unterschreiben. Und mutig will ich sein, die Größe einer Karriere misst sich auch daran, wozu man „Nein“ gesagt hat. Es ist gut in dieser Position zu sein, selbst wenn das vielleicht nicht immer anhält. Ich versuche, nach guten Drehbüchern zu suchen, aber manchmal können die Regisseure noch wichtiger sein, weil der filmische Prozess in ihren Händen liegt. Als ich „Baby Driver“ mit Edgar Wright gemacht habe, und auch jetzt mit Joe Wright, das merkst du einfach: Die haben etwas ganz Besonderes, sie können etwas mit Charakter erschaffen.
FILMSTARTS: Kannst du etwas über deine spezielle Verbindung zur Musik erzählen? Du hast in „Cinderella“ gesungen, in dem musikalischen Actioner „Baby Driver“ gespielt und bist demnächst im Musical-Sequel „Mama Mia 2“ dabei…
Lily James: Ich liebe Musik und Singen - schon immer. Dann habe ich mir eingeredet, „ich bin eine Schauspielerin, keine Sängerin“. Ich wollte keine Musicals machen. Irgendwann begann ich aber wieder zu singen und ich merkte, wie sehr ich das liebe. Nach „Baby Driver“ kam „Mama Mia 2“ um die Ecke und ich ging nach Schweden, nahm Songs mit Benny und Björn von ABBA auf. Das war einfach fantastisch.
FILMSTARTS: Was haben Benny und Björn über dein Gesangstalent gesagt?
Lily James: Die waren tatsächlich großartig. Wir hatten eine tolle Zeit bei den Aufnahmen. Meine Stimme hat für diese Art von Musical sehr gut gepasst. Ich mochte das wirklich sehr und hätte gern noch mehr ABBA-Songs aufgenommen.
„Die dunkelste Stunde“ startet am 18. Januar 2018 in den deutschen Kinos.