Hochmut kommt vor dem Fall, heißt es, und der einstige Hollywood-Megastar Charlie Sheen ist tief gefallen: Der zu seinen besten Zeiten bestbezahlte TV-Darsteller von allen mit knapp unter zwei Millionen Dollar Bezahlung pro Sitcom-Episode wurde Anfang 2011 nach diversen Eskapaden (unter anderem beleidigte er Showrunner Chuck Lorre) von seiner Erfolgsserie „Two And A Half Men“ gefeuert und kurzerhand durch Ashton Kutcher ersetzt. Und so ganz hat sich Sheen, trotz aller eigenen gegenteiligen Aussagen, von diesem Rausschmiss nie wirklich erholt. „Two And A Half Men“ dürfte mit einiger Wahrscheinlichkeit der letzte große Karrierehöhepunkt des mittlerweile 52-Jährigen bleiben.
Charlie Sheens Karriere seit der Kündigung bei „Two And A Half Men“
Seit seinem Rauswurf versucht Charlie Sheen, beruflich wieder in die Erfolgsspur zurückzufinden. Am erfolgreichsten war er dabei noch mit seiner FX-Serie „Anger Management“, einem kaum verhohlenen Versuch der Selbstironie. Die Serienversion des Adam-Sandler-Films „Die Wutprobe“ brachte es von 2012 bis 2014 auf immerhin 100 Episoden, erreicht jedoch auf Rottentomatoes lediglich einen (extrem miserablen) Score von 21 Prozent positiver Kritiken.
2012 war Sheen nicht nur in „Anger Management“ zu sehen, sondern spielte auch die Hauptrolle des Charles Swan III in „Charlies Welt - Wirklich nichts ist wirklich“. Die Komödie ist mit Bill Murray, Jason Schwartzman, Aubrey Plaza und Mary Elizabeth Winstead eigentlich ziemlich gut besetzt, und Regie führte zudem mit Roman Coppola immerhin der Co-Autor von Wes Andersons „Moonrise Kingdom“. Aber von dessen Qualität ist „Charlies Welt“ meilenweit entfernt (bei FILMSTARTS gab es einen kümmerlichen Stern!).
Nach dem Ende von „Anger Management“ folgten für Charlie Sheen nur noch vereinzelte Engagements, zuletzt war er in der Komödie „Mad Families“ über ein schiefgegangenes Campingwochenende dreier Familien an der Seite von „King Of Queens“-Darstellerin Leah Remini und in dem 11.-September-Kammerspieldrama „9/11“ zu sehen. Über „Mad Families“ sagte Sheen in einem Interview vom Januar 2017 mit der ABC-Talkshow „The View“, er sei hier zum ersten Mal wieder zu einer Party eingeladen worden, zu der er lange keine Einladung mehr bekommen habe. Ganz klar: Im Mainstream-Hollywood der Comedy-Fernsehfilme und -Serien hat Charlie Sheen seinen Platz am Tisch verloren, ein „Nestbeschmutzer“ wie Sheen hat es bei den Produzenten und TV-Bossen schwer.
(Privat-)Leben wieder im Griff? – Bedingt!
In seinen neuesten öffentlichen Auftritten im US-TV gibt sich Charlie Sheen demonstrativ geläutert. Nicht nur machte der Star 2015 einmal ganz andere Schlagzeilen als früher, als er seine HIV-Infektion publik machte, und engagiert sich mittlerweile für eine neuartige, die Betroffenen schonende Behandlungsmethode für das Virus. Auch betont Sheen wiederholt seine neu gefundene positive Einstellung und behauptete in der Sendung „Good Morning America“ sogar, dass ihm nichts außer Liebe entgegenschlagen würde von den Menschen, denen er in seinem Alltag begegnet. Sheen hat sich auch eine Erklärung zurechtgelegt, um seine damaligen Skandal-Auftritte im Nachhinein zu rechtfertigen: In der betreffenden Zeit hätte er aufgrund mangelnder ärztlicher Aufklärung zu viel von einer Testosteron-Creme angewandt, was zu ähnlichen Wutanfällen wie ein Steroid-Missbrauch führen würde. Dem Late-Night-Talker Conan O’Brien gegenüber, der ihn auf die Geschichte mit der Creme in seiner Sendung ansprach, sagte Sheen jedoch auch, man solle diese Tinktur keinesfalls rauchen (!)…
Alles wieder im Lot also? Nein, denn Anfang November 2017 wurde ein Missbrauchsvorwurf gegen Sheen publik, der seine Comebackversuche weiter erschweren dürfte, auch wenn der Wahrheitsgehalt der Anschuldigungen alles andere als gesichert ist. Außerdem machte sich Sheen mal wieder selbst das Leben schwer, als er in einer australischen Radiosendung zu einer erneuten Hasstirade gegen „Two And A Half Men“-Schöpfer Chuck Lorre ansetzte und den Serienmacher als „most talentless fucking sack of shit of fucking stupid“ bezeichnete.
Doch es gibt auch positive Entwicklungen in Sheens Privatleben, so scheint sich der Sohn von Hollywood-Star Martin Sheen („The West Wing“, „Apocalypse Now“) und Bruder von Schauspieler Emilio Estevez („Loaded Weapon 1“) zumindest mit seiner Ex-Frau und Mutter seiner Kinder Denise Richards („Wild Things“) wieder soweit versöhnt zu haben, dass die beiden einen gemeinsamen Abend mit ihren Kindern verbringen können. Wenn er auch beruflich wieder auf einen grünen Zweig kommen will, dann sollte der eindeutig (besonders komödiantisch) talentierte Sheen sich vielleicht ganz neuartige Rollen fern von der Ironisierung seines Wut-Images suchen. Er wäre nicht der erste Schauspieler, der sich gleichsam neu erfindet.