Clint Eastwood ist für Western-Filme und die bleihaltige „Dirty Harry“-Reihe bekannt. Doch obwohl er zwei seiner allerersten Leinwand-Auftritte vor fast 70 Jahren in den von Jack Arnold inszenierten Monsterfilm-Klassikern „Die Rache des Ungeheuers“ und „Tarantula“ hinlegte, verbindet man den heute 94-Jährigen eher nicht mit dem Horror-Genre.
Doch dass er sich dem Horror-Kino als Schauspieler kaum und als Regisseur noch gar nicht gewidmet hat, bedeutet nicht, dass Eastwood keine starke Meinung zu einzelnen Genre-Vertretern hätte. Ausgerechnet mit einem Meisterwerk, das die FILMSTARTS-Community zum drittbesten Horrorfilm aller Zeiten gekürt hat, ist der „Für eine Handvoll Dollar“-Star so ziemlich hart ins Gericht gegangen:
Die Rede ist von „Shining“ (1980), Stanley Kubricks berühmter Adaption des gleichnamigen Stephen-King-Romans mit einem wahrlich entfesselten Jack Nicholson in der Hauptrolle.
In einem Interview mit Paul Nelson, das u.a. im Sammelband „Conversations With Clint: Paul Nelson's Lost Interviews With Clint Eastwood, 1979-1983*“ zu finden ist, hat sich Eastwood nicht nur über den Film, sondern auch Stanley Kubricks Marketingstrategie lustig gemacht (via Slash Film):
„Ich habe neulich einen Scherz gemacht, weil Kubrick diesen Satz auf das Filmplakat gesetzt hatte: ‚Ein Meisterwerk des modernen Horrors‘“, so der Hollywood-Veteran. „Sogar einige Studiomanager sagten: ‚Stanley, vielleicht solltest du lieber warten, bis dieses Zitat von einem Kritiker kommt, denn es könnte sonst als ein wenig voreilig von dir angesehen werden.‘ Später sprachen wir über Werbung für ‚Mit Vollgas nach San Fernando‘ [der Fortsetzung des Eastwood-Hits ‚Der Mann aus San Fernando‘ aus dem Jahr 1980, Anm. d. Red.], und ich sagte: ‚Nun, vielleicht sollten wir ihn einfach ein Meisterwerk der modernen Abenteuerkomödie nennen.‘“
Clint Eastwood hält "Shining" für einen "gigantischen Misserfolg"
Kubrick und Eastwood standen damals beim selben Studio unter Vertrag – somit ist davon auszugehen, dass der zweifache Regie-Oscar-Preisträger („Erbarmungslos“, „Million Dollar Baby“) Zugriff auf einige Insider-Informationen hatte. Doch auch über Kubricks sehr von sich selbst eingenommenes Marketing hinaus hatte der Filmemacher rein gar nichts für „Shining“ übrig, wie er in dem Gespräch unmissverständlich deutlich machte:
„Wenn er von einem Regie-Neuling gewesen wäre, hätten sie den Film direkt aus dem Gebäude herausgebombt. Er war einfach ein gigantischer Misserfolg […] und hatte überhaupt nichts Erschreckendes an sich.“ Die Szene, in der Jack Torrance (Nicholson) den Hotelkoch Dan Hallorann mit einer Axt erschlägt, bezeichnete er als „tot“.
Tatsächlich war der Dreh der Szene für Hallorann-Darsteller Scatman Crothers eine reine Tortur: Ausgerechnet am Set eines Clint-Eastwood-Films soll er gar in Tränen ausgebrochen sein – aus lauter Erleichterung darüber, bessere Drehbedingungen vorzufinden als zuvor bei Stanley Kubrick (die ganze Geschichte lest ihr hier).
Ganz überraschend ist Eastwoods Abneigung gegen „Shining“ im Speziellen und möglicherweise auch Kubrick im Allgemeinen also nicht, schließlich könnten die beiden Regie-Legenden unterschiedlicher kaum sein – auf der einen Seite ein verbissener Perfektionist (Kubrick), auf der anderen Seite ein pragmatischer Handwerker (Eastwood).
Allein mit seiner Abneigung gegen „Shining“ ist der „Die Brücken am Fluss“-Schöpfer ohnehin nicht. Bekanntlich war auch Stephen King alles andere als ein Fan des Films, der sein Buch lieber von einem engen Vertrauten Clint Eastwoods verfilmt gesehen hätte. Welcher Regisseur sein Favorit war, erfahrt ihr im folgenden Artikel:
Statt Stanley Kubrick: Diesen Regisseur hätte sich Stephen King für "Shining" gewünscht*Bei den Links zum Angebot von Amazon handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diese Links erhalten wir eine Provision.