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    Heimkino-Highlight: Dieses berührende Meisterwerk ist einer der schönsten Filme der letzten 40 Jahre
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Er findet Streaming zwar praktisch, eine echte Sammlung kann es für ihn aber nicht ersetzen: Was im eigenen Regal steht, ist sicher vor Internet-Blackouts, auslaufenden Lizenzverträgen und nachträglichen Schnitten.

    Viele Kreative wurden in den vergangenen 40 Jahren von „Paris, Texas“ inspiriert – demnächst erhält Wim Wenders' bildgewaltiges Meisterwerk eine Heimkino-Neuauflage mit überarbeitetem Bild und Ton.

    Anlässlich seines 40-jährigen Jubiläums läuft der malerische, elegische und emotional ebenso zehrende wie bereichernde Genre-Hybrid „Paris, Texas“ wieder in ausgewählten deutschen Kinos. Falls eines in eurer Nähe dazu gehört, können wir nur empfehlen, dieses Versatzstücke des Neo-Westerns, des Roadmovies und des Familiendramas streifende Meisterwerk auf der Leinwand zu erleben – sei es zum ersten oder zum wiederholten Male.

    Für die Zeit nach der Wiederaufführung, und für alle, die kein teilnehmendes Kino in ihrer Umgebung haben, ist auch gesorgt. Der berührende, mit nachdenklich-spröder Schönheit versehende Meilenstein erhält nämlich bald eine Heimkino-Neuauflage mit restauriertem Bild und Ton: Die 40th Anniversary Edition von „Paris, Texas“ erscheint am 21. November 2024 im Heimkino!

    Als Bonusmaterial locken eine Einführung von Regisseur Wim Wenders, geschnittene Szenen, der Original-Kinotrailer und der Trailer zur diesjährigen Wiederaufführung, ein Audiokommentar, Super-8-Aufnahmen vom Dreh und als Archiv-Schatz ein Gespräch zwischen Wenders und Roger Willemsen.

    "Paris, Texas": Ein zeitloser Geniestreich

    Ein hagerer Mann (Harry Dean Stanton) stapft durch die sengende Wüste zwischen den USA und Mexiko. Als der in einem dunklen Anzug und einer rötlichen, ausgeblichenen Baseballkappe gekleidete Herr in einem Gemischtwarenladen Halt macht, wird er ohnmächtig. Ein Arzt stellt fest, dass es sich bei dem Mann wohl um den lang vermissten Travis Henderson handelt, woraufhin er dessen Bruder Walt (Dean Stockwell) verständigt. Dieser will Travis abholen, doch das schweigende Mysterium auf zwei Beinen macht sich ständig davon...

    Wer Wenders' brillanten Film über zerrüttete Träume sowie die Suche nach Sinn, Zusammenhalt und Vergebung noch nicht kennt, bislang eh kaum etwas über ihn weiß und offen für ihrem eigenen Takt folgende Erzählungen ist, hat eine unvergleichliche Möglichkeit: Filmfans, auf die dies zutrifft, sollten sich am besten ohne weitere Vorbereitungen auf „Paris, Texas“ einlassen.

    Nicht, dass dies ein mit wahnsinnigen Wendungen vollgestopfter Film sei. Jedoch ist er eine derart unvergleichliche Erfahrung, dass es sich lohnt, sie wenigstens einmal durchzumachen, ohne zu wissen, in welchem Tempo uns Travis wie und warum an verschiedenen Genre-Motiven und Stimmungen entlangschlendern lässt.

    Spröde Schönheit, träumerische Farben, magnetische Figuren

    Gleichwohl ist das elegisch erzählte, mit fesselnder Bildsprache und faszinierenden, vielschichtigen Figuren versehende Meisterwerk so bestechend konstruiert, dass es ein wahrhaftiger Genuss ist, immer wieder zu ihm zurückzukehren.

    Denn Wenders und Drehbuchautor Sam Shepard (der zuvor mit „Zabriskie Point“ eine der Inspirationsquellen für „Inception“ verfasste) reihen ein eindrucksvolles, wie ein für sich stehender Kurzfilm strukturiertes Kapitel an das nächste. Und ehe man sich versieht, hat man eine lange, emotional verworrene Reise mit diesen Figuren hinter sich.

    Dieser irre, viel zu unbekannte Flop diente als Inspiration für den spektakulären Look von "Inception"

    Wenders und Sheppard lassen uns ihre Figuren in Glanzmomenten und an argen Tiefpunkten bespitzeln, und fügen die ästhetisch unterschiedlichen Sinnabschnitte dieser Reise zu einer makellos strukturierten, gefühlvollen Odyssee zusammen, die sich um Einsamkeit, Annäherung, Wiedergutmachung und Eingeständnisse dreht. Die von Kameramann Robby Müller in eindringlichen Farben festgehaltenen Impressionen eines desillusionierten respektive desillusionierenden Amerikas zahlen dabei kontinuierlich, aber nie affektiert auf die enttäuschten beziehungsweise enttäuschenden Charaktere ein.

    Und obwohl „Paris, Texas“ Gänsehaut-Monologe umfasst, treffen in diesem unter anderem von Wes Anderson, „Skyfall“-Regisseur Sam Mendes und „It Follows“-Macher David Robert Mitchell gefeierten Klassiker vor allem Taten und räumliche Abstände die stärksten Aussagen. Beispielsweise kommt es zu einem ein erst widerwillig-gleichzeitigen, letztlich gemeinschaftlichen Spaziergang zwischen Vater und Sohn, der auf unnachahmlich schöne Weise fast wortlos eine zögerliche Aussöhnung illustriert.

    Und wenn nach fast einer Stunde Laufzeit Nastassja Kinski den Film betritt, erfindet nicht nur er sich neu – auch Travis erscheint in einem völlig neuen Licht. Der Austausch zwischen Stanton und der umwerfenden Kinski, die selbst innerhalb einer einzelnen Silbe glaubhaft von Stolz zu Schmerz und zurück wechselt, gehört zu den berührendsten sowie vielschichtigsten Zwiegesprächen der vergangenen vier Filmdekaden. Selbst dann, wenn man den Ton wegdreht – so sehr gehen hier Mimik, Gestik und Bildsprache unter die Haut!

    Der japanische Meisterregisseur Akira Kurosawa zählte „Paris, Texas“ zu seinen 100 Lieblingsfilmen und stellte das mit wehmütiger Musik unterlegte Drama somit auf eine Augenhöhe mit Werken wie „Fitzcarraldo“, „Der Pate II“ und „Lawrence von Arabien“. Ein weiterer von Kurosawas Lieblingsfilmen kehrt bald ebenfalls in restaurierter Form ins Heimkino zurück:

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