Wer Filme jeglicher Couleur liebt, kommt nicht an Krzysztof Kieślowski vorbei: Der polnische Ausnahmeregisseur stemmte sogleich zwei ruhmreiche Filmreihen und hat sich einen Ehrenplatz im Pantheon des europäischen Kinos erarbeitet.
Insbesondere seine „Drei Farben“-Trilogie gilt als Muss für alle Filmfans, die mehr als das Genrekino und Blockbuster lieben. Daher ist es ein Jammer, dass man nur noch schwer an ihre 2013 veröffentlichte Blu-ray-Gesamtedition gelangt. Doch dieses Problem verflüchtigt sich: Am 4. Juli 2024 erhält die „Drei Farben“-Trilogie endlich eine Blu-ray-Neuauflage!
Die Box macht die gefeierten Filme „Drei Farben: Blau“, „Drei Farben: Weiß“ und „Drei Farben: Rot“ nicht bloß wieder verfügbar: Alle drei Filme wurden für diese Neuauflage aufwändig restauriert und erscheinen somit in neuem Glanz und Klang. Darüber hinaus enthält die Edition ein Juwel, das die alte Box nicht zu bieten hatte:
Die neue „Drei Farben“-Box umfasst als Bonus das preisgekrönte, übernatürliche Drama „Die zwei Leben der Veronika“, das somit seine lang erwartete HD-Premiere im deutschen Heimkino feiert. Bislang war der gleichermaßen schöne wie unterschwellig unheimliche Klassiker allein auf DVD verfügbar – und selbst die wurde auf dem Gebrauchtmarkt für teils stattliche Summen gehandelt.
Das ist die "Drei Farben"-Trilogie
In der thematischen Trilogie ließ sich Kieślowski von der französischen Flagge und Frankreichs Wahlspruch „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ inspirieren: Jeder der drei Filme steht für eine Farbe und einen der drei Werte, auf denen die Republik Frankreich ruht. Allerdings formt Kieślowski diese Elemente französischen Nationalstolzes zu universellen Ästhetiken und allgemeingültigen ethischen Konzepten.
Des Weiteren sind alle Filme, trotz ihrer tonalen Unterschiede, durch eine doppelbödige Erzählweise und eine leichte, wirksame Prise Ironie verbunden. Bei „Drei Farben: Blau“ handelt es sich um ein Psychodrama über (emotionale) Freiheit, in dem Juliette Binoche eine Frau spielt, die bei einem schweren Unfall ihre Tochter und ihren Mann verliert. Daraufhin versucht sie, sich von sämtlichen menschlichen Bindungen loszusagen – was deutlich schwieriger ist, als sie denkt.
In „Drei Farben: Weiß“ geht es um Gleichheit: Der schüchterne Karol (Zbigniew Zamachowski) von seiner Frau Dominique (Julie Delpy) verlassen und gedemütigt. Daraufhin verliert er nicht bloß sein Hab und Gut, sondern auch all seine Freunde und wird zum von Rachegelüsten angetriebenen Bettler. Kieślowski erzählt dies als Mischung aus Psychodrama, Satire und absurd-trockener Komödie.
„Drei Farben: Rot“ letztlich dreht sich um das Motiv der Brüderlichkeit und entfaltet sich als Drama über eine Studentin (Irène Jacob) und einen Richter (Jean-Louis Trintignant): Sie scheinen in ihren ganz eigenen Sphären zu leben, begegnen sich aufgrund einer unnötigen Tragödie und müssten sich daher eigentlich hassen. Aber das Schicksal hat anderes mit ihnen vor...
Alle drei Filme sind eindrucksvoll gefilmt und weisen ihre titelgebende Farbe als markantes ästhetisches Motiv auf – und es gibt auch kurze inhaltliche Überschneidungen zu entdecken!
Das ist "Die zwei Leben der Veronika"
Die polnische Musikstudentin Weronika (Irène Jacob) träumt davon, ein erfolgreiches Leben als Sängerin zu führen. Allerdings holt sie ein unheimliches Gefühl ein: Sie ist überzeugt, dass es eine zweite Version von ihr gibt – und diesem Mysterium will sie nachgehen. Wie sich herausstellt, liegt Weronika mit ihrem sonderbaren Gefühl richtig:
Die Pariser Chorsängerin Veronique (ebenfalls Irène Jacob) gleicht Weronika bis aufs Haar und wurde sogar am selben Tag geboren. Doch sie lässt ihre Musiklaufbahn plötzlich hinter sich, als sie von einer unerklärlichen Trauer überkommen wird...
Das poetische, von gespenstischer Stimmung erfüllte Drama dreht sich um abrupte, tragische Ereignisse sowie die Suche nach Identität und Erfüllung. Außerdem fängt Kieślowski meisterlich das Gefühl einer aus dem Nichts kommenden Trauer ein – und er gibt seinem Publikum Raum, individuell auf den Film zuzugehen:
„Die zwei Leben der Veronika“ funktioniert als kunstvoll umgesetzte, melancholische Schauermär, die man ohne tiefere Erklärung auf sich wirken lassen kann. Ebenso lässt er sich als Auseinandersetzung mit der Frage auffassen, wie anders das eigene Leben wäre, wäre man in andere Umstände geboren worden. Und der Film lässt sich als hypnotische Allegorie auf die Differenzen lesen, wie der Verlauf der Geschichte den Umgang mit Kultur in Frankreich und Polen beeinflusste.
Vor allem aber ist „Die zwei Leben der Veronika“ eine schauspielerische Tour de Force und ein Schaulaufen für schaurig-schöne Kameraarbeit. Außerdem zeigt Kieślowski unvergleichliches Puppentheater, das die Geschichte stimmungsvoll abrundet.
Falls euch Kieślowski mit diesen vier betörend schönen Filmen in seinen Bann gezogen hat, solltet ihr euch keinesfalls die Filmreihe entgehen lassen, die er vor der „Drei Farben“-Trilogie inszenierte: Vor wenigen Wochen erhielt Kieślowskis gefeierter „Dekalog“ eine neue Komplettbox!
Beim „Dekalog“ handelt es sich um einen Filmzyklus mit einer Gesamtlaufzeit von 563 Minuten. Jeder der zehn Filme ist jeweils einem der zehn Gebote gewidmet, deren Bedeutung Kieślowski in die Gegenwart versetzt. Dank einer radikalen Ästhetik und berührenden Geschichten ist so ein trauriger, rührender, tröstlicher, schockierender und überraschender Zehnteiler entstanden, der seinesgleichen sucht.
Wenn euch aber der Sinn nach leichterer Kost steht: Ein Western-Actioner mit Kultstar Bud Spencer feierte kürzlich HD-Weltpremiere. Vielleicht ist das ja mehr nach eurem Geschmack! Mehr zu diesem Heimkino-Tipp erfahrt ihr im folgenden Artikel:
Weltpremiere im Heimkino: Western-Action-Abenteuer mit Bud Spencer erscheint zum ersten Mal auf Blu-ray*Bei den Links zum Angebot von Amazon handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diese Links oder beim Abschluss eines Abos erhalten wir eine Provision. Auf den Preis hat das keinerlei Auswirkung.