„Die Entführung der U-Bahn Pelham 1 2 3“ wird gerne als einer der schwächeren Filme von Tony Scott bezeichnet. Dem kann ich nicht zustimmen. Er ist deutlich besser als seine wirklich schwächsten Filme (das sind natürlich „Beverly Hills Cop II“ und „Top Gun“). Und er ist zwar nicht ganz so herausragend wie seine absoluten Highlights (u. a. „Unstoppable“, „Der Staatsfeind Nr. 1“, „The Last Boy Scout“ oder „True Romance“), aber trotzdem ein sauspannender und immer wieder sehenswerter Thriller.
Das liegt nicht nur an Scotts mal wieder eigenwilliger und exquisiten Inszenierung und einem auch hier wieder neuen Ansatz für einige seiner wiederkehrenden Themen, sondern auch am großartigen Darsteller-Duell im Mittelpunkt: Denzel Washington vs. John Travolta.
Daher freue ich mich, dass ich euch heute den Film endlich mal empfehlen kann. Denn im TV läuft er meist gewaltig gekürzt. In der FSK-12-Fassung fehlen nicht einfach knapp vier Minuten, die ganze erbarmungslose Brutalität von Travoltas Zugentführer verschwindet, mehrere intensive Dialoge zwischen ihm und Washingtons Held wider Willen fehlen. Doch zum Glück gibt es „Die Entführung der U-Bahn Pelham 1 2 3“ ab heute in der ungekürzten FSK-16-Fassung bei Netflix.
Das Anschauen lohnt sich, denn das einzige Remake (der herausragende „Mann unter Feuer“ ist eine Neuverfilmung des Romans und kein Remake des ersten Films) in der Karriere von Tony Scott ist absolut sehenswert.
"Die Entführung der U-Bahn Pelham 1 2 3": Spannendes Star-Duell
Wie bei Joseph Sargents Original-Thriller „Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123“ wird auch in Scotts Remake eine New Yorker U-Bahn entführt. Gangster Ryder (John Travolta) bringt mit seiner schwerbewaffneten Gang Zug Pelham 1 2 3 samt zahlreicher Geiseln in seine Gewalt. Innerhalb von 60 Minuten will er mehrere Millionen Dollar, sonst sterben nach und nach die Menschen in der Bahn.
Sein Funkspruch landet zufällig bei Fahrdienstleiter Walter Garber (Denzel Washington), der sich bald gezwungen sieht, die Verhandlungen zu führen. Denn Ryder macht mit schonungsloser Brutalität klar, dass er keinen anderen Gesprächspartner akzeptiert.
Übrigens: Das ebenfalls starke Original „Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123“ gibt es seit wenigen Tagen bei Amazon Prime Video im Abo:
Warum Scott der Stoff gereizt hat, wird schnell klar: Ob „Top Gun“, „The Fan“, „Last Boy Scout“, „Unstoppable“ oder „Spy Game“ sind Scotts Filme oft von einer besonderen „Männerliebe“ geprägt – und da bildet auch „Die Entführung der U-Bahn Pelham 1 2 3“ keine Ausnahme. Denn auch wenn Garber und Ryder Gegner sind, arbeitet Scott nach und nach heraus, wie ähnlich sie sich doch sind, wie sie auch einen gewissen Respekt füreinander aufbauen.
So gut war John Travolta nur in einer anderen Bösewicht-Rolle
Die aufgeladenen Dialoge zwischen den beiden Hauptfiguren sind so ein Highlight des Films – grandios umgesetzt von Scotts Lieblingsdarsteller Denzel Washington und John Travolta, der den Psycho-Bösewicht nur für John Woo („Face/Off“, „Operation: Broken Arrow“) noch besser spielte. In einem tollen Cast mit u.a. noch James Gandolfini, John Turturro und Luis Guzmán sind sie die tragenden Säulen.
Zudem gab und gibt es kaum einen Regisseur, der Suspense-Geschichten rund um einen Kampf gegen die Uhr besser in Szene setzen kann als der leider 2012 verstorbene Scott. Das hat er in „Crimson Tide“ und „Unstoppable“ jeweils ebenfalls mit Denzel Washington hochklassig getan. In „Die Entführung der U-Bahn Pelham 1 2 3“ ist es vielleicht eine Spur weniger gelungen, etwas formelhafter, aber trotzdem immer noch richtig stark.
Das liegt vor allem an Scotts Stil. Vor einer New York gerade heimsuchenden Hitzewelle (Hitze und schwitzende Männer sind weitere Markenzeichen des Regisseurs) stülpt er der Geschichte seinen eigenen (vor allem visuellen) Ansatz über.
Mit schnellen Schnitten, rasanten Bildern, einem treibenden Score und ganz eigenen Farbpaletten für jedes Szenario steigert Scott die Anspannung über das eigentliche Geschehen um ein Vielfaches hinaus. Das mag der eine oder die andere vielleicht anstrengend finden (und ist es selbst bei Scott manchmal – siehe „Domino“). Ich finde gerade „Die Entführung der U-Bahn Pelham 1 2 3“ ist ein sehr gutes Beispiel, wo dieser flirrend-hektische Stil den Inhalt noch verstärkt.
Daher sehe ich „Die Entführung der U-Bahn Pelham 1 2 3“ immer wieder gerne und bin jedes Mal aufs Neue begeistert.
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Dies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.