So ganz kann ich den Hype nicht nachvollziehen. Okay, Oppenheimer ist ein ganz guter Film, aber mehr als 3 Sterne sind sicher nicht drin. Dafür ist mir der Film zu unfertig und irgendwie nicht durchgegart. 3 Stunden lang (was übrigens viel zu lang ist!!!!) eiert der Film ständig zwischen den Polen Biopic, Gerichtsdrama und Geschichtsstunde hin und her und kann sich doch nicht entscheiden, was er denn jetzt eigentlich will.
Als Bopic taugt er jedenfalls nix, da eigentlich nur wenige Stationen aus dem Leben von Oppenheimer gezeigt werden und diese auch nur im Vorbeiflug ohne Tiefgang. Als Gerichtsdrama taugt er auch nix, da die Szenen zu sehr von der restlichen Handlung zerfleddert werden und zu keinem Zeitpunkt irgendwie fesseln oder auch überhaupt nur Interesse wecken. Und als Geschichtsfilm taugt er dann auch nix, da er uns nichts zeigt, was wir nicht vorher schon wussten und selbst dies relativ belanglos und langweilig erzählt wird.
Was also will der Film mir denn nun am Ende sagen? Die Frage ob Oppenheimer nun Held oder Massenmörder war, muss eh jeder für sich entscheiden, zu dieser Diskussion trägt der Film absolut nichts bei. Und deswegen ist der Film dann auch zu lang. Okay, er ist schon ganz gut gemacht, Cilian Murphy hat hier sicherlich seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht, der Cast liest sich ein bisschen wie das aktuelle Hollywood-Who-is-Who, aber so wirklich fesseln kann der Film zu keinem Zeitpunkt. Am Ende wartet man nur noch darauf, dass er endlich seine Bombe testen kann und dann ist der Film hoffentlich bald vorbei. Die Auflösung des Gerichtsdramas interessiert da eh niemanden mehr, zumal das Ganze so lahm und uninspiriert erzählt wird, das man sich überhaupt fragt, was soll das? Und dann geht die Storyline am Ende dann so banal und unspektakulär aus, das man sich unweigerlich fragt: „Häh? Und jetzt? Wozu das Alles???“
Und über das Leben von Oppenheimer hab ich jetzt auch nicht wirklich was erfahren, außer dass er alle namhaften Physiker seiner Zeit kannte, die auch (warum eigentlich?) alle irgendwie im Film auftauchen mussten. Dabei werden auch die quantenphysikalischen Zusammenhänge (ja, die vor denen die Filmstarts-Redaktion so Angst hatte…) zu keinem Zeitpunkt irgendwie mal thematisiert. Außer einzelnen Stichworten („Kritikalität“ hier und „Protonenfluß“ dort) kommt nichts darüber im Film vor. Ebenso verhält es sich mit der Mechanik der Bombe, auch hier werden die physikalischen Grundlagen nur angedeutet aber zu keinem Zeitpunkt ausformuliert. Es ist also schlichtweg egal, wie die Bombe funktioniert, es ist halt alles ganz kompliziert…
Hier liegt vielleicht noch etwas Potenzial verborgen, die Mini-Serie Chernobyl hat immerhin gezeigt, wie man komplizierte physikalische Zusammenhänge auch einem breiten Laienpublikum gut verständlich präsentieren kann. Statt der sinnlosen Gerichtsverhandlung (die ja noch nicht einmal eine ist, sondern lediglich eine Anhörung) hätte man hier eher noch etwas physikalisch-theoretischen Unterbau einbingen können, dann wär der Film vielleicht aus einer wissenschaftlichen Perspektive noch irgendwie ansprechend gewesen. Auch hätte man den Film etwas deutlicher in den historischen Kontext setzen können, spielt er doch zu einer sehr dramatischen Epoche der Weltgeschichte. Aber außer „wir müssen schneller als die Nazis sein“ passiert da auf dieser Ebene auch nix, in einem Nebensatz wird kurz erwähnt, dass Hitler in Polen einmarschiert, ein paar Szenen später ist Hitler dann plötzlich tot, was auch irgendwie niemanden so richtig zu interessierten scheint. Von einem die ganze Welt überziehenden Krieg spricht da niemand – außer Oppenheimers geheimer Kontrahent, Niels Bohr. Und dass gerade diese von Kenneth Branagh gespielte Figur, die kaum mehr als 3 Minuten Screentime hat, die Szenerie mal ansatzweise in einen größeren Kontext hievt, ist fast schon ironisch und ungewollt komisch. Die Bedeutung von Oppenheimer und seiner Bombe vor dem gesamtpolitischen und historischen Hintergrund bleibt ansonsten komplett im Dunkeln.
Also was bleibt unter dem Strich: Drei Stunden Drama, davon ein Drittel (die Anhörung) belanglos, ein Drittel (der biografische Teil) unspektakulär und ein Drittel (Geschichtsstunde) irgendwie zu oberflächlich. Man kann sich den Film schonmal anschauen, aber von einem Meisterwerk ist er weit entfernt – und das sage ich also absoluter Christopher Nolan-Fan! Ich hatte mir mehr erwartet und war dann doch irgendwie enttäuscht…