TENET
Tenet ist der neueste Film von Starregisseur Christopher Nolan und erschien 2020 in den Kinos. Es wurde unglaublich viel Wirbel um diesen Film gemacht, das ist mittlerweile schon wieder zwei Jahre her. Dieses Werk kam unterschiedlich gut an. Von schlecht bis gut war alles dabei, zumindest die positiven Meinungen überwiegten dann aber doch recht deutlich. Doch normalerweise ist man von den Nolan Filmen ja immer Lob im Übermaß gewohnt, das war hier dann ja auch nicht der Fall. Da stellt sich also jetzt die Frage: Wie gut ist Tenet ?
Zuerst sollte dafür die Handlung klar sein, natürlich ohne Spoiler. Der Protagonist des Films wird von John David Washington gespielt, dem Sohn von Denzel Washington, der ein CIA-Agent ist. Er wird der Geheimoperation Tenet zugewiesen. Dann erfährt er, dass es Menschen in der Zukunft gelingen wird, die Entropie umzukehren. Objekte invertieren also temporal. Das ist z.B. bei Schusswaffen der Fall. Dem Protagonisten gelingt es letztendlich, den Besitzer dieser Gegenstände anhand vorhandener Gegenstände mithilfe seines neuen Kollegen Neil, gespielt von Robert Pattinson, herauszufinden. Es ist der Russe Andrei Sator, gespielt von Kenneth Branagh. Um an ihn heranzukommen, nehmen die beiden Tenet-Agenten sich Sators Frau Katherine, genannt „Kat“, gespielt von Elizabeth Debicki, zur Hilfe, die ihren Mann abgrundtief hasst. Dann entwickelt sich ein spannender Showdown immer weiter. Es gibt immer wieder neue Twists, harte Actionszenen und wie man es von Nolan kennt: viele Dialoge.
Das klang jetzt wahrscheinlich nicht wirklich kompliziert, ist es aber. Christopher Nolans Filme sind ja keine, die leicht zu verstehen sind. Doch mit Tenet stellt er alles noch einmal in den Schatten. Dieser Film ist so unfassbar komplex und offenbart völlig neue Dimensionen, was ja auch erst einmal nicht schlecht klingt. Es ist folgendermaßen: Bei Tenet muss man absolut jede Sekunde aufpassen und sich konzentrieren. Doch an das muss man sich auch immer zurückerinnern können. Sicher gibt es Leute, denen das gefällt, doch das gilt ja längst nicht für jedermann. Das muss man noch nicht als Kritik bezeichnen, doch den folgenden Punkt schon. Es werden ziemlich viele Sachen in bester Nolan Manier erklärt, aber viele davon sind überhaupt nicht wichtig. Viele wichtige Sachen, z.B. wofür die Masken sind, die alle die ganze Zeit tragen, werden kaum bis gar nicht erklärt.
Man könnte jetzt sagen, dass man ja genug Zeit hat, über alles nachzudenken. Hat man aber nicht. Die Szenen fliegen nur so von einer zur Nächsten, was man dem Schnitt von Jennifer Lame zu verdanken hat. Es ist zum Glück nicht übertrieben, aber der Zuschauer hat keine Zeit zum Nachdenken.
Um an diese Verständnissache noch einmal anzuknüpfen, wäre da noch zu bemerken, dass es die vielen Twists noch schwieriger machen. Ein Film, der ohnehin so kompliziert ist, sollte es nicht unnötig noch schlimmer machen.
Ein weiterer Kritikpunkt sind die Charaktere. Sie haben leider absolut keine Tiefe. John David Washington spielt in diesem Film von Anfang an einen Agenten, der sich überhaupt nicht mehr weiterentwickeln muss. Er kann super kämpfen, trainiert viel und tut alles für seinen Job. Aber er kennt nicht mehr als seinen Job. Es gibt eine Szene, in der er mit Elizabeth Debicki´s Charakter auf einer wundervollen Aussichtsplattform steht. Einziges Thema: Informationen über Sator. Und das ist immer so. Er hat nur seinen Job im Kopf und sieht das Schöne am Leben gar nicht mehr. Dabei wäre John David Washington perfekt gewesen, wenn seine Figur etwas lockerer wäre. So können sich die Zuschauer nicht mit ihm identifizieren. Bei den anderen Figuren ist es dann genauso. Sie haben absolut keinen Tiefsinn, über ihre Vergangenheit ist nichts bekannt.
Dafür können die Schauspieler allerdings nichts. Ihre Leistung sollte durchaus gelobt werden. John David Washington wirkt trotz der aufgezählten Schwächen seiner Figur überhaupt nicht unsympathisch. Robert Pattinson war ebenfalls super. Mit ihm können die Zuschauer sich definitiv noch am Meisten identifizieren. Er macht Witze, lacht auch öfters und ist nachvollziehbar. Pattinsons Figur ist die, die noch am Besten geschrieben wurde.
Nachvollziehbar ist Elizabeth Debicki ja auch und ihre schauspielerische Leistung kann sich durchaus sehen lassen. Ihre Motivation bei Sator zu bleiben ist schließlich einzig und allein ihr Sohn. Problem: Den Sohn sieht man so gut wie nie, höchstens eine halbe Minute im Film. Dass Kinder die Motivation sind, war ja auch schon in Inception der Fall. Doch da war es nachvollziehbarer. Das lag zum Einen an di Caprios fantastischem Schauspiel und zum Anderen, dass die Kinder viel öfter als in Tenet erwähnt wurden. Hier wird der Sohn aber kaum angesprochen. Wenigstens der Hass von Katherine ist zu verstehen. Denn Sator ist einfach durch und durch böse. Und an der Stelle muss man Kenneth Branagh loben. Als Regisseur taugt er zwar nichts, doch er ist ein wirklich guter Schauspieler. Obwohl er Ire ist, hat er den russischen Bösewicht sehr glaubwürdig verkörpert.
Doch da gibt es nun ein ganz grundliegendes Problem. Die Figur von Kenneth Branagh ist die am Schwächsten geschriebene. Er hat Bauchspeicheldrüsenkrebs und nicht mehr lange zu leben. Er will Selbstmord begehen, dabei aber die Welt mitnehmen. Wenn er sie nicht haben kann, sollen die anderen Menschen sie auch nicht haben können. Und da merkt man, wie dämlich das klingt. Es macht einfach keinen Sinn, auch wenn man durch und durch böse ist. Es ist hier einfach klar zu erkennen, dass Christopher Nolan, der auch das Drehbuch schrieb, nach irgendeiner passenden Motivation gesucht hat, aber keine gefunden hat.
Doch es gibt auch noch einen weiteren positiven Punkt für diesen Film: die Musik. Der junge schwedische Komponist Ludwig Göransson wurde hier von Nolan für diesen Film ausgewählt. Er hat z.B. schon die Musik für Venom oder Black Panther gemacht. Und seine Klänge passen einfach wie die Faust aufs Auge zu diesem Film. Göransson hat auch wieder seine ganz eigenen sphärischen Töne erklingen lassen, die dem Film etwas Besonderes geben. Besonders wenn es gewaltige Bilder sind, ist die Musik noch gewaltiger.
Und damit kommt nun die größte Stärke des Films: die Bilder. Nolans neuer Kameramann Hoyte van Hoytema begleitet den Zuschauer auf dessen Reise durch Tenet die ganze Zeit mit spektakulären Aufnahmen. Die beste Aufnahme ist vielleicht auch gleichzeitig die beste Szene des Films. Dem Zuschauer wird in Norwegen ein riesiges Flugzeug präsentiert, welches allerdings, wie von den Agenten geplant, für eine riesige Explosion sorgt. Die Kameraeinstellung lässt das Flugzeug noch einmal viel größer aussehen, als es eigentlich ist. Es kommt eine gigantische Szene dabei zustande, die man so schnell nicht vergisst. Doch auch andere Szenen bringen wie gesagt unglaubliche Bilder hervor.
Zu loben sind auch die Stuntmans, was bei denen, die bei Nolan mitmachen, allerdings immer der Fall ist. In einer Szene muss man sie hier aber dennoch erwähnen. Dort fahren Autos auf einmal nämlich rückwärts. Dazu wurden keine Effekte genutzt, nein, es saß wirklich jemand am Steuer, der das Auto mit voller Geschwindigkeit rückwärts gefahren ist. Wie sonst kommen also mal wieder keine schlechten Animationen, sondern höchst realistische Bilder bei einem Nolan Film zustande.
Wie viele Punkte verdient dieser Film also nun ? Er kam zu einer Zeit ins Kino, in der es ewig keine Kinoerlebnisse wegen der Pandemie mehr gegeben hat. Dieser Film ist locker gut genug, um zu dem damaligen Zeitpunkt dafür ins Kino zu gehen. Und auch heute, nachdem das Kino wieder wie in alten Zeiten Filme auf die Leinwand bringt, kann man sich Tenet durchaus anschauen. Denn dieser Film hat durchaus seine Stärken. Die Schauspieler sind gut, es gibt coole Stunts, eine Musik, wie man sie selten sonst gehört hat und eben atemberaubende Bilder. Es ist definitiv ein Film, der im Kino besser ankommen würde, als zuhause. Doch es ist einer von Nolans Schwächsten, vielleicht sogar der Schwächste, das muss man sicher selber entscheiden. Es wird Leute geben, die diesen Film auch lieben werden. Leute, die Nolan´s Stil eher nicht mögen, können hiermit aber wohl kaum etwas anfangen. Denn die Story ist nun einmal komplizierter denn je und wahnsinnig schwer zu verstehen. Außerdem haben die Charakter nicht die nötige Tiefe und sind teilweise auch schlecht geschrieben. Das große Problem dabei ist dann, dass dieser Film auch völlig unnötig kompliziert gemacht wurde. Die wichtigen Sachen wurden ja kaum erklärt, viel Anderes hätte man sich sparen können. Der Zuschauer fragt sich manchmal: „Warum muss ich das jetzt wissen ? Wozu erklärt er das ?“
Letztendlich verdient Tenet wohl ungefähr 7,5 von 10 möglichen Punkten, rein filmisch betrachtet. Für einen Agententhriler hat dieser Film auch noch eine ausgeprägte Internationalität, die Figuren befinden sich in vielen Ländern. Es ist also wirklich ein netter Agententhriller. Nur leider passt das eher weniger Nolan und seinem Filmstil. Trotzdem kann man sich Tenet durchaus ansehen.