Wenn zwei ganz unterschiedliche Handlungsideen für sich genommen weder ausgereift noch originell genug für einen ganzen Film sind, dann kann es sich durchaus lohnen, sie einfach zusammenzuschmeißen – womöglich ergibt sich ja gerade durch die Reibung zwischen den verschiedenen Konzepten etwas Neues und Aufregendes. Sowas in der Art dürften sich auch Regisseur Dan Bush („Signal“) und sein Co-Autor Conal Byrne („The Reconstruction Of William Zero“) gedacht haben, als sie für ihr Skript zu „The Safe – Niemand wird verschont“ einen generischen Bankraub-Plot und einen generischen Grusel-Plot in einen Topf warfen. Nur wurde dabei offenbar vergessen, die Zutaten anschließend auch noch mal so richtig gründlich durchzumischen: Nun hocken die Geister im Keller und die Geiseln im Erdgeschoss, weshalb die beiden Genre-Stränge letztendlich mit enttäuschend wenig Berührungspunkten nebeneinander herlaufen.
Die Schwestern Leah (Francesca Eastwood) und Vee Dillon (Taryn Manning) sprechen schon seit längerem kein Wort mehr miteinander. Aber um ihrem hochverschuldeten Bruder Michael (Scott Haze) aus der Patsche zu helfen, haben sie sich trotzdem auf einen gemeinsamen Bankraub eingelassen. Allerdings ist in den Kassen im Schalterraum viel weniger Geld als erwartet – gerade mal 70.000 Dollar können die Eindringlinge erbeuten. Während sich nicht nur unter den Geiseln, sondern langsam auch unter den Räubern Panik breitmacht, liefert der Bankangestellte Ed Maas (James Franco) den vermeintlich rettenden Tipp: Im Keller gibt es noch einen alten Tresor, in dem ganze sechs Millionen Dollar lagern sollen. Die Gangster wissen allerdings nicht, dass der Safe auch schon 1982 einige wichtige Rolle spielte, als in derselben Bank ein Raubversuch ganz grausam in die Hose ging…
„The Safe“ ist stilsicher inszeniert. Zudem bringen Francesca Eastwood („M.F.A.“) und Taryn Manning („Orange Is The New Black“) als entfremdete Schwestern eine charmante Bodenständigkeit in den Film ein. Aber das war‘s dann auch schon fast wieder mit dem Positiven. Als Heist-Movie scheitert „The Safe“ schon deshalb, weil es Dan Bush in 90 Minuten nicht gelingt, seinem Publikum ein Gefühl für sein begrenztes Setting zu vermitteln. Ein Meisterwerk wie „Hundstage“ ist auch deshalb so schweißtreibend-spannend, weil man die Enge und Ausweglosigkeit der Situation irgendwann am eigenen Körper spürt. In „The Safe“ fühlen sich die verschiedenen Räume hingegen an wie einzelne unverbundene Kulissen und nicht wie eine zusammenhängende Architektur. Das liegt zum Teil sicherlich auch am knapp bemessenen Budget, das sich auch an anderer Stelle bemerkbar macht: Wenn die Bankräuber mal eine Gardine zurückziehen, erspähen sie draußen selten mehr als ein bis zwei einsam herumstehende Polizisten.
Ansonsten schaukelt sich die Anspannung der Gangster wie in jedem anderen Bankraub-Thriller langsam hoch – die familiären Verbindungen und Konflikte verleihen dem bekannten Treiben zumindest eine gewisse Frische, aber man wartet dann doch recht schnell nur noch darauf, dass endlich der Safe aufgemacht wird und damit das Übersinnliche Einzug in den Plot hält. Aber außer ein paar erstaunlich blutiger Kills haben die Geister eigentlich nichts beizutragen – weil sowieso jeder stirbt, der ihnen begegnet, bekommen die übriggebliebenen Räuber oben im Erdgeschoss kaum etwas von der Bedrohung im Keller mit. Anstelle der Geister könnte genauso gut auch ein Bruce Willis in „Stirb langsam“-Manier einen Gangster nach dem anderen kaltmachen.
Genau wie die Geister ist auch der groß auf allen Marketingmaterialien prangende James Franco („127 Hours“) sträflich unterbeschäftigt. Alle paar Minuten gibt es eine nichtssagende Einstellung, in der Franco mit ausdrucksloser Mimik gefesselt herumsitzt – fast so, als ginge es vor allem darum, dem Publikum zu versichern: Ja, unser einziger großer Star spielt auch noch mit! Franco tritt allein im Jahr 2017 in 18 (!) Filmen auf – und verkörpert dazu noch die Hautrolle in der HBO-Serie „The Deuce“. Da ist es klar, dass er oft nur kurz am Set vorbeischauen kann – aber dann sind uns knappe prägnante Cameo-Auftritte wie in „The Show“ doch lieber als sein Auftritt in „The Safe“, der tatsächlich fast nur aus „dumm rumsitzen“ besteht. Erst ganz am Ende gibt es noch einen kleinen Twist, der seiner Rolle ein wenig mehr Gewicht verleiht – aber die Wendung hat man nicht nur meilenweit kommen sehen, sie ist auch absolut folgenlos und damit ähnlich überflüssig wie Francos Mitwirken als Ganzes.
Fazit: Die Ideen zu einem halbgaren Bankraub-Thriller und einem halbgaren Geister-Horror kombiniert Dan Bush in „The Safe – Niemand wird verschont“ nicht etwa zu etwas Größerem, sondern er macht daraus sowohl einen halbgaren Bankraub-Thriller als auch einen halbgaren Geister-Horror – die Genres werden viel zu wenig vermischt, um sich gegenseitig spannungsfördernd beeinflussen zu können.
Wir haben „The Safe – Niemand wird verschont“ auf dem Fantasy Filmfest 2017 gesehen, wo der Film unter seinem Originaltitel „The Vault“ im offiziellen Programm gezeigt wird.