In dem Drogen-Thriller „Tequila Sunrise“ von Robert Towne, der mit „Chinatown“ einst ein Jahrhundertdrehbuch schrieb, spielen Stimmungen und Atmosphäre eine große Rolle. Im Beziehungsdreieck zwischen Drogenhändler „Mac“ McKussic (Mel Gibson), Cop Nick Frescia (so geölt wie nie zuvor und danach: Kurt Russell) und Restaurantbesitzerin Jo Ann (Michelle Pfeiffer) knistert es gewaltig. Die beiden Männer sind alte Schulfreunde, kämpfen aber auf verschiedenen Seiten des Gesetzes um die Frau.
Sowohl im Schaffen des „Scarface“-Schöpfers Brian DePalma als auch in der Riege der Vietnamfilme wird „Die Verdammten des Krieges“ oft zu Unrecht übersehen. Über die Entführung und Vergewaltigung einer jungen Vietnamesin durch US-Soldaten (darunter der unberechenbare Sean Penn und der mitfühlende Michael J. Fox) bringt der Filmemacher mit unglaublicher emotionaler Wucht die Grausamkeit des Kriegs auf die Leinwand und setzt ihr zugleich eine große Menschlichkeit entgegen.
Der Erfinder Allie Fox (Harrison Ford mit einer seiner besten Leistungen) ist genauso exzentrisch wie starrsinnig. Als er in den USA keinen Erfolg findet, kehrt er der dortigen Konsumgesellschaft den Rücken und zieht mit seiner Familie in den Dschungel von Honduras, wo er sich zum Tyrannen entwickelt: Peter Weir erzählt in seiner zivilisationskritischen Parabel nach einem Roman von Paul Theroux davon, wie sich Ideale in Ideologie verfestigen und schafft dabei ein hypnotisch-brütendes Genre-Meisterwerk.
„Tucker – Ein Mann und sein Traum“
In der Filmografie von „Der Pate“-Regisseur Francis Ford Coppola führt „Tucker“ ein Schattendasein, dabei ist das lebenspralle Biopic über den Automobilpionier Preston Tucker in mancher Hinsicht ein zentrales Werk des New-Hollywood-Moguls, fast eine Art Selbstporträt. Mit einem schlicht perfekten Jeff Bridges in der Titelrolle erzählt Coppola davon, wie sich ein visionärer Außenseiter mit dem Establishment anlegt und dabei seine ganze Existenz aufs Spiel setzt.
Man mag 80er-Jahre-Star Chevy Chase vor allen mit den „Griswold“-Filmen, ganz besonders mit dem Weihnachtsklassiker „Schöne Bescherung“ (1989) in Verbindung bringen. Aber am besten war der Komiker in der aberwitzigen Krimi-Komödie „Fletch - Der Troublemaker“. Chase spielt dort den Undercover-Journalisten Irwin „Fletch“ Fletcher, der an den Stränden von Los Angeles einer Drogenstory hinterherjagt und in ein Komplott verwickelt wird. Der zynische Humor Chases kam nie wieder davor oder danach so perfekt zur Geltung wie in Michael Ritchies brüllend komischer One-Man-Show.
Ende der 80er Jahre war der große Al Pacino ein wenig weg vom Fenster, doch mit Harold Beckers schwülem Cop-Thriller „Sea Of Love“ meldete sich der Superstar der „Pate“-Filme zurück, bevor er in den 90ern eine Reihe von grandiosen Werken (unter anderem „Glengarry Glen Ross“, „Carlito’s Way“, „Heat“, „Im Auftrag des Teufels“, „Insider“, „An jedem verdammten Sonntag“) vorlegte und wieder durchstartete. In dem stimmungsvollem Reißer „Sea Of Love“ spielt Pacino den verkorksten Detective Frank Keller, der einen Serienkiller jagt und gleichzeitig in den Bann der verführerischen Helen (Ellen Barkin) gezogen wird.
Martin Brests Karrierehighlight „Beverly Hills Cop“ ist jedem auch noch Jahrzehnte später präsent, dabei ist die zweite 80er-Jahre-Großtat des Regisseurs (fast) genauso gut. In der Road-Movie-Action-Komödie „Midnight Run“ entfaltet sich zwischen dem kriminellen Mafia-Buchhalter Jonathan Mardukas (großartig: Charles Grodin) und dem ihn jagenden Kopfgeldjäger Jack Walsh (Robert De Niro) ohne viel Worte eine Freundschaft – ein grandioses Beispiel für die umwerfende Leinwandchemie zwischen zwei Stars.
Ist es bezeichnend, wenn der größte kommerzielle Erfolg des großartigen Genre-Spezialisten Dominik Graf schon so weit weg liegt, dass sich kaum noch jemand daran erinnert? Sein harter und unglaublich spannend inszenierter Thriller „Die Katze“ (1,3 Millionen Kinobesucher) ist Genrekino par excellence – und davon gibt es schließlich nicht so viel in Deutschland. Der abgebrühte Gangster Probek (Götz George) steckt bei einem Banküberfall mit der Ehefrau (die „flambierte Frau“ Gudrun Landgrebe) des Filialleiters unter einer Decke, während der stoische Kommandochef Voss (Joachim Kemmer) die Geiselnehmer um Probek außer Gefecht setzen will.
„Mission“
Roland Joffé hat bisher elf Kinofilme inszeniert, doch das große Versprechen seiner ersten Filme „Killing Fields – Schreiendes Land“ (1984) und eben „Mission“ (1986) konnte der Brite später nie wieder einlösen. In dem grandios-meditativen Historien-Drama „Mission“ lässt sich der Sklavenhändler Mendoza (Robert De Niro) 1750 auf der Flucht von Jesuitenmissionar Gabriel (Jeremy Irons) verstecken und bekehren – begleitet von den aufwühlenden Klängen des meisterlichen Soundtracks von Ennio Morricone.
„Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten“
Bevor Robert Zemeckis 1985 mit „Zurück in die Zukunft“ Filmgeschichte schrieb, inszenierte der spätere Regisseur von „Forrest Gump“ und „Contact“ die romantische Action-Komödie „Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten“. Mit viel Rasanz und Charme schlagen sich Michael Douglas als raubeiniger Abenteurer Jack und Kathleen Turner als neurotische Bestseller-Autorin Joan in Kolumbien auf der Suche nach Joans entführter Schwester durch den Dschungel.
William Friedkins harter Cop-Thriller „Leben und Sterben in L.A.“ ist ein lange unterschätzter Paradevertreter des 80er-Jahre-Genrekinos – erst 2016 zeigte das Festival in Cannes eine fein restaurierte Fassung und rückte den Film wieder ins verdiente Rampenlicht. Der junge FBI-Agent Richard Chance (William L. Petersen) jagt mit seinem Partner John Vukovich (John Pankow) den skrupellosen Geldfälscher Eric Masters (Willem Dafoe). Der brutale und zynische Reißer mit seinen wilden Twists ist atmosphärisch eine Wucht und bietet zudem eine der besten Autoverfolgungsjagden der Filmgeschichte.
„Salvador“
„Salvator“ ist eines der weniger bekannten Werke von Meisterregisseur Oliver Stone („Platoon“, „JFK“) – zu Unrecht. In dem elektrisierenden Politdrama verschlägt es den abgebrannten Journalisten Richard Boyle (James Woods) nach El Salvador, um vom Bürgerkrieg zu berichten. Doch die Lage vor Ort wird immer lebensbedrohlicher und Boyle droht zwischen den Fronten zermahlen zu werden.
Auch Kultfilme können in Vergessenheit geraten: Walter Hills ebenso originelle wie artifizielle Mischung aus Action und Rockmusik hat seit ihrer Premiere treue Fans, aber spätere Generationen müssen das stilsichere Genrejuwel mit seinen Motorradgangs und dem legendären Vorschlaghammer-Duell erst noch für sich entdecken.
Kein Film der 80er Jahre hat mehr schwüle Südstaaten-Atmosphäre als Jim McBrides romantischer New-Orleans-Cop-Thriller „The Big Easy“, wo sich der korrupte, aber gutherzige Cop Remy McSwain (Dennis Quaid) in die gegen ihn ermittelnde Staatsanwältin Anne Osbourne (Ellen Barkin) verliebt.
In den baseballverrückten USA ist „Feld der Träume“ mehr noch als „Annies Männer“ (ebenfalls mit Kevin Costner) ein echter Klassiker. Hierzulande sieht das anders aus, aber selbst für Sportmuffel ist die gefühlvolle Geschichte um einen Farmer, dem von einer geheimnisvollen Stimme eingeflüstert wird, ein Baseballfeld zu bauen, absolut sehenswert – und dank der melodiösen Filmmusik von James Horner auch ein Hörvergnügen.
Rassismus ist in den USA auch nach zwei Amtszeiten mit einem schwarzen Präsidenten Barack Obama weiterhin ein gravierendes Problem. Einer der kraftvollsten Beiträge zu diesem schwierigen Thema ist Alan Parkers markerschütterndes Thriller-Drama „Mississippi Burning“, in dem die FBI-Agenten Rupert Anderson (Gene Hackman) und Alan Ward (Willem Dafoe) 1964 in den Südstaaten nach dem Verschwinden von Bürgerrechtsaktivisten auf eine Mauer des Schweigens stoßen.
Eine Warnung vorweg: Den Science-Fiction-Horror-Thriller „Leviathan“ von „Rambo II”-Regisseur George Pan Cosmatos sollte man tunlichst nicht mit Andrey Zvyagintsevs bitterem 2014er Drama-Meisterwerk „Leviathan“ verwechseln. Dieser launige Verschnitt aus „Alien“ und „Abyss“ ist ein lupenreiner Guilty-Pleasure-Film: Die Crew (unter anderem Peter Weller, Richard Crenna, Amanda Pays, Daniel Stern) der Unterwasserschürfstation Shack 7 entdeckt bei einem Außeneinsatz den gesunkenen russischen Frachter Leviathan – und damit beginnt das Grauen.
„Der Stoff aus dem die Helden sind“
Außerhalb der Kreise ausgewiesener Raumfahrt-Fans ist Philip Kaufmans dreistündiges Meisterwerk „Der Stoff aus dem die Helden sind“ ein wenig in Vergessenheit geraten. Der Regisseur erzählt die packende Geschichte der frühen US-Raumfahrt als superb gespieltes und mitreißendes Charakterdrama. Eine Gruppe von Astronauten (unter anderem Sam Shepard, Dennis Quaid, Ed Harris, Scott Glenn) des Mercury-Programms versucht den Amerikanern im Wettlauf zum Mond einen Vorteil gegenüber den Sowjets zu verschaffen.
Oft schon wurde versucht, den Spirit des Rock‘n’Roll auf die Leinwand zu bringen, nur sehr selten ist es so gut gelungen wie in Jim McBrides schillerndem Porträt des legendären Jerry Lee Lewis. Dennis Quaid spielt den Musiker mit unwiderstehlichem Grinsen und fast schon manischer Energie – ein mitreißender Wirbelwind mit zerstörerischen Seiten.
„Nachrichtenfieber – Broadcast News“
Die Kritik an den sinkenden journalistischen Standards der TV-Nachrichten, die Oscar-Preisträger James L. Brooks in seiner cleveren Komödie übt, mag uns in Zeiten der Fake News fast schon naiv erscheinen, aber seine grundsätzliche Analyse trifft immer noch zu. Und das Liebes- und Arbeitsdreieck zwischen William Hurt, Holly Hunter und Albert Brooks hat zeitlosen Witz und Biss.
„Reds“
Ein Kommunist als Held eines Hollywoodfilms: Warren Beattys Historienepos über den amerikanischen Journalisten John Reed, der als Chronist der Russischen Revolution weltberühmt wurde, ist ein wahres Unikat und der wohl beste Film in der Regiekarriere des vielseitigen Hauptdarstellers, der hier auch noch das Drehbuch und die Produktion übernahm.
Die wahre Geschichte des unter einer extremen Fehlbildung des Gesichts leidenden Schülers Rocky Dennis (Eric Stoltz) besticht durch ihre tiefe Menschlichkeit und echte Emotionalität. Einfühlsame Darsteller (allen voran Cher als Rockys Mutter), Peter Bogdanovichs feinfühlige Regie und sorgfältig ausgewählte Bruce-Springsteen-Songs transzendieren alle Tearjerker-Klischees.
Steve Kloves ist inzwischen vor allem als Drehbuchautor der „Harry Potter“-Reihe bekannt. Seine zwei Regiearbeiten „Flesh And Bone“ (1993) und „Die fabelhaften Baker Boys“ (1989) gerieten dagegen in Vergessenheit - beide haben dies nicht verdient. Das Zusammenspiel der von Kameralegende Michael Ballhaus oscarreif ins Bild gesetzten Sängerin Michelle Pfeiffer mit dem von den Brüdern Jeff und Beau Bridges verkörperten Barmusiker-Duo Baker Boys ist auch Dekaden nach dem Kinostart 1989 sehenswert.
„Verfluchtes Amsterdam“ ist ein harter und verdammt unterhaltsamer Thriller aus den Niederlanden. Polizeiinspektor Eric Visser (Huub Stapel) jagt einen brutalen Mörder durch die Grachten der niederländischen Metropole Amsterdam und muss bis zum twistreichen Finale einiges einstecken.
„Glory“
Die Geschichte der auf Seiten des Nordens im Amerikanischen Bürgerkrieg kämpfenden schwarzen Truppen war lange eine recht unbekannte Facette des Konflikts und wird von Edward Zwick mit Detailtreue und viel Pathos in Szene gesetzt. Er macht aus „Glory“ ein mitreißendes Historienspektakel und setzt den Helden von einst ein episches Filmdenkmal, für das Denzel Washington den Oscar als Bester Nebendarsteller gewann.
„Maurice“
In dieser Verfilmung des posthum veröffentlichten Romans von E.M. Forster kann man Hugh Grant in einer seiner besten Rollen sehen. Jahre bevor er zum erfolgreichen Star romantischer Komödien aufstieg, verkörperte der Brite in James Ivorys eindringlichem historischen Drama einen homosexuellen jungen Mann, der an dem auf ihm lastenden gesellschaftlichen Druck zu zerbrechen droht.
Nach seinem Oscar-Erfolg mit dem Vietnam-Drama „Die durch die Hölle gehen“ (1978) konnte Regisseur Michael Cimino machen, was er wollte - und es folgte eines der größten finanziellen Desaster der Filmgeschichte. Seitdem überschattet das legendäre kommerzielle Scheitern des Vier-Stunden-Westerns über die gewaltsame Vertreibung osteuropäischer Siedler durch einflussreiche Großfarmer die herausragenden filmischen Qualitäten dieses Meisterwerks.
Dieser preisgekrönte französische Psycho-Thriller ist ein wahres Genrekleinod. Isabelle Adjani verdreht in der Hitze des Sommers allen den Kopf und bis zum Schluss tun sich immer neue Abgründe auf. Die Geschichte einer 19-Jährigen, die Rache für die Vergewaltigung ihrer Mutter nehmen will, ist ein atmosphärisches und erzählerisches Glanzstück voller virtuoser Rückblenden und überraschender Perspektivwechsel.
Wer sich gerne in eine nostalgisch verklärte Vergangenheit versetzen lässt, ist bei dieser Komödie des ewigen New Yorkers Woody Allen, der hier nur als Erzähler und nicht als Schauspieler in Erscheinung tritt, perfekt aufgehoben. Er schwelgt in Erinnerungen an die 40er Jahre und bringt den Zauber einer Zeit auf die Leinwand, in der sich die Familien noch um den Rundfunkempfänger versammelt haben, um musikalischen Evergreens, den Weltnachrichten oder Fortsetzungsgeschichten zu lauschen.
„Der lange Tod des Stuntman Cameron“
1981 war Richard Rushs Film für drei der wichtigsten Oscars nominiert (Drehbuch, Regie und Hauptdarsteller Peter O’Toole), aber über den Status des Geheimtipps ist er zumindest in Deutschland nie hinausgekommen. Die verzwickte und höchst unterhaltsame Geschichte um einen Vietnamveteranen auf der Flucht, der durch Zufall auf einem Filmset landet und dort als Stuntman einspringt, sprengt die Grenzen zwischen Realität und Fiktion.