Mit der „FILMSTARTS-Perle“ gibt euch jeweils am Sonntag ein FILMSTARTS-Redakteur eine ganz persönliche Film-Empfehlung. Das können übersehene, unbekannte oder unterschätzte Werke genauso sein wie Lieblingsfilme und Guilty Pleasures. In jedem Fall sind es ganz besondere Filme, die das Ansehen und das Wiedersehen lohnen.
Von Christoph Petersen
Die Frage nach dem Lieblingsfilm können nur wenige einfach so beantworten. Viel zu stark hängt die Entscheidung von der aktuellen Stimmung ab, als dass man sich für jetzt und alle Zeiten auf einen Film festlegen möchte. Bei mir persönlich hat sich die Frage in den vergangenen Jahren allerdings immer mehr zu einem Duell zwischen nur noch zwei Filmen zugespitzt. Steht mir der Sinn gerade nach großer Filmkunst, dann wähle ich die phänomenale Faschismus-Studie „Der große Irrtum“ (manchmal auch: „Der Konformist“) von 1970. Darin gibt Jean-Louis Trintignant einen Möchtegern-Intellektuellen, der sich von den Faschisten einwickeln lässt und schließlich seinen ehemaligen Lehrer tötet. Habe ich aber Lust auf etwas, das eher meine Gefühle als meinen Verstand anspricht, entscheide ich mich für das intime Liebesdrama „Shandurai und der Klavierspieler“, das Ende der 1990er Jahre fürs italienische Fernsehen (!) produziert wurde. Eine endgültige Auswahl werde ich wohl nie treffen, aber das muss ich ja auch gar nicht, schließlich steht hinter beiden Filmen ein und derselbe Regisseur: der großartige Bernardo Bertolucci („Der letzte Kaiser“, „Die Träumer“).
Beschreiben lässt sich „Shandurai und der Klavierspieler“ wohl am einfachsten als filmisch brillante Ausformulierung einer alten Lebensweisheit: „Wenn man jemanden wirklich liebt, liegt einem das Glück des anderen mehr am Herzen als das eigene.“ Das erkennt auch Pianist Jason Kinsky (David Thewlis, „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“), der ein Haus in Rom geerbt hat und sich seine Zeit nun mit Klavierunterricht für Kinder vertreibt. Unsterblich verliebt in seine afrikanische Haushälterin Shandurai (Thandie Newton, „Mission: Impossible 2“), die sich so ihr Medizinstudium in Italien finanziert, stoßen seine ersten vorsichtigen Liebesbeweise auf wenig Begeisterung. Als er ihr dann aus dem Nichts einen Heiratsantrag macht, bricht es aus ihr heraus. Ihr Ehemann sitzt in einem diktatorischen afrikanischen Staat im Knast, und wenn Kinsky wirklich etwas für sie tun wolle, solle er ihn doch da herausholen. Nach dieser Ansage zieht sich der Klavierspieler zunehmend von Shandurai zurück, doch irgendetwas Seltsames geht vor. Nach und nach verschwinden alle wertvollen Antiquitäten aus dem Haus und im Postkasten entdeckt Shandurai Briefe mit Marken aus ihrer Heimat…
So schwer mir die Wahl meines Lieblingsfilms fällt, so leicht fällt mir die meiner Lieblingsszene. Die Antiquitäten sind bereits alle aus dem Haus, nun ist das geliebte Piano an der Reihe. Aber bevor es endgültig verschwindet, will der Pianist noch ein Abschlusskonzert geben. Er spielt ein dramatisches selbstkomponiertes Stück, doch die Aufmerksamkeit des aus seinen jungen Schülern bestehenden Publikums lässt schnell nach, als ein Ball über den Zaun in den Garten fliegt. Bald ist nur noch ein Zuschauer übrig, aber der schläft fest. Anstatt nun den Kopf hängen zu lassen, schnappt sich Jason drei Orangen und jongliert im Garten für die Kinder, die mit dieser Darbietung weit mehr als mit dem Klavierkonzert anfangen können. Als Shandurai mit Erfrischungen dazu kommt, räumt Jason diese mit einer tollpatschigen Bewegung vom Tablett. Dann setzt plötzlich (und zwar das einzige Mal im ganzen Film) ein kurzer Zeitraffer ein, in dem der ungeschickte Jason schnellen Schrittes hinter einem Busch verschwindet. Eine derart tieftraurige Szene, aber doch so voller Hoffnung und leichtfüßig inszeniert, habe ich nie wieder in einem Film gefunden.
Für mich als leidenschaftlicher Kinogänger, der sich mitunter lieber einen schlechten Film auf der großen Leinwand als einen guten auf DVD anschauet, ist es doppelt schwer, ausgerechnet eine TV-Produktion zu meinem Lieblingsfilm zu erklären. Aber wenn Bernardo Bertolucci draufsteht, ist eben auch Bernardo Bertolucci drin, egal wer ihm das Geld für seinen Film nun zur Verfügung gestellt hat. Der „1900“-Regisseur beweist auch hier sein einmaliges Gespür für atmosphärische Bilder und subtile Charaktere. Denn auch wenn die Geschichte im Kern eher simpel gehalten ist, erweisen sich die Figuren doch als ungeheuer vielschichtig. Das allerdings bindet Bertolucci seinem Publikum niemals auf die Nase, stattdessen muss man schon selbst auf die Idee kommen, dass es dieses Kleinod tatsächlich wert ist, mehr als nur einen flüchtigen Blick darauf zu werfen.
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