Adrien Brody ist bei der Auswahl seiner Rollen sehr wählerisch: Nur wenige Auftritte in Großproduktionen stehen in seinem Lebenslauf, dafür hat der Mime sein Talent vor allem in kleineren Filmen bewiesen. Dabei verkörpert der Schauspieler mit dem markanten Gesicht und dem melancholischen Blick meist Außenseiter, die sich widrigen Umständen zu stellen haben. Einem größeren Publikum empfahl sich Brody erstmals durch den Antikriegsfilm „Der schmale Grat“, ehe er sich mit seiner oscarpreisgekrönten Rolle in Roman Polanskis leisem Holocaust-Drama „Der Pianist“ endgültig ins Rampenlicht spielte.
Ein junges Talent
Adrien Brody wurde am 14. April 1973 in New York als Sohn eines Geschichtsprofessors und Malers sowie einer Fotojournalistin geboren. Er wuchs in einem Arbeiterviertel in New York auf, dessen Umgebung so rein gar nicht zu seinem künstlerischen Background passte. Bereits als Kind entdeckte Brody das „Rampenlicht“ für sich, als er unter dem Künstlernamen „The Amazing Adrien“ auf Kindergeburtstagen mit Zaubertricks die Augen zum Leuchten brachte. Hinsichtlich der Schauspielerei wurde Brody von seinen Eltern gefördert, die ihn zur Teilnahme an Schauspielkursen ermutigten. Bereits im Alter von 13 Jahren standen Rollen in einer Off-Broadway-Produktion und einem Fernsehfilm auf seiner Habenseite. Brody besuchte die Fiorello H. LaGuardia Highschool of Music & Art and Performing Arts sowie die American Academy of Dramatic Arts und feilte dort an seiner darstellerischen Güte. 1989 war er dann erstmals auf der großen Leinwand zu sehen: Im Episodenfilm „New Yorker Geschichten“, bei dem Woody Allen, Martin Scorsese und Francis Ford Coppola jeweils einen Part inszenierten, kam Brody in Coppolas Episode „Life without Zoë“ eine kleine Rolle zu. 1992 brach er dann kurzerhand das College ab und ging nach Los Angeles, um dort professionell als Schauspieler zu arbeiten.
Aller Anfang ist schwer
Nach einer harten Anfangsphase, die zudem durch einen Motorradunfall belastet wurde, konnte Brody nach und nach Rollen in kleineren Produktionen ergattern. Nach unbedeutenden Auftritten in Steven Soderberghs Sozialdrama „König der Murmelspieler“ und William Friedkins TV-B-Movie-Thriller „Jailbreakers – Jung und Vogelfrei“, in dem Brody das Mitglied einer Jugendgang gibt, durfte der Schauspieler 1997 an der Seite von Keanu Reeves und Thomas Jane in Stephen T. Kays Biopic „Wie ich zum ersten Mal Selbstmord beging“ schließlich mehr von seinem Können zeigen. In dem auf einem Brief des Beatniks Neal Cassady basierenden Jugenddrama verkörperte Brody einen Freund des eigenwilligen Cassady und bewies sein feines Gespür für emotionale Töne. Durch seine konstanten Leistungen folgte bald die erste Hauptrolle: In Eric Bross' romantisch angehauchtem Drama „Restaurant“, in dem eine kleine Schar Kellner ihren Träumen nachhängt, überzeugte Brody als alkoholkranker Bartender, der von seiner Freundin hintergangen wird.
Aufstieg zum Charakterdarsteller
Mit Terrence Malickks Antikriegsdrama „Der schmale Grat“, das von den tragischen Erlebnissen einer amerikanischen Infanterieeinheit auf einer von Japanern besetzten Pazifikinsel während des Zweiten Weltkriegs erzählt, kam Brody auch erstmals internationale Aufmerksamkeit zu. Er spielte darin an der Seite von Hollywood-Größen wie Nick Nolte, Jim Caviezel und Sean Penn einen Soldaten, für den sich die Frage nach dem Sinn und Unsinn des Krieges in aller Vehemenz stellt. Anschließend absolvierte Brody das Kontrastprogramm zum introvertierten Soldaten: In Spike Lees sozialkritischem Serienkiller-Film „Summer of Sam“ überzeugte Brody als rebellischer Punk. Dann hatte der Schauspieler eine Hauptrolle in Barry Levinsons Familiendrama „Liberty Heights“, in dem er als einer von zwei jüdischen Brüdern auftrat, die sich in einem Strudel sozialer Konflikte wiederfinden. Es folgten weitere Rollen in verschiedenen Dramen zwischen Liebe, Krieg und Historie, bevor Brody mit Roman Polanskis „Der Pianist“ endgültig zum Star wurde. Den Pianisten Wladyslaw Szpilman, der durch glückliche Umstände und einem eisernen Überlebenswillen den Holocaust überlebt, spielte Brody mit überwältigendem Feingefühl, auf der Schwelle von Zweifel und Urvertrauen. Brody trug den Film fast im Alleingang und wurde dafür als jüngster Schauspieler aller Zeiten mit einem Oscar für die beste Hauptrolle belohnt. Auch Star-Regisseur Roman Polanski erhielt für seine Regie die begehrte Trophäe.
Der schmale Grad revisited: Zwischen Blockbuster und Independent
Auf seinem durchschlagenden Erfolg mit „Der Pianist“ konnte Brody nur bedingt aufbauen. M. Night Shyamalans Mystery-Thriller „The Village - Das Dorf“ stieß trotz Brodys intensiver Darstellung des geistig behinderten Noah bei Kritikern und Publikum auf wenig Wohlwollen, nicht zuletzt wegen einer irreführenden PR-Kampagne, die den eher nachdenklichen Film als Grusel-Thriller auswies. Auch in Peter Jacksons „King Kong“ (2005) ging Brody als Drehbuchautor Jack Driscoll, der um die Unversehrtheit der von Naomi Watts gespielten Anne Darrows kämpft, zwischen furiosen Effekten und erzählerischer Opulenz etwas verloren. In Wes Andersons „The Darjeeling Limited“ überzeugte Brody dann neben Owen Wilson und Jason Schwartzman als einer von drei Brüdern, die sich nach dem Tod ihres Vaters in einem durch Indien fahrenden Zug wiedertreffen, um ihre Mutter zu besuchen. Das zerrüttete Verhältnis der drei ungleichen Sprösslinge ist Thema von Andersons knallbuntem Kammerspiel. Im Thriller „Giallo“ begab sich Brody dann 2009 unter die Regie des zu dieser Zeit von seiner Bestform weit entfernten Dario Argento - den Film konnte der Ausnahmedarsteller aber auch mit viel Selbstironie nicht wirklich aufwerten. Gänzlich ohne Ironie ging es in "Splice - Das Genexperiment" zu, das im selben Jahr erschien: In Vincenzo Natalis etwas anderer Familienaufstellung spielte Brody den Genforscher Clive, der zusammen mit seiner Kollegin und Freundin Elsa eine sonderbare Kreatur erschafft, die sowohl Elterninstinkte als auch Angst bei den beiden weckt. Der ambitionierte Science-Fiction-Horror mutierte zum Kritikergeheimtipp und wartete mit einigen mutigen Thesen auf. Trotz diverser Auf und Abs wurde Brody dann 2011 auf besondere Weise geadelt: In Woody Allens "Midnight in Paris" durfte er Salvador Dalí spielen, was ihm auf brüllend komische Weise gelang und einmal mehr die vielen Facetten des Ausnahmetalents unter Beweis stellte.