Drei Mal für den Oscar nominiert, fünf Mal für den Golden Globe – die zahlreichen Nominierungen für die renommiertesten aller internationalen Filmpreise, die nur ein einziges Mal von Erfolg gekrönt waren, stehen exemplarisch für die Hollywood-Karriere von Michelle Pfeiffer. Zwar zählt die US-Amerikanerin, deren Vorfahren unter anderem deutscher und schwedischer Herkunft sind, seit den frühen 80er Jahren und ihrer ersten bekannten Rolle in „Scarface“ zu den erfolgreichsten und bestverdienenden Schauspielerinnen der Branche, doch wird man das Gefühl nicht los, dass bei etwas geschickterer Rollenwahl noch deutlich mehr drin gewesen wäre. Denn nicht immer bewies die Schauspielerin bei ihrer Filmauswahl ein glückliches Händchen: In den frühen 90er Jahren lehnte sie gleich zwei prestigeträchtige Hauptrollen ab – und verpasste dadurch die seltene Chance, sich in zwei der berühmtesten Thrillern der Filmgeschichte ihr eigenes Denkmal zu setzen.
Eine Beauty-Queen vom Lande
Michelle Pfeiffer wurde am 29. April 1958 in Santa Ana, Kalifornien, geboren und wuchs mit ihren drei Geschwistern bei ihren Eltern in einem ländlich geprägten Umfeld auf. Nach dem Besuch der High School versuchte sie sich bei einem regionalen Schönheitswettbewerb und wurde prompt zur „Miss Orange County“ gekürt. Dieser Erfolg ebnete ihr den Weg zu ersten Schritten vor der Kamera: Die junge Erwachsene zog in die Metropole Los Angeles und wurde dort von einer renommierten Agentur unter Vertrag genommen. Sie trat in zahlreichen Werbespots auf und erhielt schließlich eine Gastrolle in der TV-Serie „Fantasy Island“, die von 1978 bis 1984 mit über 150 Episoden ausgestrahlt wurde. Auch in der Fernseh-Serie „Delta House“ war Pfeiffer, die nun regelmäßig Schauspiel-Unterricht nahm, zu sehen – die Serie floppte jedoch. So machte sie eher durch ihre ersten Filmrollen in „Midlife Crisis“ und dem Sequel des Kult-Tanzfilms „Grease“ auf sich aufmerksam: Mit ihrer Hauptrolle in „Grease 2“ an der Seite ihres britischen Kollegen Maxwell Caulfield empfahl sie sich weitere für Kino-Produktionen.
Erste Leinwand-Erfolge in den 80er Jahren
Als erster namhafter Regisseur wurde Brian De Palma auf die damals 25-jährige Nachwuchs-Hoffnung aufmerksam: Der Filmemacher verpflichtete Michelle Pfeiffer 1982 für die Rolle als Elvira Hancock in seinem Meisterwerk „Scarface“, das dank des überragenden Al Pacino für drei Golden Globes nominiert wurde und bis heute Kultstatus genießt. Für Pfeiffer war der Film der erhoffte Durchbruch, so dass die Schauspielerin in den 80er Jahren regelmäßig im Kino zu sehen war. Zwei Jahre nach „Scarface“ drehte sie die Krimi-Komödie „Kopfüber in die Nacht“, für die sie mit Jeff Goldblum und Dan Aykroyd vor der Kamera stand. Im gleichen Jahr war sie in Richard Donners Fantasy-Romanze „Der Tag des Falken“ zu sehen, der für zwei Oscars nominiert wurde. 1986 übernahm sie die Rolle als Faith Healy in Alan Aldas treffsicherer Satire „Sweet Liberty“, 1987 stand sie gemeinsam mit Superstar Jack Nicholson und Susan Sarandon für George Millers Horror-Komödie „Die Hexen von Eastwick“ vor der Kamera. Auch dieser Film wurde für zwei Oscars nominiert und war in den 80er Jahren Pfeiffers prestigeträchtigster nach „Scarface“.
Zwei Oscar-Nominierungen und der große Durchbruch
Ende der 80er Jahre war Michelle Pfeiffer fest als Schauspielerin in Hollywood etabliert, wenngleich die ganz großen Anschlusserfolge an „Scarface“ noch auf sich warten ließen. Dies sollte sich bald ändern: Nach der Hauptrolle in John Landis‘ weitestgehend unbeachtet gebliebener Komödie „Amazonen auf dem Mond“ bescherte ihr die Rolle als Angela de Marco in Jonathan Demmes „Die Mafiosi-Braut“ 1988 die erste Golden Globe-Nominierung ihrer Karriere. Im selben Jahr durfte sich Pfeiffer auch über ihre erste Oscar-Nominierung als Beste Nebendarstellerin freuen: Trotz ihrer starken Performance als tugendhafte Madame Marie de Tourvel in Stephen Frears' prachtvoll ausgestatteter Historien-Romanze „Gefährliche Liebschaften“ musste sie bei der Verleihung Geena Davis für ihre Rolle in „Die Reisen des Mr. Leary“ den Vortritt lassen. Ein Jahr später folgte ihr erster Golden Globe-Gewinn und die nächste Oscar-Nominierung: Diesmal spielte sich Pfeiffer als Susie Diamond in Steve Kloves‘ „Die fabelhaften Baker Boys“ auf den Notiz-Zettel der Academy. Als beste Hauptdarstellerin des Jahres wurde 1990 aber Jessica Tandy für „Miss Daisy und ihr Chauffeur“ ausgezeichnet. Das änderte wenig daran, dass Pfeiffer zu Beginn der 90er Jahre in der Oberliga Hollywoods spielte, sich in den Folgejahren aber durch eine zu vorsichtige Rollenauswahl selbst wieder aus dem Blickfeld katapultierte.
Das Schweigen der Lämmer? Basic Instinct? Nein, danke!
Michelle Pfeiffer lehnte zwei Rollen-Angebote ab, die sich als Volltreffer entpuppten: 1991 verzichtete sie darauf, dem berühmten Hannibal Lecter (Anthony Hopkins) als FBI-Agentin Clarice Starling im hochspannenden Kult-Thriller „Das Schweigen der Lämmer“ die Stirn zu bieten und ein weiteres Mal mit Regisseur Jonathan Demme zusammenzuarbeiten. Stattdessen erhielt Jodie Foster den Oscar. Ein Jahr später lehnte sie auch die Rolle als Catherine Tramell in Paul Verhoevens meisterhaftem Erotik-Thriller „Basic Instinct“ ab, der Sharon Stone zum Weltstar und Sexsymbol machte. Stattdessen drehte sie mehrere ambitionierte Hollywood-Filme, von denen sich aber keiner als vergleichbar überragend entpuppte. Für ihren Auftritt in Fred Schepisis „Das Russland-Haus“ erhielt sie dennoch ihre dritte Golden Globe-Nominierung, ihre vierte kurz darauf für Garry Marshalls romantischen Komödie „Frankie & Johnny“, für die sie erneut mit Al Pacino vor der Kamera stand. Für Tim Burtons Comic-Verfilmung „Batmans Rückkehr“ schlüpfte sie ins „Catwoman“-Kostüm. Der Film spielte zwar über 250 Mio. Dollar ein, stand im Sommer 1992 aber im Schatten von „Basic Instinct“ und Richard Donners „Lethal Weapon 3 - Die Profis sind zurück“.
Gangsta’s Paradise und das Ende der Blütezeit
Bis zur Jahrtausendwende war Michelle Pfeiffer regelmäßig mit namhaften Kollegen im Kino zu sehen, konnte an ihre größten Erfolge aber nicht mehr anknüpfen. Nachdem sie für ihre Rolle in dem Drama „Love Field“ 1993 auf der Berlinale mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet und zum dritten Mal für einen Oscar nominiert wurde, drehte sie mit Daniel Day-Lewis Martin Scorseses überzeugende Roman-Verfilmung „Zeit der Unschuld“ und erhielt dafür ihre fünfte und bis heute letzte Golden Globe-Nominierung. Ein Jahr später stand sie für den mäßigen Fantasy-Film „Wolf – Das Tier im Manne“ erneut mit Jack Nicholson vor der Kamera. Zu ihren bekanntesten Auftritten der 90er Jahre zählt der als engagierte Englisch-Lehrerin im High-School-Drama „Dangerous Minds“, das aber vor allem durch Coolios Mega-Hit „Gangsta’s Paradise“ in Erinnerung blieb. 1996 spielte sie mit Hollywood-Legende Robert Redford in Jon Avnets „Aus nächster Nähe“. Im selben Jahr trat sie als Hauptdarstellerin an der Seite von George Clooney in Michael Hoffmans romantischer Komödie „Tage wie dieser“ auch als Produzentin in Erscheinung. 1999 verzichtete sie auf die Hauptrolle in „Evita“, die Madonna übernahm.
Schöpferische Pause und erfolgreiches Comeback
Nachdem Michelle Pfeiffer 1999 in Michael Hoffmans gefloppter Shakespeare-Verfilmung „Ein Sommernachtstraum“ und in Rob Reiners Drama „An der Seite“ von Bruce Willis zu sehen gewesen war, folgte im Jahr 2000 ihr vorerst letzter größerer Kino-Erfolg: In Robert Zemeckis‘ spannendem Thriller „Schatten der Wahrheit“ lieferte sie sich ein packendes Psychoduell mit Harrison Ford und wurde dafür unter anderem mit einem Blockbuster Entertainment Award belohnt. 2001 drehte sie mit Sean Penn das Drama „Ich bin Sam“ und für Peter Kosminskys Roman-Verfilmung „Weißer Orleander“, die aber lediglich die Produktions-Kosten einspielen konnte. Danach legte die US-Amerikanerin eine fünfjährige Drehpause ein. 2007 feierte Pfeiffer in Adam Shankmans Musical-Verfilmung „Hairspray“ ein erfolgreiches Comeback. Im selben Jahr übernahm sie die Rolle als Lamia in Matthew Vaughns herausragendem Fantasyfilm „Der Sternwanderer“ und spielte dabei an der Seite von Superstar Robert De Niro. In Amy Heckerlings Komödie „Hauptsache verliebt“ agierte sie 2009 ebenso in der weiblichen Hauptrolle wie in Stephen Frears deutsch-britischem Film „Chéri“. 2011 war sie in der romantischen Komödie „Happy New Year“ zu sehen.
Michelle Pfeiffer ist Mutter von drei Kindern und war von 1981 bis 1988 mit ihrem Schauspielkollegen Peter Horton verheiratet. 1993 ehelichte sie den TV-Serien-Macher David E. Kelley, der unter anderem die Erfolgs-Serien „Ally McBeal“ und „Chicago Hope“ realisierte.