Über seine schauspielerischen Qualitäten und die Vielfältigkeit seiner Rollenauswahl wird immer wieder leidenschaftlich diskutiert – eines aber ist gewiss: Wenn der Name Til Schweiger auf einem Kinoplakat steht, strömt das deutsche Publikum immer wieder in Scharen ins Kino. Ganz gleich, ob der derzeitig erfolgreichste nationale Filmemacher dabei als Schauspieler, Regisseur oder Produzent in Erscheinung tritt. „Barfuss“, „Keinohrhasen“, „Kokowääh“ – Schweiger traf mit seinen Kinoproduktionen der jüngeren Vergangenheit immer wieder den Nerv des deutschen Publikums und landete einen Kassenschlager nach dem nächsten. Da ist es für den gebürtigen Breisgauer leicht zu verschmerzen, dass seine schauspielerischen Erfolge in Hollywood bis heute eher überschaubar ausfallen.
Von den Theaterbühnen in die „Lindenstraße“
Tilman Valentin Schweiger wurde am 19. Dezember 1963 als Sohn eines Lehrer-Ehepaares in Freiburg geboren, verbrachte seine Kindheit und Jugendjahre aber vor allem im hessischen Gießen und im nahegelegenen Heuchelheim. Nach seinem Abitur und dem anschließenden Zivildienst begann er zunächst ein Germanistik-, später ein Medizinstudium, brach aber beide ab. Stattdessen absolvierte er eine Schauspielausbildung in Köln und sammelte gegen Ende der 80er Jahre auf den Theaterbühnen der rheinischen Metropole und am Bonner Contra-Kreis-Theater erste Erfahrungen im Rampenlicht. Darüber hinaus war Schweiger als Synchronsprecher tätig und kam so erstmalig mit dem Fernsehen in Kontakt. Seine erste Rolle vor der Kamera war die des Jo Zenker in der öffentlich-rechtlichen Vorabendserie „Lindenstraße“, durch die sich Schweiger auf den Notizzettel des im Januar 2011 verstorbenen Erfolgs-Produzenten Bernd Eichinger spielte.
Manta-Fahrer und bewegter Mann
Eichinger castete Til Schweiger 1992 für seine Kino-Produktion „Manta, Manta“ – und damit für eine Rolle, die dem Jungschauspieler wie auf den Leib geschrieben war. Mit Manta-Fahrer „Bertie“ spielte Schweiger einen Ruhrpott-Proleten aus dem Bilderbuch, dessen einzige Leidenschaft seinem Opel gilt. Die Komödie der Constantin Film traf genau den Zeitgeist der frühen 90er Jahre und lockte in Deutschland über eine Million Zuschauer ins Kino. Ein Jahr später übernahm der schlagartig bekannt gewordene Schweiger die Rolle des Boxers Rudy in Claude-Oliver Rudolphs Film „Ebbies Bluff“, der aber kommerziell erfolglos blieb und von der Kritik zerrissen wurde. Dennoch erhielt Schweiger für seine Leistung den Max-Ophüls-Preis als bester Nachwuchsdarsteller und übernahm bereits ein Jahr später eine Hauptrolle in einem der erfolgreichsten deutschen Filme der 90er Jahre: In Sönke Wortmanns spritziger Komödie „Der bewegte Mann“, die auf dem gleichnamigen Comic von Ralf König basiert und vier Millionen Kinozuschauer begeisterte, spielte er an der Seite zahlreicher deutscher Stars. Neben Katja Riemann, Joachim Krol, Rufus Beck, Armin Rohde und Martina Gedeck traf Schweiger bei den Dreharbeiten einmal mehr auf Martin Armknecht, mit dem er bereits für die „Lindenstraße“ und „Manta, Manta“ vor der Kamera gestanden hatte.
Der neue deutsche Superstar
Fortan hatte sich Til Schweiger als Superstar in der deutschen Kinolandschaft etabliert und musste sich über mangelnde Rollenangebote nicht mehr beklagen. In den Folgejahren war er in einer ganzen Reihe deutscher Erfolgsfilme zu sehen: 1996 übernahm er die Hauptrolle in Detlev Bucks „Männerpension“ und Sönke Wortmanns Hera Lind-Verfilmung „Das Superweib“, ein Jahr später trat er für das Roadmovie-Drama „Knockin‘ on Heaven’s Door“ erstmalig auch als Produzent und Drehbuchautor in Erscheinung. Die Rolle des Martin Brest, der nur noch wenige Tage zu leben hat und gemeinsam mit Rudi Wurlitzer (Jan-Josef Liefers) zu einem letzten Trip ans Meer aufbricht, zählt bis heute zu den stärksten Leistungen in Schweigers Karriere und bescherte ihm die Goldene Kamera als „Bester Schauspieler“. Auch „Knockin‘ on Heaven’s Door“ sorgte für einen wahren Besucher-Ansturm an den Kinokassen und wurde zum erfolgreichsten Film des Jahres 1997. Deutlich weniger beachtet blieb Schweigers häufig unterschätztes Regie-Debüt „Der Eisbär“, das ein Jahr darauf nicht einmal die eine Million-Besucher-Grenze knackte.
Nächster Halt: Hollywood
Durch seine Erfolge in Deutschland wurde schließlich auch Hollywood auf Til Schweiger aufmerksam, so dass er 1998 mit seiner Frau und seinen Kindern nach Los Angeles zog. Seine Rollen-Auswahl fiel aber denkbar unglücklich aus: In den Folgejahren stand der Deutsche unter anderem für Renny Harlins Action geladenem, aber sehr enttäuschenden Rennsport-Film „Driven“ gemeinsam mit den Superstars Burt Reynolds und Sylvester Stallone vor der Kamera. Zwei Jahre später spielte er an der Seite von Angelina Jolie eine Nebenrolle in „Lara Croft: Tomb Raider – Die Wiege des Lebens“. 2004 übernahm Schweiger den Part als glatzköpfiger Sachsenkrieger Cynric in Antoine Fuquas solidem Ritter-Abenteuer „King Arthur“, blieb in der Jerry-Bruckheimer-Produktion aber vor allem aufgrund seines auffälligen Bartes in Erinnerung. 2007 übernahm er schließlich die Hauptrolle in Gerry Livelys unterirdischem Action-Thriller „Der Bodyguard“. Der wohl beste Hollywood-Film, in dem Schweiger 2009 in einer kultigen Nebenrolle als Feldwebel Hugo Stiglitz zu sehen war, blieb bis heute Quentin Tarantinos Nazi-Gemetzel „Inglourious Basterds“, für das der Star-Regisseur neben Oscar-Gewinner Christoph Waltz auch zahlreiche weitere deutsche Schauspieler engagierte.
Wie der Vater, so die Kinder
Am erfolgreichsten war Til Schweiger in den letzten Jahren vor allem dann, wenn er seine Filme selbst realisierte. Den Auftakt zu einer ganzen Reihe eigenproduzierter Kino-Erfolge bildete 2005 die sympathische Liebes-Komödie „Barfuss“, in der Schweiger neben der Hauptrolle auch die Regie und den Schnitt übernahm. Schweiger war 2004 wieder nach Deutschland zurückgekehrt und gründete seine eigene Produktions-Firma „barefootfilms“ mit Firmensitz in Berlin. 2007 produzierte Schweiger seinen bis heute erfolgreichsten Film´, die sympathische Liebes-Komödie „Keinohrhasen“, in der er als Regisseur, Produzent und Hauptdarsteller das Erfolgskonzept von „Barfuss“ fortführte. „Keinohrhasen“ mit Schweiger und Nora Tschirner in den Hauptrollen und Schweigers Kindern in Nebenrollen schaffte es gar in die Top Ten der erfolgreichsten deutschen Filme aller Zeiten und wurde 2009 eher uninspiriert mit dem Sequel „Zweiohrküken“ fortgesetzt. Dem Kassenerfolg tat dies keinen Abbruch – auch der zweite Teil der Reihe lockte Millionen deutscher Zuschauer ins Kino. Kein Wunder also, dass der dritte Teil bereits in Planung ist. Auch der wenig überzeugende Ritter-Klamauk „1½ Ritter – Auf der Suche nach der hinreißenden Herzelinde“, die der Familienvater auf Wunsch seiner Kinder drehte, überzeugte trotz vernichtender Kritiken an den Kinokassen. Zuletzt war der Filmemacher in seiner selbst produzierten Komödie „Kokowääh“ auf der Leinwand zu sein, führte wieder selbst Regie und zeichnete sich auch für das Drehbuch verantwortlich.
Til Schweiger war lange mit dem amerikanischen Model Dana Carlson liiert, mit dem er vier Kinder hat. 2005 gaben die beiden ihre Trennung bekannt, verzichteten aber auf die Scheidung. Nach einer kurzen Liaison mit dem Model Melanie Scholz ist er heute mit dem Model Svenja Holtmann zusammen. Der Filmemacher lebt in Berlin und pendelt regelmäßig nach Hamburg zu seinen vier Kindern, die er konsequent an das Filmgeschäft heranführt: Nach den Auftritten in „Keinohrhasen“ und „Zweiohrküken“ übernahm seine jüngste Tochter Emma bereits ihre erste Kino-Hauptrolle an der Seite ihres Vaters in „Kokowääh“.