Am Tag nach seinem 18. Geburtstag war der aus Schleswig-Holstein stammende David Kross plötzlich ganz Hollywood bekannt – für die Rolle des Michael Berg in der Romanverfilmung „Der Vorleser“ durfte er nicht nur den Liebhaber von Kate Winslet geben, sondern auch die junge Version des britischen Schauspielers Ralph Fiennes verkörpern. Kross, dessen Karriere in Deutschland mit Filmen wie „Knallhart“ oder „Krabat“ gerade erst begonnen hatte, führte ihn fortan in internationale Gewässer. Und damit in Hollywood erst gar keine Verwirrung um seinen Nachnamen entstehen konnte, änderte er diesen kurzerhand vom ursprünglichen Kroß zum heute gängigen Kross.
Vom Blauen Wölkchen zu Detlev Buck
Am 04. Juli 1990 in Schleswig-Holstein geboren, wuchs David Kross in Bargteheide auf und besuchte bis 2007 das Eckhorst-Gymnasium. Trotz einer Körpergröße von gerade einmal 1,72 Metern spielte er leidenschaftlich gerne Basketball und war Mitglied eines lokalen Sportvereins. Kross interessiert sich schon früh für die Schauspielerei – 2003 trat er der Kindertheatergruppe „Blaues Wölkchen“ bei. Unter anderem war er in Theaterstücken wie „Hilfe, die Hermanns kommen“, „Momo“ und „Die Feuerzangenbowle“ auf der Bühne zu sehen. Als Regisseur Detlev Buck einen jungen Schauspieler für die Jugendbuchverfilmung „Knallhart“ suchte, schlug Bucks Tochter Bernadette den damals 15-jährigen Kross vor. Nachdem er beim Casting überzeugen konnte, wurde Kross in der Hauptrolle des Schülers Michael Polischka besetzt, der mit seiner Mutter vom Berliner Nobelstadtteil Zehlendorf in den Schmelztiegel Neukölln zieht und sich in der dortigen Multikulti-Gesellschaft zurecht zu finden versucht. Der Film entstand in den Sommerferien 2005 und wurde auf der Berlinale 2006 gezeigt.
Zauberlehrling, Jurastudent und Backpacker
Bereits ein Jahr nach seinem Kinodebüt kam für David Kross der nächste große Filmauftritt als Titelheld in der Romanadaption „Krabat“. Die auch als Schullektüre beliebte Otfried-Preußler-Erzählung wurde von Marco Kreuzpaintner („Die Wolke“) in Rumänien verfilmt. Neben Kross als Zauberlehrling Krabbat standen auch Robert Stadlober und Daniel Brühl vor der Kamera. Noch ehe der Fantasyfilm in die Kinos kam, ergattere der Jungschauspieler eine Rolle in einem Projekt mit weit größeren Ausmaßen. An der Seite von Kate Winslet, Ralph Fiennes und Bruno Ganz drehte er ab September 2007 für die Kinoadaption eines weiteren Klassikers der jüngeren deutschen Literatur: „Der Vorleser“ von Bernhard Schlink. Die Rolle des Michael Berg, der als Jugendlicher eine Affäre mit der deutlich älteren Hannah Schmitz beginnt und Jahre später als Jurastudent über ihre Vergangenheit als KZ-Aufseherin stolpert, brachte ihm bei den Filmfestspielen von Cannes 2008 die Trophée Chopard ein, die seit 2001 an Nachwuchsschauspieler vergeben wird. Die Romanverfilmung von Stephen Daldry („The Hours“, „Billy Elliot“) wurde für fünf Oscars nominiert und bescherte Kross’ Filmpartnerin Winslet nach fünf Nominierungen ihren ersten Oscargewinn. Nach seinem Ausflug nach Hollywood kehrte der nun volljährige David Kross zu seinen Wurzeln zurück und arbeitete wieder mit Regisseur Detlev Buck. In Kambodscha, Kuala Lumpur und Deutschland entstand „Same Same But Different“, das auf dem Leben von Benjamin Prüfer basiert, der sich als Backpacker in eine HIV-positive Kambodschanerin verliebte. Damit spielte der deutsche Schauspieler dreimal in Folge einen jungen Mann, der auf der Suche nach sich selbst Hals über Kopf in ein Abenteuer schlittert. Nicht zuletzt aufgrund seines knabenhaften Aussehens und seiner unschuldig wirkenden blauen Augen erwies sich Kross immer wieder als beliebte Besetzung für junge Helden.
Steven Spielberg ruft
2009 zog David Kross nach London, um ein Schauspielstudium an der London Academy of Music and Dramatic Art zu beginnen, das er nach wenigen Monaten wieder abbrach. Falls er sich damit in seinem Terminkalender Platz für größere Projekte schaffen wollte, hat es sich auf jeden Falls ausgezahlt, denn Kross konnte eine Rolle in Steven Spielbergs Prestige-Projekt „Gefährten“ ergattern, das im Februar 2012 auch in Deutschland startet. 2011 war er außerdem in Hans Steinbichlers „Das Blaue vom Himmel“ neben Hannelore Elsner, Juliane Köhler und Karoline Herfurth zu sehen. Auch in den kommenden Jahren wird David Kross nicht an Unterbeschäftigung leiden, denn mit „Into the White“ und den Romanverfilmungen „Anleitung zum Unglücklichsein“ und „Die Vermessung der Welt“ ist er an gleich drei großen deutschen und internationalen Produktionen beteiligt – und das mit gerade einmal Anfang 20.