Bruce Willis, Nicolas Cage, Sandra Bullock – auch Hollywood-Stars, deren Namen nicht sonderlich deutsch klingen, haben mitunter deutsche Wurzeln. Das ist bei Leonardo DiCaprio nicht anders: Seine russische Großmutter immigrierte einst nach Deutschland und heiratete einen Einheimischen, DiCaprios Mutter wuchs im nordrhein-westfälischen Oer-Erkenschwick auf. In den 50er Jahren wanderte die Familie in die Vereinigten Staaten aus. Besonders in seiner Jugend besuchte Leonardo DiCaprio häufig seine 2008 verstorbene Großmutter in Deutschland. Seine Grundkenntnisse der deutschen Sprache benötigt er heute nur noch, wenn er mal wieder bei „Wetten, dass“ vorbeischaut. Seit „Titanic“ zählt DiCaprio zu Hollywoods Superstars und untermauert diesen Status mit nahezu jedem seiner Filme aufs Neue.
Werbespots für Käse und Kaugummi
Leonardo Wilhelm DiCaprio wurde am 11. November 1974 als Sohn einer Rechtsanwaltsgehilfin und eines Comicbuchautors im kalifornischen Los Angeles geboren. Nach der frühen Trennung seiner Eltern wuchs er vorwiegend bei seiner alleinerziehenden Mutter auf. Seine ersten TV-Erfahrungen sammelte er als Teenager in Werbespots, etwa für Kaugummi und Käse. In den Folgejahren war er jedoch immer häufiger in kleineren TV-Nebenrollen zu sehen. Zu den bekannteren zählt dabei die als Straßenjunge Luke Brower in „Unser lautes Heim“, auch für die beliebten Sitcoms „Roseanne“ und den „California Clan“ stand DiCaprio vor der Kamera. Aufmerksam auf das Nachwuchstalent wurde man in Hollywood ganz sicher nicht mit seinem Spielfilmdebüt „Critters 3 - Die Kuschelkiller kommen“ von 1991, sehr wohl aber 1993 mit dem Drama „This Boy's Life“, für das er von Robert De Niro höchstpersönlich unter 400 Kandidaten ausgewählt worden war.
Erste Oscar-Nominierung mit 19 Jahren
Mit diesem Ritterschlag begann für Leonardo DiCaprio ein steiler Aufstieg. Als geistig behinderter Arnie Grape in Lasse Hallströms „Gilbert Grape - Irgendwo in Iowa“ meisterte der Jungschauspieler an der Seite des damals deutlich populäreren Johnny Depp eine anspruchsvolle Rolle und wurde dafür prompt mit einer Oscar-Nominierung als bester Nebendarsteller belohnt. Fortan hatte sich DiCaprio in Hollywood einen Namen gemacht und konnte sich vor Rollenangeboten kaum retten: In den Folgejahren war er mit Sharon Stone und Gene Hackman im Westernthriller „Schneller als der Tod“ von 1995 und an der Seite der Hollywood-Legenden Robert De Niro und Meryl Streep im Familiendrama „Marvins Töchter“ von 1997 zu sehen.
Herzensbrecher und „König der Welt“
Dass Leonardo DiCaprio in den 90ern zum wohl begehrtesten Junggesellen der Welt avancierte, lag vor allem an seinen nächsten beiden Filmen: Baz Luhrmanns „William Shakespeares Romeo + Julia“ und James Camerons Blockbuster „Titanic“. Während DiCaprio bereits in der eigenwilligen Interpretation des Shakespeare-Dramas – der Film behält die Originaldialoge bei, spielt aber im späten 20. Jahrhundert – als Romeo gleich reihenweise die Herzen pubertierender Kinogängerinnen stahl, sollte er als mittelloser Jack Dawson in James Camerons bahnbrechendem Kassenerfolg „Titanic“ den Hollywood-Olymp besteigen. Die Szene von Jack und Rose (Kate Winslet) am Bug des Luxusschiffes, in der der Verliebte „Ich bin der König der Welt!“ gen Horizont ruft, zählt zu den bekanntesten Filmszenen der letzten zwanzig Jahre. „Titanic“ war 1997 der teuerste Film aller Zeiten, brach sämtliche Zuschauerrekorde und machte den damals 22-jährigen DiCaprio für viele Jahre zum Teenie-Idol und Mädchenschwarm schlechthin.
Das neue Traumduo: DiCaprio und Scorsese
Es dauerte ein paar Jahre, bis sich Leonardo DiCaprio von diesem Image lösen und seine Kritiker auch mit schauspielerischen Qualitäten überzeugen konnte. Das lag auch daran, dass auf „Titanic“ zwei seiner schwächeren Auftritte folgten: Für seine Doppelrolle in „Der Mann in der eisernen Maske“ und seine Performance in Danny Boyles Abenteuerfilm „The Beach“ wurde DiCaprio jeweils mit einer „Goldenen Himbeere“ abgestraft. Altmeister Martin Scorsese scherte das wenig: 2002 besetzte er DiCaprio zum ersten Mal, und zwar für „Gangs of New York“, der zehn Oscar-Nominierungen erhielt, bei der Verleihung aber überraschend leer ausging. Die Zusammenarbeit erwies sich dennoch als äußerst fruchtbar: DiCaprio avancierte zum neuen Robert De Niro, der in den 70ern, 80ern und 90ern Scorseses Nummer 1 gewesen war. Für seine glänzende Performance als Multimillionär Howard Hughes im Biopic „Aviator“ erhielt DiCaprio 2005 einen Golden Globe, musste bei der Oscar-Verleihung aber Jamie Foxx als „Ray“ den Vortritt lassen. Spätestens mit Scorseses knallhartem Mafiathriller „Departed: Unter Feinden“ hatte der Amerikaner als Charakterdarsteller wohl auch seine letzten Kritiker überzeugt. Die vierte Zusammenarbeit mit Scorsese folgte 2010: An der Seite von Mark Ruffalo spielte DiCaprio den psychisch labilen Cop Edward Daniels im Gruselthriller „Shutter Island“.
Ein Superstar mit zahlreichen Facetten
Dass Leonardo DiCaprio heute zu den gefragtesten und bestbezahlten Schauspielern der Welt zählt, liegt vor allem am enormen Facettenreichtum, den er nach der Jahrtausendwende eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat. Ob in der Rolle des berühmten Hochstaplers Frank William Abagnale Junior in Steven Spielbergs Gauner-Tragikomödie „Catch Me if You Can - Mein Leben auf der Flucht“, in Ridley Scotts Politthriller „Der Mann, der niemals lebte“, im aufwühlenden Beziehungsdrama „Zeiten des Aufruhrs“, in dem er „Titanic“-Star Kate Winslet vor der Kamera wiederbegegnete, oder dem ebenso hochkarätigen Bürgerkriegsthriller „Blood Diamond“ – DiCaprio untermauert mit jedem seiner Filme, dass er von seinen Kritikern vorschnell als Frauenschwarm mit überschaubarem Talent abgestempelt worden war. Heute lockt allein der Name DiCaprio auf der ganzen Welt scharenweise Zuschauer ins Kino. Wenn dann, wie beim Blockbuster „Inception“, ein Star-Regisseur wie Christopher Nolan Regie führt, ist ein Kassenschlager quasi vorprogrammiert. Aktuell ist er als FBI-Gründer J. Edgar Hoover in Clint Eastwoods Biopic „J. Edgar“ zu sehen, danach arbeitet er in der Titelrolle der Literatur-Adaption „The Great Gatsby“ einmal mehr mit „Romeo + Julia“-Regisseur Baz Luhrmann zusammen.
Leonardo DiCaprio lebt in Los Angeles und New York ist nach sechsjähriger Beziehung mit einem israelischen Top-Model seit Anfang Mai 2011 wieder Single. Seit einigen Jahren tritt der Schauspieler auch als Produzent in Erscheinung: So produzierte er neben „Aviator“ unter anderem den Horrorfilm „Orphan“.