Die amerikanische Satirezeitschrift „The Onion“ witzelte Anfang 2011, dass laut einer einschlägigen Studie 87 Prozent aller Hollywood-Filme wesentlich besser wären, würde man den renommierten Kino- und Fernsehschauspieler Michael Keaton für eine Rolle engagieren. Was hier durchaus scherzhaft gemeint ist, kann man angesichts der abwechslungsreichen Karriere des facettenreichen Mimen mit ebenso viel dramatischem wie komödiantischem Talent als nicht ganz unwahr werten. Von den vier Schauspielern, die bislang die Rolle des Bruce Wayne alias Batman in der modernen Kino-Franchise von Warner Bros. ausgefüllt haben, war der 1,75 Mime mit den expressiven Augen, den eleganten Lippen und der hohen Stirn nicht nur der erste und einer der besten, sondern auch einer der vielseitigsten. Inzwischen konnte Keaton, der sich in fast allen Genres wohl fühlt, auch als Regisseur und Produzent Kritiker überzeugen.
Aus Michael Douglas wird Michael Keaton
Michael John Douglas ist der Sohn eines Vermessungsingenieurs und einer Hausfrau und wuchs in Pennsylvania auf. Als das jüngste von sieben Geschwistern wurde er in einer großen katholischen, irisch-schottischen Familie mit drei Brüdern und drei Schwestern groß. Nach der Highschool ging Keaton auf die Kent State University, wo er zwei Jahre lang Theater- und Sprachwissenschaften studierte, bevor er das Studium in Ohio abbrach und nach Pittsburgh zog. Er arbeitete dort zunächst als Kameramann bei einem Fernsehsender und absolvierte erste Auftritte in diversen Fernsehprogrammen, während er sich als Standup-Comedian versuchte. Als der Erfolg ausblieb, zog Keaton nach Los Angeles, um Schauspieler zu werden. Als er in die Schauspielgewerkschaft Hollywoods eintreten wollte, gab es bereits einen anderen berühmten Mimen in der Screen Actors Guild, der seinen Namen trug, weshalb er sich spontan dazu entschied, seinen Familiennamen in Keaton umzuwandeln, weil er eine Bewunderung für die Kollegin Diane Keaton hegte. Doch nach Hollywood sollte es noch ein weiter Weg sein, gepflastert von Auftritten in mehreren Fernsehsendungen wie den Sitcoms „Maude“ und „The Mary Tyler Moore Hour“.
Erste Erfolge in Komödien
Ende der 1970er gewann Michael Keaton eine Hauptrolle in der kurzlebigen Comedy-Serie „Working Stiffs“ neben James Belushi, die ihm ein Vorsprechen für eine Rolle in der Komödie „Nightshift – Das Leichenhaus flippt völlig aus“ unter der Regie eines jungen Ron Howard einbrachte. Als der wortgewandte Freund des Helden (Henry Winkler) zog Keaton die Aufmerksamkeit der Kritiker auf sich, was bald zu Hauptrollen in erfolgreichen Familienkomödien wie „Mr. Mom“ führte, in der er als Familienvater seine Stelle verliert und den Haushalt schmeißen muss, während seine Frau (Teri Garr) arbeiten geht. In dieser Zeit wurden ihm auch Hauptrollen in „Ghostbusters“ angeboten, die er aber ablehnte, während Woody Allen ihn nach einigen Drehtagen von „The Purple Rose of Cairo“ mit Jeff Daniels ersetzte. Mehr Erfolg war ihm beschienen mit der Hauptrolle in einer weiteren Ron-Howard-Komödie: In „Gung Ho“ glänzte Keaton als Vorarbeiter eines Automobilwerks in Pennsylvania, der japanische Investoren in die USA lockt und darauf in seiner Heimatstadt mit dem neuen, fremdländischen Regime hadern muss. Der Durchbruch zum Hollywood-Star folgte dann Ende der 80er Jahre durch die Arbeit mit Regisseur Tim Burton.
Vom Komiker zum Superhelden
Burton besetzte Michael Keaton in der Titelrolle seiner originellen Horror-Komödie „Beetlejuice“. In dem wilden, einfallsreich gestalteten Makeup- und Special-Effects-Feuerwerk verkörperte er einen gelbhaarigen und weißgesichtigen Poltergeist, der von dem kürzlich verstorbenen Paar Alec Baldwin und Geena Davis engagiert wird, die neuen, grässlichen Bewohner (darunter auch Winona Ryder) aus ihrem Haus zu bannen. Im selben Jahr glänzte Keaton auch als drogensüchtiger Immobilienmakler in dem Entzugsdrama „Süchtig“ neben Morgan Freeman. Als ihm Burton auch die Titelrolle in seinem nächsten Projekt, der Comic-Verfilmung „Batman“ anvertraute, liefen die Fans Sturm, weil man doch keinen bekannten Komiker in der Rolle des melancholischen Rächers von Gotham City besetzen dürfe. Trotz der schlechten Vorpresse und den entrüsteten Briefen, die das Studio Warner Bros. damals erhielt, überzeugte Keaton als einsamer, schrulliger Millionär Bruce Wayne, der von seinen inneren Dämonen herumgetrieben wird, und in dem spektakulären Kassenschlager gegen Jack Nicholsons Joker ins Gefecht zieht, um Freundin Kim Basinger zu retten und ein atemberaubend gestaltetes Gotham vor dem Untergang zu bewahren.
Zwischen allen Genres
Auch das schnell in Produktion geschickte Sequel „Batman Returns“ wurde zu einem kommerziellen Erfolg, wenn auch Kritik und Publikum die weit düsterere Stimmung des stilistisch überwältigenden, mit Danny DeVito, Michelle Pfeiffer und Christopher Walken hochkarätig besetzten Fantasyfilms monierten. Als ein dritter Film der Kinoserie im Gespräch war, stieg Keaton aus dem Projekt aus, weil nicht mehr Burton, sondern Joel Schumacher inszenieren sollte, der mit „Batman Forever“ keinen tragischen, ernsten Antihelden, sondern einen poppigen, coolen Superhelden zeigen wollte. Während Val Kilmer sich das Kostüm überstreifte, setzte Keaton seine Karriere, die bereits zuvor fröhlich zwischen Rollen in Komödien („Das Traum-Team“), Psychothrillern („Fremde Schatten“) und Dramen („Selbstjustiz – Ein Cop zwischen Liebe und Gesetz“) wechselte, fort. Er konnte dabei vor allem als cleverer Psychopath in dem eher mittelmäßigen Actionthriller „Desperate Measures“ neben Andy Garcia, als amüsanter Dorftrottel in der starbesetzten Shakespeare-Verfilmung „Viel Lärm um nichts“ von Kenneth Branagh und als gehetzter Journalist in Ron Howards Komödie „Schlagzeilen“ neben Robert Duvall und Glenn Close überzeugen.
Misserfolge und Vaterrollen
Eine seiner besten Rollen in den 1990er Jahren spielte Michael Keaton als kauziger FBI-Agent Ray Nicolette, der aufgrund der Absprache zwischen den Regie-Talenten Quentin Tarantino und Steven Soderbergh, die beide zu der Zeit eine Elmore-Leonard-Adaption drehten, von dem Film des einen Regisseurs („Out of Sight“ mit George Clooney, Jennifer Lopez und Ving Rhames) in das des anderen („Jackie Brown“ mit Pam Grier, Samuel L. Jackson und Robert De Niro) wandern konnte, da sie beide im selben fiktionalen Universum spielen. Aufgrund des Misserfolgs von Dramen wie „Mein Leben für dich“ mit Nicole Kidman und von Komödien wie „Sprachlos“ mit Geena Davis wurden Hauptrollen für Keaton eine Seltenheit. Stattdessen war er öfters in biederen Vaterrollen zu sehen, wie in der Fantasy-Familienkomödie „Jack Frost“, wo er nach einem Unfalltod als Schneemann zurückkehrt, um mit seinem Sohn mehr Zeit zu verbringen. Im Anschluss spielte er auch den Präsidenten-Papa seiner rebellischen Tochter Katie Holmes in der romantischen Komödie „First Daughter“ und den Rennfahrer-Papa von der autosüchtigen Lindsay Lohan in der Disney-Familienkomödie „Herbie: Fully Loaded“ neben Matt Dillon und Justin Long.
Keine Fernsehkarriere, neue Kinoprojekte
Nach seiner Golden-Globe-Nominierung für die Hauptrolle als Journalist in dem Irakkriegs-Drama „Live aus Bagdad“ wurde Keaton die Hauptrolle des Dr. Jack Shepard in der ABC-Mystery-Serie „Lost“ angeboten. Doch als Keaton erfuhr, dass der Part sich nicht auf die Pilotfolge beschränken würde, sondern zu einer größeren Serienrolle ausgebaut werden sollte, lehnte er ab und sie ging an Matthew Fox, der später dafür diverse Darstellerpreise gewann. In den letzten Jahren spielte Keaton weitere Vaterrollen (als Papa von Alexis Bledel in der romantischen Komödie „(Traum)Job gesucht“), gab sein Regiedebüt mit dem Independentdrama „The Merry Gentleman“, in dem er als Auftragskiller mit Kelly MacDonald eine Sinnkrise durchlebt, und glänzte als die Stimme von Ken in „Toy Story 3“ und als Mark Wahlbergs und Will Ferrells unfreiwillig komischer Vorgesetzter in der Polizeifilmparodie „Die etwas anderen Cops“. In den kommenden Jahren wird er eine Hauptrolle in Tim Burtons Stop-Motion-Animationsfilm „Frankenweenie“ sprechen und auch eine Sprechrolle im Sequel „Cars 2“ haben, in dessen Original er bereits mitgewirkt hatte. Interesse hat Michael Keaton auch einem möglichen Sequel zu „Beetlejuice“ bekundet.
Zahlreiche Affären und mehrjährige Beziehungen durchziehen die Karriere Michael Keatons, unter anderem mit Michelle Pfeiffer und Courteney Cox. Von 1984 bis 1990 war er mit seiner Kollegin Caroline McWilliams („Meerjungfrauen küssen besser“) verheiratet und hat mit ihr einen Sohn.