Schon Commodus (Joaquin Phoenix) im ersten „Gladiator“ schien nicht mehr ganz in der Realität verhaftet zu sein, und das Zwillingskaiser-Duo Geta (Joseph Quinn) und Caracalla (Fred Hechinger) in „Gladiator II“ legt da noch mal eine ordentliche Schippe drauf. Während Geta vor allem durch Gier und Machthunger korrumpiert und instabil zu sein scheint, tritt sein Bruder sogar regelrecht wahnsinnig in Erscheinung. Was ist da los mit der geistigen Gesundheit der römischen Kaiser?
Sowohl „Gladiator“ als auch „Gladiator 2“ liefern zwar schon Antworten. Commodus ist durch die Vernachlässigung durch seinen Vater Marcus Aurelius (Richard Harris) gestört, Caracalla leidet an einer „Krankheit der Lenden“, die auf das Gehirn übergreift – also an Syphilis. Doch Ridley Scott führt noch einen anderen Grund an: Bleivergiftung.
"Kein Wunder, dass sie komplett durchgeknallt waren"
Nach dem Wahnsinn der von ihm in „Gladiator“ und „Gladiator II“ gezeigten römischen Kaiser gefragt, erklärte Ridley Scott gegenüber The Hollywood Reporter:
„Die Menschen vergessen, dass die gesamte reiche, an der Spitze des Senatoren-Standes stehende römische Aristokratie Wasser zu sich nahm, das durch Bleirohre und Bleitanks gepumpt wurde. Daran denkt niemand. Es gab nichts anderes als Wasser oder Wein. Und wenn man Wasser trank, kam es aus einem Blei-System, das zum damaligen Zeitpunkt schon 200 Jahre alt sein konnte. Kein Wunder, dass sie komplett durchgeknallt waren. Sie waren alle auf dem halben Weg zu Alzheimer.“
Einige Historiker*innen vermuten, dass die durch Blei verursachten Vergiftungen der römischen Elite mit ein Grund für den Untergang Roms gewesen sein könnten. Im Gegensatz zum gemeinen Volk lebten sie in Haushalten mit fließendem Wasser und kochten ihre Nahrung ein Bleitöpfen. Laut eines Artikels des Wissenschafts-Magazins Science soll das Leitungswasser im Römischen Reich tatsächlich um die hundert Mal mehr Blei enthalten haben als das örtliche Quellwasser. Diese Studien haben aber auch ergeben, dass dies nicht reichen würde, um wirklich Schaden anzurichten.
Ridley Scott mischt (ein paar) Fakten mit (ganz viel) Fiktion
Bleivergiftung allein kann es also nicht gewesen sein – und Ridley Scott, der für seine im Brustton der Überzeugung vorgetragenen, aber oft nicht ganz ernst gemeinten Aussagen in Interviews bekannt ist, dürfte sich dessen auch bewusst sein. Schließlich hat er seinen Kaiser-Figuren nicht umsonst noch andere Erklärungen für ihre Instabilität mitgegeben, wie weiter oben erwähnt, ganz zu schweigen von Macht und Reichtum als den Charakter verderbende Elemente.
Interessant ist Scotts Hinweis auf Bleivergiftung aber trotzdem, und er zeigt, dass sich Scott durchaus mit der römischen Geschichte beschäftigt hat – nur um sich dann eben die Elemente so rauszupicken, wie sie ihm für seinen Spielfilm passen, bei dem er es mit den historischen Tatsachen absolut nicht zu genau nimmt.
"Gladiator II": Haie im Kolosseum – gab es das wirklich?So verteidigt Scott die heiß diskutierte Seeschlacht im Kolosseum zwar regelmäßig mit dem völlig richtigen Verweis darauf, dass das Kolosseum damals tatsächlich geflutet wurde und Kämpfe auf Schiffen dargeboten wurden. Aber ob da wirklich Haie mitgemischt haben oder nicht – das sei ihm letztendlich egal, er habe es einfach so gemacht.
Wenn ihr Ridley Scotts bombastisches Action-Epos „Gladiator II“ noch nicht gesehen habt, könnt ihr das jetzt im Kino nachholen. Mit dabei sind Paul Mescal als Lucius, der in die Fußstapfen seines Vaters Maximus tritt, Connie Nielsen als Lucius‘ Mutter Lucilla, Pedro Pascal als General Acacius und Denzel Washington als Gladiatorenstall-Betreiber Macrinus. Mehr über das reale Vorbild für diese Figur erfahrt ihr hier:
"Er ist mit dem Teufel im Bett": Denzel Washingtons Figur aus "Gladiator 2" gab es wirklich – und der echte Macrinus schrieb Geschichte!