Als Hayao Miyazaki 2013 seinen wohl persönlichsten Film „Wie der Wind sich hebt“ veröffentlichte, schien es, als würde der legendäre Animator seine Karriere beenden. Doch als er 2018 eigens für das Ghibli-Museum in Japan den Kurzfilm „Boro The Caterpillar“ beisteuerte, entfachte seine Leidenschaft für das Filmemachen erneut. Und so entstand 2023 doch noch ein weiterer abendfüllender Spielfilm: „Der Junge und der Reiher“.
Dieses Regie-Comeback des japanischen Filmemachers, der vor allem durch Filme wie „Mein Nachbar Totoro“ und „Chihiros Reise ins Zauberland“ Berühmtheit erlangte, wurde hierzulande mit großer Spannung erwartet. Anfang 2024 konnte man „Der Junge und der Reiher“ schließlich in den deutschen Kinos erleben. Solltet ihr den mehrfach prämierten Film, der unter anderem einen Golden Globe, einen BAFTA und den Oscar für den besten Animationsfilm erhielt, im Kino verpasst haben, bietet sich bald eine neue Gelegenheit. Wie Netflix nun bekannt gab, wird „Der Junge und der Reiher“ am 7. Oktober 2024 auf dem Streamingdienst erscheinen.
Damit ist die eindrucksvolle Ghibli-Sammlung des Anbieters im Grunde komplett. Bereits seit einiger Zeit sind dort fast alle Werke der legendären Animationsschmiede vereint. Am 16. September wird noch das an die Nieren gehende Meisterwerk „Die letzten Glühwürmchen“ nachgelegt. Und nach „Der junge und der Reiher“ fehlt von den 25 Ghibli-Filmen dann lediglich noch das in Kooperation mit mehreren französischen Studios entstandene Fantasy-Abenteuer „Die rote Schildkröte“ (bei dem die Rechte wahrscheinlich anderweitig verteilt sind).
Darum geht es in "Der Junge und der Reiher"
Erzählt wird die Geschichte des jungen Mahito, dessen Mutter bei einem Luftangriff während des Zweiten Weltkrieges ums Leben kam. Mit seinem Vater und dessen neuer Frau zieht Mahito anschließend aufs Land. Dort fühlt sich der Junge vom Rest der Welt abgeschottet und beginnt daher, auf eigene Faust die verzauberte Umgebung zu erkunden.
Dabei begegnet er einem geheimnisvollen Graureiher, der sich wie eine Klette an ihn heftet. Nach und nach wird der sonderbare Reiher zu einem Mentor für Mahito, der ihm tatkräftig dabei hilft, die Welt zu verstehen. Auch Mahitos Großonkel spielt eine prägende Rolle in dieser faszinierenden Geschichte über Verlust, Trauer, Vorstellungskraft und den Kampf gegen Egoismus.
Wie seine Autobiografie, verzerrt durch Fantasie
„Der Junge und der Reiher“ zeigt nicht nur einzelne Parallelen zum Jugendroman des von Hayao Miyazaki verehrten Autors Genzaburō Yoshino, sondern es lassen sich auch viele Bezüge zu Miyazakis eigener Lebensgeschichte erkennen. Denn wie die Figur Mahito floh auch Miyazakis Familie während des Zweiten Weltkriegs von Tokio aufs Land. Sowohl Mahitos Vater als auch Miyazakis Vater arbeiteten in der Luftfahrtindustrie.
Viele Fans sehen im Reiher und Mahitos Großonkel zudem eine Spiegelung von Miyazakis beruflichen Wegbegleitern, den Studio-Ghibli-Mitgründern Isao Takahata und Toshio Suzuki. Darüber hinaus gibt es in „Der Junge und der Reiher“ zahlreiche, teils subtile, teils offensichtliche Verweise auf frühere Ghibli-Filme.
Übrigens ist für Miyazaki auch nach „Der Junge und der Reiher“ noch nicht Schluss. Welches Projekt der japanische Animationsmeister als nächstes in Angriff nimmt, lest ihr hier:
Von wegen Ruhestand: Meisterregisseur arbeitet bereits an seinem nächsten Film – und das mit 83 (!) Jahren