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    Ein "Herr der Ringe"-Star als legendärer Superschurke: Über 7 Stunden kontroverser Thriller-Kult neu im Heimkino
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Er findet Streaming zwar praktisch, eine echte Sammlung kann es für ihn aber nicht ersetzen: Was im eigenen Regal steht, ist sicher vor Internet-Blackouts, auslaufenden Lizenzverträgen und nachträglichen Schnitten.

    Bond-Fiesling, „Herr der Ringe“-Star und Horror-Legende Christopher Lee spielte in einer Reihe total abgedrehter, tolldreist-abgeschmackter Thriller einen der berühmt-berüchtigsten Superschurken der Popkultur. Nun erscheint die Reihe als Komplettbox.

    Filmjuwelen

    Jahrzehntelang führte kaum ein Weg an ihm vorbei: Superschurke Dr. Fu Man Chu trieb in zahlreichen Romanen sein Unwesen und eroberte auch das Kino, das Fernsehen, Comics und Radio-Hörspiele. Zudem inspirierte er als wahnsinniger Wissenschaftler und boshafte Ansammlung chinesischer Stereotypen diverse Popkultur-Fieslinge wie den Mandarin aus den Marvel-Comics.

    Eine der erfolgreichsten Darstellungen Fu Man Chus stand im Mittelpunkt einer fünfteiligen, abgedrehten Thriller-Reihe mit Horror-Ikone Christopher Lee. Jetzt gibt es die umstrittenen Exploitation-Kultfilme mit dem späteren „Herr der Ringe“-Star als ultimative Sammelbox: Diese Woche ist „Die Gesamtedition des Dr. Fu Man Chu“ auf Blu-ray erschienen – mit allen fünf Teilen uncut in HD!

    Das 7-Disc-Set umfasst neben „Ich, Dr. Fu Man Chu“, „Die 13 Sklavinnen des Dr. Fu Man Chu“, „Die Rache des Dr. Fu Man Chu“, „Der Todeskuss des Dr. Fu Man Chu“ und „Die Folterkammer des Dr. Fu Man Chu“ sogleich zwei (!) Bonus-Discs. Insgesamt spendiert euch das Label Filmjuwelen über neun Stunden (!) Bonusmaterial und ein digitales Booklet von Filmexperte Dr. Rolf Giesen.

    Durchgeknallte Weltherrschaftspläne aus einer anderen Ära

    Der wahnsinnige und geniale Superschurke Dr. Fu Man Chu (Christopher Lee) will die Weltherrschaft an sich reißen. Immer wieder werden seine garstigen Pläne durchkreuzt, mehrmals wird der boshafte Wissenschaftler von seinen Feinden schwer niedergeschlagen. Doch immer wieder kehrt er arglistiger, ambitionierter und blutgieriger denn je zurück...

    Mit „Die Gesamtedition des Dr. Fu Man Chu“ bringt Filmjuwelen ein exzentrisches Relikt der Bahnhofskino-Ära endlich auch in Deutschland ins HD-Zeitalter. Das gilt ebenso für die internationalen Fassungen der von Harry Alan Towers produzierten Filme wie für ihre ebenfalls auf den Blu-rays enthaltenen, deutschen Schnittfassungen. Die sind etwas flotter erzählt, lassen aber ein paar Gewaltspitzen missen.

    Vom Bond-Trittbrettfahrer zum kultverdächtigen Edelschund

    Die britisch-deutschen Koproduktionen (später stiegen zudem Spanien, Italien und Liechtenstein ein) präsentieren sich anfangs als übertriebene Verzerrungen früher Bond-Filme, in denen nun halt der Schurke im Fokus steht. Sukzessive wird die Reihe aber zum Exploitation-Skurrilitätenkabinett mit immer schrägeren Plots, seltsameren Kulissen und haarsträubenderen Situationen.

    Zudem sind die Filme ein Schaulaufen europäischer Kult-Darsteller*innen. So ist im Reihenauftakt von Regisseur Don Sharp der aus zahlreichen Edgar-Wallace-Filmen bekannte Joachim Fuchsberger mit von der Partie, im zweiten Teil gibt sich mit Heinz Drache ein weiterer Wallace-Veteran die Ehre. Regisseur Jeremy Summers engagierte in Teil drei wiederum die für Skandalfilme wie „Der heiße Tod“ bekannte Maria Rohm, die danach in einer neuen Rolle zur Reihe zurückkehrte.

    Neu im Heimkino: Ein kultiger FSK-18-Reißer erstmals in der rekonstruierten Langfassung

    Jesús Franco gewann letztlich unter anderem Götz George sowie „Goldfinger“-Star Shirley Eaton für die kontroverse Kult-Saga, die man heute so wohl kaum noch machen würde. Schließlich sind diese Filme nicht nur randvoll mit rassistischen Stereotypen: Auch der Umstand, dass Christopher Lee in dick aufgetragener Schminke als Chinese besetzt wurde, erhält heutzutage deutlich mehr Gegenwind als noch in den 1960ern im Mainstream zu vernehmen war. Heute werden solche Castings dagegen zumeist bloß in Bad-Taste-Produktionen und gezielten Satiren getroffen.

    Es wurden aber nicht alle asiatischen Rollen in der Fu-Man-Chu-Reihe auf dieselbe Weise besetzt wie der zentrale Fiesling: So wird seine sadistische Tochter von Tsai Chin verkörpert, einer britischen Darstellerin mit chinesischer Herkunft, die später „Töchter des Himmels“ und „Shang-Chi And The Legend Of The Ten Rings“ mit ihrer Präsenz beehrte.

    In Karriere-Retrospektiven sprach Chin wiederholt darüber, dass die Fu-Man-Chu-Reihe sie vor ein Dilemma stellte: Einerseits wollte sie keine abfälligen Stereotypen aufrecht erhalten, andererseits keine Karrierechancen ausschlagen, die ihr die Möglichkeit versprachen, später respektvollere Rollen anzunehmen und kommenden Generationen den Weg zu ebnen.

    Wer will, kann diese Filmreihe also als notwendiges Übel abspeichern – oder halt als Bahnhofskino-Absurdität mit großen Guilty-Pleasure-Qualitäten, auf die man verständnislos-kopfschüttelnd zurückblicken kann. Und wenn ihr danach einen explosiven Action-Klassiker braucht, um das sich meldende Gewissen hinfort zu sprengen: Wir hätten da einen weiteren Heimkino-Tipp für euch!

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