Er wurde dank solcher Filme wie „Für eine Handvoll Dollar“ und „Dirty Harry“ zur kernigen Leinwandikone. Doch auch hinter der Kamera ist Clint Eastwood geschäftig: Bereits seit 1971 nimmt Eastwood auf dem Regiestuhl Platz, zweimal wurde er schon als Bester Regisseur mit dem Oscar ausgezeichnet – für den Rache-Western „Erbarmungslos“ und für das Sportdrama „Million Dollar Baby“.
Die größten Regie-Ambitionen bewies Eastwood allerdings im Kriegsfilmgenre: 2006 kam mit „Flags Of Our Fathers“ und „Letters From Iwo Jima“ ein thematisches Doppel in die Kinos. Beide Filme befassen sich mit der Schlacht um Iwojima – einmal aus US-amerikanischer Sicht, einmal aus japanischer.
Wirtschaftlich schnitten die Projekte ähnlich und doch unterschiedlich ab: Während „Flags Of Our Fathers“ ein Budget von geschätzt 90 Millionen Dollar verschlang, generierte es an den Kinokassen global bloß 65,9 Millionen Dollar. „Letters From Iwo Jima“ brachte es derweil auf dezent bessere 68,7 Millionen Dollar – kostete in der Produktion aber nur 19 Millionen Dollar und war somit wesentlich einträglicher.
Das Presseecho war in beiden Fällen positiv, jedoch heimste „Letters From Iwo Jima“ obendrein großes Lob aus der Filmbranche ein – etwa in Form eines Academy Awards (für den Besten Tonschnitt) und drei weiteren Oscar-Nominierungen (für das Drehbuch, die Regie und als Bester Film). „Flags Of Our Fathers“ musste sich wiederum mit zwei Nominierungen begnügen: Eine für die Tonmischung, einen für den Tonschnitt.
„Flags Of Our Fathers“ unterdessen wurde mit kleinerer zeitlicher Verzögerung zum Stein des Anstoßes für einen medienwirksam ausgetragenen Zoff zwischen Eastwood und „Inside Man“-Regisseur Spike Lee. Dieser konnte durch eine dritte Regielegende geschlichtet werden: Steven Spielberg!
Schimpfe, missverstandener Hinweis oder Eigenwerbung?
Während der Filmfestspiele von Cannes 2008 meldete sich Spike Lee kritisch über Eastwoods Kriegsfilm-Doppelpack zu Wort. Lee, der wenige Monate später mit „Buffalo Soldiers '44 – Das Wunder von St. Anna“ einen eigenen Film über den Zweiten Weltkrieg veröffentlichen sollte, bemängelte, Eastwood hätte „zwei Filme über Iwojima gemacht, die zusammen über vier Stunden dauern – und es gibt nicht einen einzigen Schwarzen Schauspieler auf der Leinwand!“
Lee hat damit übertrieben, allerdings kommen tatsächlich nur sehr wenige BPoC in Eastwoods Filmen über die Ereignisse in Iwojima vor. Dieser erwiderte Lees Kritik, indem er sich darauf berief, dass er sich auf die Geschichten anderer Soldaten fokussiert hätte.
Augenöffnendes Erlebnis: Dieser Kriegsfilm-Klassiker hat Clint Eastwoods Begeisterung fürs Kino entfachtZudem äußerte er den Verdacht, dass Lee mit seinen Kommentaren bloß Werbung für den anstehenden Start von „Buffalo Soldiers '44 – Das Wunder von St. Anna“ machen wolle. Also forderte Eastwood: „Er soll das Maul halten!“
Daraufhin bezeichnete Lee in einem weiteren Medienkommentar den „Gran Torino“-Regisseur als „wütenden, alten Mann“ und betonte seine Verwunderung, dass sich Eastwood durch seine Äußerungen derart angegriffen fühle. Wie Marc Eliot in seiner Eastwood-Biografie „American Rebel: The Life Of Clint Eastwood“ festhält, war es dann Lee, der nach dem durch Medienschlagzeilen aufgebauschten Schlagabtausch versuchte, eine Schlichtung anzuberaumen.
Lee ging auf Steven Spielberg zu und somit auf einen gemeinsamen Freund: Spielberg sollte zwischen Lee und Eastwood als Vermittler dienen. Darüber hinaus war Spielberg als Produzent an „Flags Of Our Fathers“ und „Letters From Iwo Jima“ beteiligt, jedoch auch langjähriger Förderer von Lees Schaffen – und somit ein geeigneter Mediator in dieser Situation.
Spielberg war erfolgreich: Ihm gelang es, Eastwood zu erläutern, dass es Lee darum ging, schlicht faktisch darauf hinzuweisen, dass die Leistungen von BPoC während des Zweiten Weltkriegs medial kaum thematisiert werden. Er nahm Eastwoods Filme als Beispiel, statt ihm eine böse Absicht zu unterstellen.
Spielberg soll zudem darauf hingewiesen haben, dass der argumentative Schlagabtausch zwischen Lee und Eastwood durch übertreibende, teils kontextlose Berichte erfolgte, was Missverständnisse befeuerte.
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