Steven Soderbergh ist ein echter Tausendsassa. Bei seinen Filmen nimmt er nämlich nicht nur auf dem Regiestuhl Platz, sondern zeichnet in aller Regelmäßigkeit auch für das Drehbuch, die Kameraarbeit, den Schnitt und die Produktion verantwortlich. Diese Vielfältigkeit lässt sich indes auch auf die Genres übertragen, die Soderbergh bedient, denn ein roter Faden lässt sich hier nicht entdecken. Ob Biopic („Erin Brockovich“), Drogen-Thriller („Traffic“), Stripper-Drama („Magic Mike“) oder Sci-Fi-Gedicht („Solaris“) – hier ist für alle etwas dabei.
Am bekanntesten dürfte Steven Soderbergh aber für seine so kultige wie verdammt coole „Ocean's“-Trilogie sein, in der er Geroge Clooney, Brad Pitt, Matt Damon, Julia Roberts und viele, viele weitere Stars auf extrem ausgeklügelte Beutezüge geschickt hat. „No Sudden Move“, der nur noch bis zum 25. Februar 2024 im Flatrate-Abo von Netflix zur Verfügung steht, erscheint wie der düstere Gegenwurf zur „Ocean's“-Reihe, bei dem Soderbergh erneut auf ein beachtliches Starensemble zurückgreifen konnte, mit Glanz und Gloria aber nichts am Hut haben wollte. Wer als Netflix-Abbonnent den Film nicht kennt, sollte ihn schnell noch streamen.
Darum geht's in "No Sudden Move"
Detroit im Jahre 1954: Die mit persönlichen wie professionellen Problemen ringenden Kleinkriminellen Curtis (Don Cheadle), Ronald (Benicio Del Toro) und Charley (Kieran Culkin) werden von dem Unterwelt-Mittelsmann Jones (Brendan Fraser) für einen Job engagiert, der angeblich sehr simpel zu absolvieren sein soll. Für ein paar Tausender sollen sie im Auftrag einer anonymen Organisation die Familie des General-Motors-Angestellten Matt Wertz (David Harbour) als Geisel nehmen, während dieser ein offenbar ernorm wertvolles Dokument aus dem Safe seiner Firma entwendet und ihnen aushändigt.
Natürlich läuft die Sache nicht rund. Das Schriftstück befindet sich nicht im Safe und dementsprechend schnell liegen die Nerven blank. Als dann auch noch Blut vergossen wird, verkomplizieren der ermittelnde Detective Finney (Jon Hamm) sowie der lokale Mafia-Boss Frank Capelli (Ray Liotta) die Angelegenheit. Capelli glaubt nämlich, Curtis hätte ihn betrogen und Ronald würde mit seiner Frau (Julia Fox) schlafen – beide Annahmen sind nicht unangebracht. Als Curtis und Ronald über jede Menge Umwege schließlich doch noch in den Besitz des Dokuments geraten, beginnen die Probleme erst richtig...
Wunderbar-stimmige Krimi-Unterhaltung
In der offiziellen FILMSTARTS-Kritik gab es für „No Sudden Move“ gute 3,5 von 5 möglichen Sternen. In seinem Fazit schreibt unser Autor Oliver Kube: „Das Ende kommt etwas plötzlich und plump daher. Aber davon abgesehen bieten uns Steven Soderbergh und sein exzellenter Cast ebenso kurzweilige wie hochwertige Thriller-Unterhaltung im wunderbar-stimmigen Fünfziger-Noir-Ambiente.“
Steven Soderbergh benötigt nur wenige Minuten, um die Zuschauer*innen geradewegs in die Stimmung des Noir-Kinos der 1950er-Jahre zu versetzen. Dafür sorgen nicht nur das auf alt getrimmte Studiologo, der wunderbar jazzige Score von David Holmes oder die detailverliebte Ausstattung, sondern auch die formidable Kameraarbeit von Soderbergh höchstpersönlich: „Soderbergh [...] verwendet immer wieder Fischaugen-Linsen und ungewöhnliche Winkel. Auch seine Schnitte sind teilweise gegen die üblichen Sehgewohnheiten gebürstet. So wird das Publikum ähnlich wie die Protagonisten immer wieder auf dem falschen Fuß erwischt.“
Neben dem hervorragenden Handwerk und einer Story, die zwar keine Bäume auszureißen vermag, aber dennoch ziemlich spannend geraten ist, sind es natürlich die Schauspieler, die „No Sudden Move“ zu einem Erlebnis machen. Während die aus dem MCU bekannten Don Cheadle (War Machine) und Benicio Del Toro (The Collector) als ungleiches Gaunerduo in den Hauptrollen richtig Laune bereiten, glänzen in den Nebenrollen Hochkaräter wie etwa „Stranger Things“-Held David Harbour, Brendan Fraser („The Whale“), Kieran Culkin aus „Succession“, Jon Hamm („Mad Men“) oder der bereits verstorbene Ray Liotta („GoodFellas“).
"Wir haben ein tolles Drehbuch": George Clooney will neuen "Ocean's Eleven"-Film machen - dieses Urgestein wäre aber nicht dabeiDies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.