Natürlich gab es im letzten Drittel von „Avatar - Aufbruch nach Pandora" gewaltige Schlachtszenen, im Mittelpunkt der 3D-Technik stand aber dennoch die außergewöhnlich farbenfrohe Flora und Fauna des fremdartigen Planeten. Deshalb drängt „Resident Evil: Afterlife" nun als erster mit James Camerons Fusion-Kamera-System gedrehter 3D-Actionfilm tatsächlich in eine Marktlücke. Und Regisseur Paul W.S. Anderson („Resident Evil", „Death Race") zögert keine Sekunde, bis er dem Publikum gibt, wonach es begehrt. Die ersten 15 Minuten sind ein bleihaltiges 3D-Feuerwerk, das zwar keinen Sinn ergibt, aber dafür zumindest bei Testosteron-Junkies mächtig gute Laune verbreitet. Sobald dann aber die eigentliche Handlung einsetzt, schwankt der Film mit Ausnahme einiger visueller Schmankerl nur noch zwischen dämlich und überflüssig.
Vier Jahre ist es her, dass der von der Umbrella Corporation entwickelte T-Virus erstmals einen Menschen in einen Untoten verwandelt hat. Seitdem wurde praktisch die gesamte Menschheit infiziert, die Metropolen liegen fast vollständig in Schutt und Asche. Nur die Mitglieder der Umbrella Corporation haben sich in unterirdischen Forschungsstationen verschanzt, wo sie weiter ihren menschenverachtenden Experimenten nachgehen. Mit Hilfe einer ganzen Schar von Klonen ihrer selbst gelingt es Alice (Milla Jovovich), ein Umbrella-Zentrum in Japan zu zerstören. Allerdings wird ihr dabei ein Serum gespritzt, das sie ihrer übermenschlichen Kräfte beraubt. Fortan muss sie sich wie ein ganz normaler Überlebender durchschlagen. Als sie über Funk von einem Ort erfährt, an dem es keine Infizierten und genügend zu Essen geben soll, fliegt sie in Richtung Alaska, um das geheimnisvolle Refugium Arcadia aufzuspüren...
Die erste Viertelstunde ist ein Auftakt nach Maß. Alice zerlegt ihre Widersacher-Horden mit Samurai-Schwertern, währen dem Publikum die Ninja-Sterne nur so um die Ohren sausen. Kugeln zischen in Bullet Time auf ihre Opfer zu, während die leeren Hülsen vornehmlich in Zeitlupe (die in 3D besser funktioniert als in 2D, wo sie meist arg bemüht wirkt) auf den Boden prasseln. Am eindrucksvollsten sind aber die Mörtelspritzer, wenn die Kugeln der vollautomatischen Gewehre wuchtig in die Wänden einschlagen. In 3D verleihen diese der Action eine ganz neue Unmittelbarkeit. Da fühlt es sich mitunter tatsächlich an, als wäre man zwischen die Fronten zweier schwer bewaffneter Banden geraten. Natürlich streift „Resident Evil: Afterlife" in diesen Szenen gefährlich nahe an einer Jahrmarktsattraktion vorbei, aber wenn man schon Action und 3D zusammenbringt, dann bitte schön richtig und ohne falsche Kompromisse. Bei dieser effektgeladenen Achterbahnfahrt mit beträchtlichem Bodycount (der freundlicherweise zwischendurch unten im Bild eingeblendet wird, ansonsten wäre es auch absolut nicht möglich, den Überblick zu bewahren) gibt es nur ein Problem: Sind die ersten 15 Minuten erst einmal vorüber, könnte man eigentlich auch schon wieder nach Hause gehen.
Denn von da an gibt es nur noch sporadisch gelungene Einfälle wie die Zombiemeute auf dem Hochhausdach, die sich wie eine Lemming-Gruppe in die Tiefe stürzt, oder den herkunftslosen Riesen, der mit seinem gigantischen Hammer unsanft ans Tor klopft. Ansonsten steckt die Story nach einem überflüssigen Umweg über Alaska genau wie Alice bald in einem Gefängnis in Los Angeles fest. Das Szenario rund um eine Gruppe Überlebender, die sich in einem Gebäude verschanzt, während draußen die fresssüchtigen Zombiehorden warten, hat man einfach schon zu häufig gesehen. Außerdem wird man das Gefühl nicht los, dass „Resident Evil: Afterlife" auch gar nicht erst versuchen würde, dem altbewährten Schema frische Nuancen abzutrotzen. Mit Ausnahme einiger ironischer Momente wie dem Oneliner „Ich geh' voraus und halte euch den Rücken frei." oder der Tatsache, dass ausgerechnet „Prison Break"-Star Wentworth Miller der einzige ist, der den Weg aus der Haftanstalt kennt, nimmt sich der Film - gerade in Anbetracht der mitunter grenzdebilen Dialoge - viel zu ernst. Gerade im letzten Drittel, wenn die Handlung doch noch auf Sinn getrimmt werden soll, wirkt es oft so, als hätte sich Autor Paul W.S. Anderson endgültig in seinem eigenen Filmuniversum verloren - ganz ähnlich wie Larry und Andy Wachowski, als sie die pseudophilosophischen Drehbücher zu „The Matrix Reloaded" und „The Matrix Revolutions" verbrochen haben. Alles, was hier in den finalen 25 Minuten passiert, mutet unglaublich bedeutend an, nur interessiert es den Zuschauer leider schon seit einer ganzen Weile nicht mehr.
Milla Jovovich („Das fünfte Element", „Ultraviolet") ist sexy und beweglich wie eh und je, wirkt im vierten Anlauf als Zombie-Schlächterin allerdings ein wenig müde, was aber zum Teil auch an ihrer verschlafenen deutschen Synchronisation liegen mag. Gerade bei den Aufzeichnungen ihres Videotagebuchs meint man, sie würde vor der Kamera gleich wegnicken. Shawn Roberts („I Love You, Beth Cooper") bleibt als Bösewicht Albert Wesker ziemlich blass und schlittert trotz stylischer Sonnenbrille meilenweit an der angestrebten Coolness vorbei. Mit Ali Larter („Heroes") als Claire und Spencer Locke („Cougar Town - 40 ist das neue 20") als K-Mart sind zwei alte Bekannte aus dem dritten Teil „Resident Evil: Extinction" wieder mit dabei, die nun einen filmübergreifenden Zusammenhang vorgaukeln sollen, der aber in Wahrheit gar nicht vorhanden ist. Die Mitglieder der Überlebenden-Truppe, darunter Kim Coates („Sons of Anarchy") als schmieriger Blockbuster-Produzent Bennett und der Deutsche Boris Kodjoe („Surrogates") als selbstverliebter Basketballprofi, besetzen die üblichen Klischees - ohne zu begeistern, aber auch ohne negativ aufzufallen.
Fazit: In Sachen 3D-Action setzen die ersten 15 Minuten Maßstäbe. Aber sobald dann die eigentliche Handlung einsetzt, bricht „Resident Evil: Afterlife" wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Einen fünften Teil wird es dennoch definitiv geben. Und für diesen sollte man sich entweder eine richtige Story überlegen oder - wahrscheinlich noch besser - gleich ganz auf eine Handlung verzichten.