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    Feste & Freunde - Ein Hoch auf uns!
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Feste & Freunde - Ein Hoch auf uns!

    Sieben Feiern und ein Todesfall

    Von Jörg Brandes

    Deutsche Remakes fremdsprachiger Filme haben aktuell Hochkonjunktur. Besonders geeignet dafür erscheinen Stoffe, die sich relativ einfach in ein anderes nationales Umfeld transferieren lassen. Prominente Beispiele aus den vergangenen Jahren sind etwa „Der Vorname“ (2018) und „Das perfekte Geheimnis“ (2019). Ersterer entstand nach einer französischen Komödie von 2012 und kommt mit „Der Nachname“ (2022) und „Der Spitzname“ bereits auf zwei Fortsetzungen. Letzterer ist die deutsche Version eines italienischen Originals von 2016, das inzwischen als Quelle für mehr als 20 (!) internationale Fassungen diente. „Feste & Freunde – Ein Hoch auf uns!“ ist nun das Remake des dänischen Films „Long Story Short“ aus dem Jahr 2015, der es damals nicht regulär in unsere Kinos schaffte.

    Die Dramödie bietet im Vergleich mit den kammerspielartig angelegten Filmen „Der Vorname“ und „Das perfekte Geheimnis“ zwar ein paar Schauplätze mehr, hat mit ihnen aber ein Ensemble unterschiedlicher Typen gemeinsam. Das besondere daran: Die Entwicklung der Figuren verfolgt das Remake über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg – aber immer nur während bestimmter Feierlichkeiten wie Geburtstagen oder Hochzeiten. Die zeitlichen Leerstellen zwischen den Zusammenkünften des Freundeskreises lassen sich dabei prima vom Publikum selbst füllen – und auch sonst geht das Konzept in „Feste & Freunde“ von David Dietl weitgehend auf.

    Auch eine Hochzeit darf bei den insgesamt sieben feierlichen Anlässen in „Feste & Freunde“ natürlich nicht fehlen. LEONINE
    Auch eine Hochzeit darf bei den insgesamt sieben feierlichen Anlässen in „Feste & Freunde“ natürlich nicht fehlen.

    Los geht’s mit dem Partyreigen an Silvester 2019. Als Ellen (Laura Tonke) auf der Jahreswechselfeier auftaucht, die bei Natalie (Jasmin Shakeri) und Maya (Katia Fellin) stattfindet, hat sie gerade eine Affäre mit Sebastian (Ronald Zehrfeld), von der sie sich mehr erhofft, als er zu geben bereit ist. Von seiner Frau Eva (Antje Traue) will er sich jedenfalls nicht trennen. Und während es in der Ehe von Mareike (Annette Frier) und Adam (Trystan Pütter) bereits zu knirschen scheint, beginnt es zwischen Rolf (Nicholas Ofczarek) und Diana (Pegah Ferydoni) gerade erst heftig zu knistern.

    Eingeladen ist auch Max (Henning Flüsloh). Aber der kann sich aus Liebeskummer nicht recht entscheiden und treibt sich lieber unten vor dem Haus herum. Wäre er womöglich ein Match für Ellen, die die Feierlichkeit irgendwann leicht frustriert verlässt und dabei auf Max stößt? Und so geht es mal mehr, mal weniger munter von einer Feier zur nächsten, von denen einige zudem ganz im Zeichen der Corona-Epidemie stehen werden. Dabei zeichnen sich stets neue Entwicklungen, Verstrickungen und Konfliktlinien ab. Es wird geliebt, gelacht, geweint, gestritten und nicht jede Beziehungskrise gemeistert. Freud und Leid liegen hier aufgrund der Zeitsprünge besonders eng beieinander. Langeweile kommt also schon mal nicht auf.

    Kurzweilige Vielfaltigkeit

    Als etwas hervorgehobene Figur kristallisiert sich die nach Liebe und Erfüllung suchende Ellen heraus, die von Laura Tonke mit Verve gespielt wird. Unter der Regie von David Dietl („König von Deutschland“), Sohn des 2015 verstorbenen Film- und Fernsehregisseurs Helmut Dietl („Schtonk!“), bekommen aber auch die anderen Mitglieder des Freundeskreises genügend Raum. Sie repräsentieren nicht nur unterschiedliche Charaktere, Vielfalt ist auch in ihren Beziehungen erkennbar. Die sanfte Dina und der nette Rolf sind das frisch verliebte Paar, Adam und Mareike, die ihren etwas schusseligen Mann ständig zurechtweist, das auseinanderdriftende.

    Bei Eva und dem fremdgehenden Schriftsteller Sebastian hat eher sie den unabhängigen und finanziell besser aufgestellten Part inne, während die lebenslustige und direkte Natalie und die eher zurückhaltende Maya für gleich zwei Beziehungstypen stehen. Zum einen verkörpern sie hier die einzige nicht heteronormative Beziehung, gleichzeitig bilden sie ein Paar mit unterschiedlich ausgeprägtem Kinderwunsch.

    Ellen (Laura Tonke) fühlt sich auf den Freundeskreistreffen nicht mehr so wohl wie früher, seit sie eine Affäre mit dem verheirateten Sebastian begonnen hat. LEONINE
    Ellen (Laura Tonke) fühlt sich auf den Freundeskreistreffen nicht mehr so wohl wie früher, seit sie eine Affäre mit dem verheirateten Sebastian begonnen hat.

    Selbst bei den Anlässen für die Zusammenkünfte ist für Abwechslung gesorgt. Mal ist es eine Hochzeit, mal eine Taufe, die den Freundeskreis zusammenführt. Ein anderes Mal trifft man sich während der Coronazeit zu einer Geburtstagsfeier illegal im Park, oder man bezieht im Sommer eine gemeinsame Ferienunterkunft am Meer. Und, ja, auch eine Trauerfeier ist dabei. Überhaupt unterwerfen Dietl und Drehbuchautorin Elena Senft ihr Publikum einem steten Wechselbad der Gefühle. Ihr Film mag nicht ganz klischeefrei sein, manches wirkt überzogen, anderes etwas platt. Warum etwa muss sich Adam immer betont toffelig anstellen? Und dass Ellen unter Frust- und Alkoholeinfluss beim Essen im Sommercamp partout ihre „schöne Scheide“ zeigen will, ist dann doch ein Tacken zu viel.

    Die meisten Situationen sind jedoch gut getroffen und wirken recht realistisch. Gleiches gilt für viele Dialoge. Zum Beispiel für das kunstvoll verklausulierte Geplänkel zwischen Ellen und Sebastian über ihre Affäre, während alle anderen samt dessen Frau mit am Tisch sitzen. Oder wenn Adam endlich seinem aufgestauten Ärger Luft verschafft und seiner Mareike – in Anspielung auf eine frühere Begebenheit – ihre herablassende Art und den nicht eben exzellenten Ruf der niedersächsischen Hauptstadt den Satz „Du bist nämlich nicht Hawaii, du bist Hannover!“ an den Kopf wirft.

    Fazit: Zehn Freunde, drei Jahre, sieben Feste und eine Trauerfeier – David Dietls Remake eines dänischen Ensemblefilms lädt mit einem gut aufgelegten Cast zu einer schwungvollen, nur gelegentlich etwas holprigen Gefühlsachterbahnfahrt ein.

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