Als ich "Black Swan" im Kino sah, war ich schon bei der Eröffnungsszene unglaublich überwältigt. Für mich war der Film ein gewisser Rausch, der düstere Atmosphäre, sehr gute Schauspielleistungen und das Streben nach Perfektion miteinander verkörperte. Für mich war der Film ein Meisterwerk. Nach dem zweiten Schauen, hat sich dieser Eindruck keinesfalls in die komplett andere Richtung entwickelt. Beim zweiten Schauen kann man mehr auf die zahlreichen kleinen Hinweise achten und das Set an Interpretationsmöglichkeiten erweitern. Jede Figur steht in einer Beziehung zur Hauptfigur Nina, und anhand jeder kann man die Handlung etwas verschieden deuten. Sicherlich spielt Barbara Hershley mit der Mutter diesbezüglich eine sehr interessante Figur, die durchaus kein Monster ist und sich um ihre Tochter sorgt, gleichwohl aber einen großen Anteil an der Verfasstheit von Nina haben muss.
Es fallen einem so zahlreiche kleine Verweise und Details auf, kleine Bilder, kurze Szenen usw. usf. Gleichsam mag man hier und da ein wenig Leerlauf sowie das ein oder andere Klischee bemerken. Dass der Film hingegen schon ganz zu Anfang so undurchsichtig ist, finde ich nicht. Auch die Inszenierung würde ich nicht als "dick aufgetragen", sondern eher als radikal beschreiben, um so Ninas Streben darzustellen. Natalie Portman spielt Nina perfekt, sie hat den Oscar verdient, egal ob sie nun hart gedoubelt in den Tanzszenen gedoubelt wurde oder nicht (entsprechendes kam ja in der Presse vor).
War Nina nun schizophren oder dergleichen? Das Schöne ist, dass der Film einem viele Interpretationsmöglichkeiten gibt, auch bei dem Ende. Völlig faszinierend finde ich aber dieses Streben nach Perfektion, eine Sache wirklich zu meistern und mehr. Nina guckt nicht auf ihr Handy. Sie lässt sich nicht von Musik berieseln wie Lily. Sie steht zu ihrem tun. So gefährlich der Sog dahinter sein mag: Mir sind solche Figuren unendlich sympathisch; vielleicht, weil in unserer Zeit solche Aufopferung selten anzutreffen ist.
Fazit: "Black Swan" wird beim ersten Schauen überwältigen. Beim zweiten Mal bemerkt man dann Schwächen, die aber nicht über die eigentliche Stärke des Films hinwegtäuschen.
P.S. Natalie Portmans Synchronsprecherin macht einen superben Job. Die deutsche Stimme lässt Nina noch verletzlicher wirken. Den Film in deutsch zu gucken ist hier also nur zu empfehlen!