Elizabeth Taylor, die von allen nur Liz genannt wurde, war eine der wenigen wirklichen Leinwand-Legenden. Sie begann ihre Karriere 1942 als Kinderdarstellerin beim Filmstudio MGM, das sie unter anderem für zwei „Lassie“-Kinofilme besetzte. Von nun an waren Kameras ihre ständigen Begleiter, ihr Privatleben interessierte das Publikum ebenso sehr wie ihre Filme. Und auf beiden Ebenen hatte sie einiges zu bieten. Vom Jungstar wurde sie zur ambitionierten Charakterdarstellerin, vom braven Mädchen zu einer schönen Frau, die von den Männern umschwärmt wurde. Zwei Oscars, acht Ehen (zwei davon mit Richard Burton), ein gutes Dutzend absolute Klassiker wie „Ein Platz an der Sonne“, „Giganten“, „Die Katze auf dem heißen Blechdach“, „Cleopatra“ oder „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ sowie unzählige Schlagzeilen.
Kleines Mädchen, großes Herz
Elizabeth Rosemond Taylor wurde am 27. Februar 1932 geboren und verbrachte ihre frühe Kindheit in London, wo sie als Kind aus der gehobenen Mittelschicht eine Privatschule besuchte. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs emigrierte die Familie in die USA und wurde nach zwei Umzügen schließlich in Beverly Hills sesshaft. Taylors Mutter, die bis 1927 selbst als Schauspielerin auf der Bühne gestanden hatte, unternahm den Versuch, ihre Tochter als Kinderdarstellerin zu etablieren. Mit der erfolglosen Kurzfilmkomödie „There's One Born Every Minute“ scheiterte der erste Versuch 1941, doch kurz darauf landete Elizabeth Taylor mit einer Nebenrolle in dem „Lassie“-Kinofilm „Heimweh“ ihren ersten Kassenerfolg, der dem Mädchen einen Sieben-Jahres-Vertrag bei MGM einbrachte. Ihre erste Hauptrolle spielte sie dann 1944 in der prestigeträchtigen Produktion „Kleines Mädchen, großes Herz“ als Mädchen Velvet, das bei einer Lotterie ein Pferd gewinnt und von der Teilnahme am Grand National träumt. Das gefühlige Drama war ein Publikumshit und veranlasste MGM dazu, die Zwölfjährige als Star aufzubauen. Ihren letzten Auftritt als Kinderstar absolvierte Liz Taylor 1946 in „Held auf vier Pfoten“ und schloss damit den Kreis dieser ersten Phase ihrer Laufbahn.
Ein Platz an der Sonne
In der nächsten Etappe stieg die schöne Elizabeth Taylor in Filmen wie „Cynthia“, in dem sie eine rebellische Tochter darstellt, „Wirbel um Judy“ oder „Kleine tapfere Jo“ zur Teenager-Ikone auf. Ihr Debüt als weibliche Hauptdarstellerin abseits der jugendlichen Typ-Besetzung gab Elizabeth Taylor mit 17 Jahren im wenig erfolgreichen Spionagethriller „Verschwörer“ von 1949. Sie spielte eine Amerikanerin, deren Ehemann ein Spion der Russen ist. Es folgte eine weitere Tochter-Rolle an der Seite von Spencer Tracy in der Erfolgskomödie „Der Vater der Braut“ (1991 mit Steve Martin und Diane Keaton neu verfilmt), die ein Jahr später mit „Ein Geschenk des Himmels“ fortgesetzt wurde. Der Durchbruch als Charakterdarstellerin gelang Taylor 1951 in der Paramount-Produktion „Ein Platz an der Sonne“ unter der Regie von George Stevens, in sie eine junge Dame gehobenen Standes spielte, für die der Emporkömmling Montgomery Clift seine Film-Freundin Shelley Winters ermordet. Im kommerziell erfolgreichen Kostümfilm „Ivanhoe - Der schwarze Ritter“ (1952) bestritt sie dann wieder eine kleinere Rolle, ihr Studiovertrag bei MGM wurde dennoch um weitere sieben Jahre verlängert.
Turbulentes Privatleben
In den 50er Jahren wählte Elizabeth Taylor, deren Spielraum durch die vertragliche Bindung an MGM eingeschränkt war, oft unglückliche Engagements. Hinzu kam die schlechte Presse, die ihr die bereits nach neun Monaten geschiedene Kurzehe mit dem Hotelerben Nicky Hilton einbrachte – für die damalige Zeit ein aufsehenerregender Fehltritt. Durch die oft wechselnden Sexualpartner und Taylors offenen Umgang mit diesem Lebenswandel verbesserte sich ihr Ruf nicht gerade, aber zugleich baute sie auch ein aufregendes Image als selbstbestimmte Diva auf. In der Fitzgerald-Verfilmung „Damals in Paris“ spielte Liz Taylor 1954 folgerichtig eine junge Frau, die mehr an ihren eigenen Vergnügungen als an den Sorgen ihres Ehemannes interessiert ist.
Der lange Weg zum Oscar
Ihre nächste große Charakterrolle übernahm Elizabeth Taylor 1956 erneut für George Stevens. In „Giganten“ spielte sie an der Seite von Rock Hudson und James Dean, mit dem Taylor sich anfreundete, die kultivierte Schönheit Leslie, die aus dem Norden als frischangetraute Braut eines Ranchers nach Texas kommt. Taylor bekam für die vielschichtige Darstellung über eine Handlungsspanne von über 20 Jahren erneut viel Kritikerlob und setzte ihre Arbeit mit der Hauptrolle in „Das Land des Regenbaums“, der ersten Breitbildproduktion von MGM, auf gleicher Schiene fort. Für die Darstellung der unglücklichen Ehefrau von Montgomery Clift erlernte Taylor einen Südstaatenakzent und erhielt ihre erste Oscar-Nominierung. Die zweite und dritte folgten im Jahresrhythmus mit den beiden Tennessee Williams-Verfilmungen „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ mit Paul Newman und „Plötzlich im letzten Sommer“ von Joseph L. Mankiewicz mit Katharine Hepburn und Montgomery Clift. Nun war Taylor endgültig auch als ernstzunehmende Darstellerin etabliert. Den ersehnten Oscar gewann sie dann allerdings 1961 mit der vierten Nominierung nacheinander für die umstrittene Starrolle der Gloria in „Telefon Butterfield 8“, in dem Taylor eine Frau mit fragwürdigem Lebenswandel verkörperte und prompt wieder mit angeblichen Parallelen zu ihrem Privatleben konfrontiert wurde.
„Cleopatra“
Mit „Butterfield 8“ hatte Elizabeth Taylor ihre vertraglichen Pflichten gegenüber MGM endlich erfüllt, sie war nun freiberuflich tätig und konnte für ihre Mitwirkung im Monumentalepos „Cleopatra“ 1960 die Rekordgage von einer Million Dollar aushandeln. Noch nie hatte ein Schauspieler bis dahin eine höhere Gage erhalten. Mit dem entsprechenden Selbstwusstsein stattete Taylor ihre Herrscherin vom Nil aus, die den Mächtigen Roms den Kopf verdreht. Cleopatra ist das absolute Zentrum des Films und ihr Look wurde zur Modesensation. Und Taylor bestimmte auch die Klatschseiten der Magazine, denn zunächst hatte sie gravierende Gesundheitsprobleme, die einen lebensrettenden Luftröhrenschnitt erforderlich machten. Und nachdem die Dreharbeiten in London abgebrochen und in Rom neu angefangen wurden, begannen Taylor und Richard Burton, der den Marcus Antonius spielte, eine Liebesbeziehung, obwohl beide anderweitig verheiratet waren.
Die Amour fou mit Richard Burton
In den USA erhitzte der Tabubruch die Gemüter: Die Beziehung zwischen Elizabeth Taylor und Richard Burton beherrschte bis weit in die 70er Jahre die Klatschspalten: Im Jahr 1964 heirateten sie – zehn Jahre später wurde die bis dahin fünfte von insgesamt acht Ehen Taylors geschieden; eine zweite Eheschließung der beiden währte vom Oktober 1975 bis in den Juli des folgenden Jahres. Während ihrer ersten Ehe standen Elizabeth Taylor und Richard Burton in insgesamt zehn Kinofilmen gemeinsam vor der Kamera, etwa in „Hotel International“, in dem Taylor ihren von Burton gespielten Ehemann verlassen will, um mit einem jüngeren Mann durchzubrennen, oder im Drama „...die alles begehren“ von Vincente Minnelli, in dem die beiden einen Geschlechterkampf austragen.
„Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“: Elizabeth Taylors letzter großer Erfolg
In Mike Nichols' Regiedebüt „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ trat Elizabeth Taylor 1966 erneut an der Seite von Richard Burton auf. Wieder einmal trugen die beiden vor der Kamera einen Ehekrieg aus. In dem kommerziell und künstlerisch erfolgreichen Film bot Taylor eine komplexe Darbietung und bewies Mut zur Hässlichkeit bewies – dafür erhielt sie ihren zweiten Oscar. Nachdem sie in „Der Widerspenstigen Zähmung“ (erneut mit Burton), einer Verfilmung des gleichnamigen Lustspiels von William Shakespeare, und in John Hustons Kammerspiel „Spiegelbild im goldenen Auge“ ihre streitsüchtige Figur aus „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ variiert hatte, begann Elizabeth Taylors Stern allmählich zu sinken. Bereits der große Erfolg von Nichols' Erstling deutete auf eine Zeitenwende in der amerikanischen Filmlandschaft hin: Werke wie „Bonnie and Clyde“ und „Die Reifeprüfung“ begründeten ab 1967 die Ära des New Hollywood, in der neue Gesichter gefragt waren und die Stars des alten Studiosystems ins Hintertreffen gerieten. So erhielt Elizabeth Taylor für ihre Auftritte in Filmen wie „Die Frau aus dem Nichts“ (1969), „Das einzige Spiel in der Stadt“ (1970) oder „Unter dem Milchwald“ (1972) zwar nach wie vor hohe Gagen, fand aber weder bei den Kritikern noch an den Kinokassen der USA nennenswerten Anklang. In Europa hingegen erkannten die Kritiker teilweise erst in dieser Phase, in der Elizabeth Taylor – auch aufgrund ihrer gestiegenen Körperfülle – zunehmend unattraktive Frauen spielte und herausforderndere Rollen annahm, die schauspielerischen Fähigkeiten der Diva.
Das Ende einer Karriere
Elizabeth Taylors letzte Kinoauftritte in „Der blaue Vogel“ (1976), „Mord im Spiegel“ (1980) oder „Die Familie Feuerstein“ (1994) blieben weitgehend unbeachtet. Im Jahr 1981 stand Liz Taylor in der Broadway-Aufführung „Die kleinen Füchse“ erstmals auf der Bühne, ein Ausflug ins Theater, den sie 1983 mit dem erfolgreichen Scheidungslustspiel „Private Lives“ wiederholte, in dem sie zum letzten Mal neben Richard Burton auftrat, der 1984 verstarb. Bis ins Jahr 2001 trat Elizabeth Taylor, die in den Achtzigern wegen ihres Alkoholismus' zwei stationäre Entzugstherapien durchmachte, regelmäßig in TV-Produktionen auf, von denen die auf sechs Episoden verteilte Nebenrolle in der beliebten Fernsehserie „Fackeln im Sturm“ von 1985, einer Mischung aus Seifenoper und Bürgerkriegsdrama, heraussticht. Nach und nach wandte Taylor ihre Aufmerksamkeit stärker wohltätigen Zwecken zu, 1993 sie einen Ehrenoscar für ihr Engagement gegen die zunehmende Verbreitung von Aids. 2003 beendete Elizabeth Taylor ihre Laufbahn als Schauspielerin offiziell. Am 23. März 2011 starb sie als eine der letzten großen Hollywood-Diven aus der Blütezeit des Studiosystems in einer Klinik in Los Angeles an einem Herzleiden.