In Deutschland ist Max Huang noch relativ unbekannt, dabei ist er seit über zehn Jahren im Filmgeschäft tätig. Der aus Nürnberg stammende Huang ist Teil des Jackie Chan Stunt Team. „Police Story“ -Superstar Jackie Chan gründete diese Gruppe bereits erstmals in den 1970er-Jahren, bildet damit auch eigene Stunt-Könner aus, doch hat vor allem ein extrem eingespieltes Team, wenn es um die Action in seinen Werken geht.
Max Huang ist seit vielen Jahren Teil des Teams, also einer der Schüler von Jackie Chan. Er arbeitete bereits an zahlreichen Werken des Superstars wie zum Beispiel „Police Story 2013“ mit und wurde auch in Hollywood-Filmen wie „Kingsman“ schon für Stunts eingesetzt.
Doch wie es sein „Mortal Kombat“-Co-Star Lewis Tan gerade bereits schafft, will Max Huang auch in größeren Rollen vor der Kamera präsenter werden. Das verriet er uns im Interview zur Verfilmung des Kult-Videospiels.
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Im Interview sprechen wir nicht nur über „Mortal Kombat“ und eine besonders brutale Szene des Films rund um seine Figur, sondern diskutieren auch ein wenig das moderne Hollywood-Action-Kino.
Warum schaffen nicht mehr Menschen den Sprung aus den Stuntteams in größere Rollen vor die Kamera? Wie wichtig ist es für gutes Action-Kino, einen größeren Einblick zu bekommen? Und wie sehr kann er dabei seinem Vorbild und Mentor Jackie Chan nacheifern?
Bei Jackie Chan werde ich weiter nervös
FILMSTARTS: Nachdem du schon sehr viel Erfahrung im Filmgeschäft hast, seit Jahren mit einer Legende wie Jackie Chan arbeitest, ist „Mortal Kombat“ nun deine erste große Rolle als Schauspieler – und dann auch gleich an der Seite einiger wirklich starker Namen im Actiongeschäft. Warst du da noch nervös?
Max Huang: Der komplette Cast und die Schauspieler waren einfach supernett und warmherzig. Ja, vorher war natürlich Anspannung da, wenn man plötzlich mit Leuten wie Hiroyuki Sanada arbeitet, der schon bei „Last Samurai“ mit Tom Cruise vor der Kamera stand. Aber sobald man sie in Person kennenlernt, ist das weg. Das sind alles normale, liebe und nette Menschen und wir versuchen alle gemeinsam, eine geile Zeit zu haben und ein tolles Produkt zu erschaffen.
Und ich bin es ja mittlerweile auch gewöhnt über die Jahre immer wieder auf Persönlichkeiten zu treffen, die wirklich jeder kennt. Und da ist man dann nicht mehr so nervös – mit einer Ausnahme: Obwohl ich Jackie [Chan] jetzt schon zehn Jahre lang kenne, bin ich bei ihm immer noch nervös. Das kriege ich nicht weg, aber er ist der einzige Star, bei dem das so ist.
FILMSTARTS: Du hast eine der coolsten und blutigsten Szenen des Films, die „Mortal Kombat“-Fans begeistern dürfte. Sticht die auch für dich heraus oder was war dein Highlight beim Dreh?
Max Huang: Definitiv mein Highlight. Erst mal freue ich mich, wenn die Szene dir gefallen hat. Und ja, das war wohl die intensivste Szene mit viel Blut und einer Fatality, wie man sie so glaube ich noch nicht gesehen hat. Fans werden da definitiv auf ihre Kosten kommen. Und ansonsten haben mir natürlich die Kampfszenen insgesamt auch am meisten Spaß gemacht.
Da hatte ich nämlich viel Freiraum. Das Team meinte zu mir: Du bist doch der von Jackie, also mach mal. Und so hatte ich viel Spielraum bei der Choreographie und dafür war ich sehr dankbar und ich habe dann auch mein Bestes gegeben. Das selbst so machen zu dürfen, war auch schon ein Highlight für mich.
Gleichzeitig waren aber eigentlich die Schauspielszenen am interessantesten, denn das ist der Weg, den ich gehen will. Das ist mein Ziel: Ich habe mich jahrelang mit Schauspiel beschäftigt und will nicht nur als Action-Schauspieler gesehen werden. Ich möchte jemand werden, der Schauspiel, aber auch die Art, wie man Action vor der Kamera verpackt, miteinander verbindet, und nicht eins davon vor das andere stellen.
Ich glaube, da gibt es sehr wenige Leute, die das machen. Oft sieht man in B-Movies Leute, die sich sehr gut bewegen können, aber wenn es zum Schauspiel kommt, ist das ein Problem. Und andersrum ist es genauso: Viele großartige Schauspieler wissen nicht, wie man sich in einer Actionszene bewegt. Beides zu verbinden ist also fast schon eine Marktlücke, die ich füllen möchte und auch werde.
Im Weitwinkel: So muss Action aussehen
FILMSTARTS: Das ist ein interessanter Punkt, den du ansprichst, weil auch ich mich frage, warum diese Welten so selten gut verbunden werden. Im aktuellen Hollywood-Kino nimmt man dann doch den Schauspielstar und lässt ihn im Zweifel doubeln statt mal mehr, wie ihr es hier macht, wirkliche Action-Experten wie dich und Lewis Tan zu nehmen und euch auch als Schauspielern die Chance zu geben. Warum machen das so wenige?
Max Huang: Ich glaube, dass Begriffe wie Stuntman oder Action-Darsteller einfach von einem Vorurteil behaftet sind: Diese Art von Schauspieler können einfach nicht spielen. Und das stimmt meiner Meinung nach überhaupt nicht. Natürlich gibt es viele Beispiele, wo es schief gelaufen ist, aber wenn man mal diese Vorurteile ablegt und einfach den Mensch an sich betrachtet: Was bringt er auf den Tisch? Hat er diese Fähigkeiten? Und wenn ja: Dann lasst uns ihn doch nehmen und in den Film integrieren.
Klar ist aber auch viel verbunden mit Namedropping. Ein großer Star zieht nun mal auch die Masse an, aber gerade im 21. Jahrhundert sollten wir an dem Punkt sein, dass wir auf die Qualität schauen und neuen Leuten eine Chance geben. Da kommt es auch auf die Authentizität an: Wenn jemand noch nie was mit Action am Hut hatte oder vielleicht mal eine Stunde irgendwo im Kampfsport-Studio war, dann sehen das die Zuschauer heute. Und natürlich fühlen sie: Da ist doch ein Double. Das war nicht er.
Da sind wir auch bei verschiedenen Ansätzen vom Action-Kino: Ich bin jemand, der sagt: Die Kamera muss eigentlich ganz offen sein, also im Weitwinkel. Du musst in einer Actionszene die komplette Performance sehen. Das ist es, was ich persönlich genieße. Wenn sich zwei Meister wirklich gegenüberstehen und performen. Und das haben die Macher von „Mortal Kombat“ begriffen: dass dieses Konzept funktioniert, dass die Leute so etwas Echtes auch wollen.
FILMSTARTS: Kung Lao hat seinen ikonischen Hut. Wie schwer war es, diese bei den Fans so beliebte Waffe immer wieder in deine Choreographie einzubauen, sie aber auch nicht überzubenutzen.
Max Huang: Das Wort „überbenutzen“ ist da ein gutes Stichwort. Wenn man das Spiel kennt und die Figur kennt, dann denkt man sofort daran, wie er sich über die Krempe streift. Und genau bei diesem Move wollte ich sehr vorsichtig sein, wann ich den einsetze. Wenn man das zu oft wiederholt, wirkt es schnell wie ein Gimmick.
Daher muss man sich vorher, wenn man das Skript liest, genau überlegen: Okay, wo baue ich diese Momente ein. Das war ein sehr wichtiger Prozess.
FILMSTARTS: Und wie hat dieser schwere Hut allgemein deine Herangehensweise an die Actionszenen beeinflusst?
Max Huang: Ja, das war gar nicht so einfach. Der hat schon ein paar Kilo gewogen, wobei wir, glaube ich, zehn verschiedene Ausfertigungen hatten und ich es ja dann irgendwie auch hinbekommen habe, damit zu kämpfen. Aber eingeschränkt bist du schon – allein durch die Krempe, die ja direkt vor einem sitzt. Und wenn man eine Bewegung in der Luft machen will, stößt man da auch schnell an.
Das waren alles so Sachen, bei denen ich mich einfinden musste und dann auch den Kampfstil auch noch mehr darauf zuschneiden musste. Denn bestimmte Bewegungen sind damit einfach gar nicht möglich.
Wunsch: Ein Spin-off mit Kung Lao und Liu Kang
FILMSTARTS: Wenn wir mal weg von der Action gehen, haben wir in „Mortal Kombat“ so viele Figuren, dass ihre Geschichten im Film leider nur angerissen werden. Da fallen dann zu Kung Lao und seiner Vergangenheit mit Liu Kang nur ein paar Indizien. Haben du und dein Co-Star Ludi Lin da noch mehr ausgearbeitet oder war es klar, dass man das in dem Film sowieso nicht so ausführlich erzählen kann...
Max Huang: Erst mal muss ich sagen, dass es toll war, diese Szenen mit Ludi Lin zu spielen, weil wir eine sehr brüderliche Beziehung haben und uns schon seit einigen Jahren kennen.
Klar hätte ich gern noch mehr gemacht, aber das Skript, so wie es geschrieben war, hat das leider nicht erlaubt. Wobei ich glaube, dass jeder Schauspieler, jede Figur in dem Film einen scheinenden Moment bekommt. Keine Figur kommt wirklich zu kurz.
Aber für die Zukunft würde ich mir natürlich wünschen, dass wir beide vielleicht ein Spin-off oder so etwas machen, wo dann diese beiden Figuren wirklich im Fokus stehen. Das wäre spitze.
FILMSTARTS: Du hast schon angesprochen, dass du deine Zukunft als Schauspieler siehst. Aber du hast als Regisseur ja auch einen Kurzfilm gedreht, der am Ende auch eine beeindruckende Actionszene hat und für mich wie eine Arbeitsprobe für einen Langfilm wirkt. Hast du also auch Ambitionen hinter der Kamera?
Max Huang: Auf jeden Fall. Ich nehme da jetzt mal Jackie Chan als Beispiel, weil er dadurch berühmt geworden ist, dass er alle Elemente beherrscht, wenn es darum geht, einen Film zu machen. Er weiß, wo die Kamera stehen muss. Er weiß, wie man einen Schnitt setzt und zwar wann und wo. Wie man Actionszenen choreografiert. Wie man Drehbücher schreibt. Wie man produziert.
Und man muss nicht in allem selbst ein Meister sein, aber wenn man ein gutes Verständnis davon hat, wie ein Film funktioniert, dann ist es wie eine eigene Unterschrift, die man darunter setzt und dann erkennen die Leute auch: Okay, das ist der und der Stil und der gefällt mir.
Andere Wege sind deswegen nicht schlecht, aber ich glaube, dass man auch etwas Neues erarbeitet, wenn man als Filmemacher selbst diese ganzen Komponenten irgendwie versteht und zusammenbringt. Und das war mein Anspruch mit dem Kurzfilm. Und deswegen wünsche ich mir auch die Chance zu bekommen, das mal in einem größeren Stil zu machen. Und ich glaube, so etwas, wie ich da mache, gibt es zur Zeit auch in Deutschland und vielleicht sogar in Europa noch nicht.
Hier könnt ihr euch übrigens Max Huangs Kurzfilm „No Way Out“ anschauen:
FILMSTARTS: Durch die vielen Verschiebungen erscheint „Mortal Kombat“ nun in einer Zeit, wo vielen Menschen präsenter geworden, wie viel Rassismus und Hass es sowohl in den USA aber auch in Deutschland gegenüber asiatisch gelesenen Menschen gibt. Glaubst du, euer Film, der ja mit einer ganz selbstverständlich-diversen Besetzung aufwartet, kann da ein wenig bewegen?
Max Huang: All das, was zuletzt passiert ist, zu sehen, macht mich natürlich traurig und auch irgendwie wütend. Ich weiß aber auch, dass das Problem nicht erst seit gestern besteht – gerade in Amerika. Das hat schon 1882 mit dem Chinese Exlusion Act angefangen, mit dem die Einwanderer aus China wirklich ausgegliedert wurden, nicht mehr als Amerikaner angesehen wurden, tatsächlich keinen Pass und nichts mehr bekommen haben, obwohl sie mitgeholfen haben, das Land aufzubauen.
Und das führte sich natürlich zuletzt in der Politik fort, die Trump betrieben hat. Er hat diese Hetze mit Sprüchen wie „Kung-Flu“ oder „Chinese Virus“ wieder vorgebracht.
Ich glaube, dass wir mit „Mortal Kombat“ dagegen eine ganz starke Botschaft vertreten – allein dadurch, dass wir so einen diversen Cast haben. Aber auch weil wir – ich glaube – neun Schauspieler asiatischer Herkunft in unserem Film haben. Und eine solche Gemeinschaft starker aber auch präsenter Figuren in einem Film zu sehen, ist eigentlich etwas Neues. Denn bisher hat man sonst immer den einen Asiaten hier und da mal in einem Ensemble.
Und ich hoffe, dass es so in Zukunft weitergeht – und zwar egal mit welcher Hautfarbe. Die Leute sollen ihre Kultur zeigen, ihre Werte vermitteln. Und am Ende sind wir alle gleich viel wert!
„Mortal Kombat“ ist seit dem 13. Mai 2021 in Deutschland erhältlich. Beim VoD-Anbieter eures Vertrauens könnt ihr den Film kaufen und anschließend so oft ihr wollt streamen.
Mehr "Mortal Kombat" im Podcast Leinwandliebe
Noch mehr „Mortal Kombat“ gibt es übrigens in der aktuellen Ausgabe unseres Podcasts Leinwandliebe, in dem wir auch den „Mortal Kombat“-Experten Kai Schmidt vom Gaming-Magazin GamePro zu Gast haben.