Regisseur Martin Scorsese, der allgemein als Wegbereiter des modernen Hollywood-Kinos gilt, trat vor kurzem eine riesige Diskussion los, als er erklärte, dass Marvel-Filme für ihn kein Kino seien und er sie stattdessen mit Themenparks verglich. Die Debatte, in der sich auf den ersten Blick die Verfechter einzelner Originalfilme und die Macher großer, milliardenschwerer Filmreihen gegenüberstehen, wurde etwa durch die Kommentare von Regie-Größe Francis Ford Coppola („Apocalypse Now“) noch verschärft, der Marvel-Filme gar als „abscheulich“ bezeichnete.
Nun meldeten sich erstmals auch die Marvel-Stars Scarlett Johansson (Black Widow), Chris Evans (Captain America) und Chadwick Boseman (Black Panther) zur Debatte zu Wort. Gemeinsam vor der Kamera standen sie zuletzt etwa bei „Avengers 4: Endgame“.
„Jemand musste es mir erklären, denn zuerst schien es mir so traurig und enttäuschend“, verriet Johansson im Variety-Gespräch mit Chris Evans. „Dann sagte mir jemand: ‚Ich denke es geht darum, dass im Kino weniger Platz ist für kleinere Filme, weil Blockbuster alle Kinos für sich einnehmen.‘ Da begann ich darüber nachzudenken, wie Menschen mittlerweile Inhalte konsumieren und wie gewaltig sie ihre Sehgewohnheiten geändert haben."
Chris Evans brach eine Lanze für alle Arten der Kreativität: „Originale Inhalte inspirieren kreative Inhalte. Ich denke, neue Ansätze halten das kreative Rad in Schwung. Und ich glaube, es ist für uns alle genug Platz. [Die Marvel-Kritik] ist so, als würde man sagen: ‚Diese Musik ist keine echte Musik.‘ Wer bist du denn, das zu sagen?“
Chadwick Boseman: Scorsese hat Hintergedanken
Wo Evans‘ und Johanssons‘ Kommentare noch eher diplomatisch daherkommen, vermutete Chadwick Boseman im Gespräch mit dem Radiosender BBC 5 Live bei Scorseses Kommentaren einen eindeutigen Hintergedanken. „Man muss sich schon fragen, warum er das ausgerechnet jetzt sagt. Er sagt es zu einer Zeit, in der er sich um eine Oscarnominierung bemüht und einen Netflix-Film draußen hat, mit dem sich nun [durch die Diskussion] mehr Leute beschäftigen.“
Boseman betonte auch, dass die essenziellen Werte von Scorseses Kino, etwa die Vermittlung von Emotion, auch in „Black Panther“ zum Tragen kommen – etwa in den Ängsten schwarzer Menschen, die im Film dargestellt werden: „Falls er ihn gesehen hat, hat er dieses Gefühl der schwarzen Menschen nicht verstanden. Wir dachten, ‚Die Weißen bringen uns um. Wir fühlten diese Angst, als wir im Kino saßen.“
Inwiefern sich Scorseses Idee von Kino gegenwärtig von der Methode großer Marvel-Filme unterscheidet, werden wir bald feststellen können: Scorseses neuer Film „The Irishman“ läuft am 14. November 2019 in ausgewählten Kinos an. Ab dem 27. November 2019 ist er auch auf Netflix verfügbar. Wir empfehlen eindeutig den Kinobesuch.
"The Irishman": Diese Kinos zeigen Martin Scorseses Mafia-Thriller