+++ Meinung +++
Die halbe Welt scheint sich über die Besetzung von Mahershala Ali („Alita: Battle Angel“) als Blade zu echauffieren. Geht überhaupt nicht, weil ganz klar Wesley Snipes diese Rolle abonniert hat! Doch bevor der gemeinschaftliche Ärger weitergeht, bitte kurz innehalten: Eine Comic-Adaption, auch der erste „Blade“-Film, ist immer bereits eine Abwandlung des Originals. Und dass der Aufschrei, als Mitte der Neunziger bekannt wurde, ein „Blade“-Film mit Wesley Snipes in der Hauptrolle sei in der Mache, nicht so gewaltig war, wie er es heute ist, liegt primär an einer Sache: Das Internet war damals noch kein so großer Shitstorm-Resonanzraum.
Brodelnde Skepsis, ob der Kerl aus dem wurstigen „Passagier 57“ und dem augenzwinkernden „Demolition Man“ den tragischen Marvel-Helden denn überhaupt gebührend darstellen könne, gab es auch zu jener Zeit schon. Man zeigte sich höchstens deshalb einen Deut gnädiger, weil sich in den 90ern jedermann gierig die Finger nach jeder Comicumsetzung leckte, die nicht unbedingt „Teenage Mutant Ninja Turtles“ war. Heute hingegen konsumieren wir gefühlt drei Marvelfilme pro Woche, als wäre das nie anders gewesen.
Eine Neuverfilmung von ist "Blade" kein Sakrileg
Die existierenden „Blade“-Filme sind kein unantastbares Heiligtum. Nicht „Blade“ von Regisseur Stephen Norrington, von dem danach außer der bemerkerkenswerten Leistung, mit „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ die ansehnliche Schauspielkarriere Sean Connerys zu einem bizarren Ende zu führen, nie wieder etwas kam (immerhin auch mit Vampir). Und nicht einmal „Blade 2“ von Guillermo del Toro – Blut-Dusch-Disco-Szene hin oder her. Über „Blade: Trinity“ und insbesondere das schmachvolle Serien-Fiasko „Blade – Die Jagd geht weiter“, ebenfalls mit Neubesetzung, breiten wir an dieser Stelle sowieso lieber den Mantel des Schweigens.
Keine Frage: Wesley Snipes' Interpretation der Figur hat großen Wiedererkennungswert, an den ein Mahershala Ali erst einmal herankommen muss, ganz gleich wie viele Oscars dieser gewann. Und ja, die Filme sind im besten Sinne Kinder ihrer Zeit, die man sich auch heute noch problemlos anschauen kann. Sie sind stylisch, selbstbewusst cool, gehen kreativ mit ihrem Setting um, stecken voller erinnerungswürdiger Choreographien und sind außerdem so angenehm wie angemessen erwachsen. ABER:
Erstens gehen die vorherigen Filme nicht verloren, wenn ein neuer „Blade“ kommt. Wer aus irgendwelchen Gründen niemals jemand Anderen als Wesley Snipes in der Rolle des Daywalkers sehen will, der guckt eben weiter nur die alten Filme. Manchmal ist es wirklich so einfach.
Zweitens ist keinesfalls ausgeschlossen, dass Mahershala Ali eben doch der coolere Blade sein kann. Ein besserer Schauspieler als Snipes ist er nämlich ganz ohne Frage. Eigentlich gibt es nur einen einzigen gültigen Grund, der gegen ihn in der Rolle des Blade spricht: In „Marvel's Luke Cage“ – zumindest auf dem Papier ebenfalls im MCU angesiedelt – verkörperte er bereits den Antagonisten Cottonmouth.
Wesley Snipes sieht's entspannt
Wesley Snipes selbst nimmt die Neubesetzung jedenfalls locker. Zudem gelobte MCU-Mastermind Kevin Feige selbst, es könne keinen „Blade“ ohne Wesley Snipes geben. In irgendeiner Form wird der Schauspieler demnach am Projekt beteiligt sein. Ob als Mentor, Bösewicht, in Form eines Cameo-Auftritts oder anders, das wird sich zeigen.
Unabhängig von all dem steht am Ende fest: Wenn die Welt mehrere „Spider-Man“-Reboots in verdammt kurzer Zeit verkraften kann, dann sollte ein weiterer Blade eigentlich ebenfalls drin sein.
So passen Vampire ins MCU
Dass von Blade, vor allem aber von Vampiren generell, im Marvel-Universum noch nichts zu sehen war, legt die Vermutung nahe, dass es eine direkte Adaption des Blade aus den Comics nicht geben wird. Aber das MCU arbeitet ja von Anfang schon mit sorgsam aus den Vorlagen extrahierten Einzelbausteinen, die dann neu zusammengefügt werden. So wird es wohl auch bei „Blade“ kommen. Zu sehen, wie Blade mit Doctor Strange gemeinsame Sache macht, um gegen Dracula höchstselbst anzutreten, wie es in in den „Nightstalkers“-Comics geschieht? Das klingt einfach zu spaßig, als dass sich Feige und Co. diese Chance entgehen lassen würden!
Übrigens: In eben dieser Story werden durch das Wirken der Montesi Formula zeitweilig alle Vampire von der Erde getilgt. Vielleicht fand dieses Ereignis im MCU ja deutlich früher statt, was das (bisherige) Ausbleiben der Blutsauger erklären würde (oder die Formel erschafft im MCU Vampire statt sie auszutilgen). Denkbar wäre auch, dass es dennoch die ganze Zeit über Vampire gab, die schlichtweg so geschickt im Verborgenen agierten, dass niemand von den Weltenrettern von ihnen Notiz nahm. Oder sind einige, die durch Thanos‘ Schnipser verschwanden und dann zurükgeholt wurden, nun untote Wiedergänger? Am wahrscheinlichsten ist gewiss aber folgendes Szenario: Blade existierte bis dato schlichtweg in einer anderen Dimension und wird nun durch den ganzen Multiverse-Schabernack in „Doctor Strange 2“ zu den uns bekannten Avengers gespült – und hat gleich eine ganzes Heer von Vampiren im Schlepptau.
Bleibt noch die Befürchtung mancher Fans, Vampire würden nicht ins bisherige Filmuniversum passen. Aber warum sollte man gerade da die Grenze ziehen? Neben quasselnden Waschbären, fettwanstigen Götterprinzen, die „Fortnite“ spielen (!), einem divenhaften Jeff Goldbum im Glitzermantel und der Andeutung kosmischer Dimensionsrichter wäre die Etablierung von Vampiren doch nur eine Lappalie. Außerdem könnten sie ebenso durch Sci-Fi-Elemente pseudo-rationalisiert werden wie die asgard'sche Götterwelt. Allerspätestens seit den Zeitreisen in „Avengers: Endgame“ ist eigentlich rein gar nichts mehr undenkbar.
Endlich wieder Origin-Story
Zudem könnte es endlich wieder mal richtig sinnvoll sein, eine ausführliche Origin-Story zu präsentieren. Denn aus den existierenden Realfilmen über den sonnenbebrillten Mensch-Vampir-Hybriden kennen wir nur den bereits ausgewachsenen Blade, der als lässiger Vampirkiller fest im Sattel sitzt. Die Möglichkeit, dass wir einen ganzen Film lang Blade in seiner eigenen Dimension heranwachsen und Blutsauger schnetzeln sehen, nur damit er dann im Finale in die Dimension der Avengers wechselt, klingt interessanter als so manch andere schnöde Entstehungsgeschichte.
Natürlich gibt es auch einen sehr soliden Punkt, der Anlass für berechtigte Zweifel gibt: Wird „Blade“ im MCU angemessen düster und kompromisslos sein können? Den Härtegrad eines „Deadpool“ wird man nicht erreichen – denn dafür fehlt es den „Blade“-Geschichten an dem anarchischen, die Vierte Wand niederreißenden Witz, welcher die Brutalität ironisiert und so schlussendlich genügend relativiert, dass die Disney-Führungsetage gerade noch ruhig schlafen kann.
Doch war das Marvel Cinematic Universe nun schon einige Male für echte Überraschungen gut. Und ganz ohne Blut wird man eine Geschichte, bei der sich so gut wie alles um Vampire dreht, nur schwerlich verwirklichen können.
Wer ist eigentlich Blade?
Blades (mit bürgerlichem Namen Eric Brooks) Mutter wurde während ihrer Schwangerschaft von einem Vampir gebissen. Zur Welt kam er als Hybridwesen – halb Mensch, halb Vampir. Dabei sorgte eine eine glückliche Fügung dafür, dass er primär die Vor- und nicht die Nachteile der jeweiligen Spezies vereint: Sonne und andere klassische Methoden zur Abwehr der Nachtwesen zeigen keine Wirkung bei ihm (daher auch der Spitzname Daywalker). Er benötigt aber auch kein Blut, da er seinen Blutdurst mit einem Serum in Schach hält. Dafür verfügt er über geschärfte Sinne, immense Stärke und ein besonders hohes Reaktionsvermögen sowie außerordentliche Geschwindigkeit. Er ist geschult in diversen Kampfsportarten und obwohl er ein versierter Schütze ist, nutzt er bevorzugt Klingenwaffen – was auch seinen Namen erklärt. Seine primäre Motivation: die Bekämpfung der Vampirbrut.
So oder so müssen wir uns noch einige Zeit gedulden. Denn einen Starttermin hat „Blade“ noch nicht. Der Film dürfte frühestens 2022 zu erwarten sein, schließlich gehört er nicht zu den Titeln der anstehenden MCU-Phase der Jahre 2020 und 2021.
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