Als „Adjudicator” wird in „John Wick: Kapitel 3“ der*die Abgesandte der Hohen Kammer bezeichnet, der*die aufräumen soll, nachdem John Wick (Keanu Reeves) die Regeln verletzt hat. Die Idee zu der Figur hatte Keanu Reeves persönlich, der sich für seinen John Wick einen Gegner ausdachte, der nicht mit Waffen und Kraft, sondern mit einer anderen Form von Macht gegen ihn antritt. Dass der Rollenname dieser Richterfigur in der englischen Originalfassung geschlechtsneutral ist, hat einen bestimmten Grund: Regisseur Chad Stahelski hörte auf den Vorschlag seines genderqueeren Stars Asia Kate Dillon.
Stahelski war sich unsicher, welches Geschlecht die Figur haben sollte. Er hatte so Drehbuchversionen zu „John Wick 3“, in denen die Richter-Figur immer mit männlichen Pronomen bezeichnet wird und weitere mit weiblichen Pronomen. Und genau hier kam Dillon ins Spiel. In einem Interview mit der New York Times verrät Dillon, dass er*sie beim Treffen mit Chad Stahelski den Vorschlag unterbreitete, die Figur nicht-binär zu machen. Ihre einleuchtende Argumentation: Warum überlege Stahelski zwischen männlich und weiblich? In der ganzen Geschichte gebe es keinen Grund, die Figur in eine dieser Kategorien einzuordnen. Anschließend habe Stahelski auch direkt alle Pronomen aus dem Drehbuch gelöscht.
Asia Kate Dillon kämpft für genderqueere Rollen
Asia Kate Dillon setzt sich dafür ein, dass es mehr non-binäre Figuren im Kino und TV gibt. Bereits in der Serie „Billions“ spielt er*sie Mathegenie Taylor Mason, der*die sich dem binären Geschlechtssystem verweigert. Bei einem Talk-Show-Auftritt im März erklärte er*sie schon, dass diese Rolle ihr geholfen habe, die eigene sexuelle Identität zu finden und vor allem die Sprache dafür: Beim Debüt der Figur in der ersten Folge der zweiten Staffel „Billions“ stellt Taylor nämlich klar, dass er*sie weder „er“, „sie“ noch „es“ ist, sondern eben „they“. Dillon wusste schon im jungen Alter weder Junge noch Mädchen zu sein, doch konnte sich damals nicht ausdrücken. Seit „Billions“ wird dieses „they“ von ihm*ihr genutzt.
Seine*Ihre Figur in „John Wick 3“ unterscheidet sich aber von der in „Billions“, was Dillon auch sehr wichtig war und sich vor allem im Kostüm zeigt: „Die Kleidung ist fast alles Vintage-Thierry-Mugler [Anm.: Ein berühmter französische Modedesigner, der vor allem von Ende der 1970er bis in die frühen 1990er erfolgreich war]. Unser Kostüm-Designer Luca Mosca hatte eine Vision: High Femme, europäisch, strukturiert. Lass uns etwas Haut zeigen. Ich habe es geliebt, eine andere Version davon zu spielen, wie nicht-binär aussehen kann, eben High Femme und sehr dekorativ.“
Nun setzt sich Dillon dafür ein, dass Schauspielerei allgemein mehr genderfluid wird und die klassische Rolleneinteilung in Mann und Frau verschwindet – und zwar nicht erst in ferner Zukunft. „Wenn es 20 Jahre dauert, habe ich versagt“, so Dillon zur New York Times. Noch ist es aber ein weiter Weg, wie er*sie selbst schon bei banalen Dingen erkennen musste. Zwei Mal wurde Dillon für ihre Darstellung in „Billions“ für den Preis der US-Kritiker nominiert, doch dort gibt es für Schauspieler nur eine Männer- und eine Frauenkategorie. Am Ende wurde entschieden er*sie in die Kategorie des besten männlichen Nebendarstellers zu stecken - als erster nicht-binärer Star, der als Frau geboren wurde in der Geschichte des Preises. Schon seit einiger Zeit gibt es für die klassische Zweiteilung bei solchen Preisen auch Kritik und den Vorschlag, diese aufzuheben und einfach nur eine Kategorie, zum Beispiel „Beste Hauptdarsteller*Innen“, zu machen.
Mehr für die Akzeptanz nicht-binärer Figuren kann Asia Kate Dillon wahrscheinlich schon bald in „John Wick 4“ tun. Die Fortsetzung der Action-Reihe wird im Mai 2021 in die Kinos kommen und wir vermuten, dass der*die „Richter*in“ dann nicht nur wieder eine Rolle spielt, sondern eher noch wichtiger im großen Krieg wird – und womöglich auch das nicht-binäre Geschlecht der Figur herausgestellt wird.
Krieg in "John Wick 4": So könnte es nach "John Wick 3" weitergehenAnmerkung: Asia Kate Dillon ist genderqueer. Als Pronom benutzt Dillon weder „he“ noch „she“, sondern „they“, was sich im englischen Sprachraum auch durchgesetzt hat. Da diese dritte Person Plural in der deutschen Sprache als „sie“ übersetzt wird, fällt hierzulande die Abgrenzung zum „she“ weg, so dass diese sprachliche Unterscheidung nicht tauglich wäre. Es gibt hierzulande auch noch keine klaren Regeln, das teilweise genutzte „es“ wird von vielen genderqueeren Personen abgelehnt. Wir benutzen daher in diesem Text das sogenannte Gendersternchen.