Armie Hammer spielt in „Die Berufung“ Martin Ginsburg, den Mann an der Seite der heute berühmten Richterin und Kämpferin für die Gleichberechtigung Ruth Bader Ginsburg (gespielt von Felicity Jones). Während sie eine Ikone ist und mit fast 86 Jahren noch am Obersten Gericht der USA arbeitet, verstarb er bereits 2010. Selbst ein erfolgreicher Steuerfachanwalt, der zu den Besten seines Faches gehörte, nahm er sich zurück, um ihr die ganz große Karriere zu ermöglichen. In „Die Berufung“, wo die Ginsburgs gemeinsam, ein Gesetz zu Fall zu bringen, das einen Mann wegen seines Geschlechts diskriminiert und mit diesem Fall den Auftakt schaffen, um gegen zahlreiche Gesetze, in denen Frauen benachteiligt werden, vorzugehen, wird sehr oft Martys Rolle als Hausmann thematisiert.
Da sehen wir Armie Hammer in Kochschürze, eine Rolle, in die er sich leicht hineinfinden konnte, wie er uns im Gespräch verrät: „Ich habe das große Glück, dass ich zwar viel arbeite, zwischen den Jobs aber längere Zeiten zu Hause bin. Dann stehe ich früh auf, koche groß Essen fürs Frühstück, mache die Kinder fertig für die Schule und fahre sie dann dorthin. Ich liebe das. Es gibt doch nichts Großartigeres, als ein guter Vater und ein guter Ehemann zu sein.“ Daneben verrät er uns im Interview auch noch, warum Ruth Bader Ginsburg eine Superheldin ist und der Kampf für mehr Geschlechtergerechtigkeit nicht vorbei ist.
Diese Frau hat die Welt verändert
FILMSTARTS: Warum hat Ruth Bader Ginsburg deiner Meinung nach so einen Stellenwert? Was macht sie so besonders, dass sie von so vielen auch jungen Menschen so verehrt wird?
Armie Hammer: Sie ist eine Superheldin! Auch wenn natürlich viele andere Menschen daran beteiligt waren, für mehr Geschlechtergerechtigkeit zu sorgen, hat sie im juristischen Bereich die größte Wirkung von allen erzielt. Denn sie hat als erste verstanden, dass es eben nicht nur reicht, die Kultur zur verändern. Es müssen die Gesetze verändert werden. Als sie angefangen hat, Jura zu studieren, durften Frauen keine Autos mieten und kein Bankkonto eröffnen. Und sie hatte ein Problem damit und sich daran gemacht, das zu ändern. Das hat sie erreicht.
Diese Frau hat dadurch die Welt verändert ohne irgendwelche Superkräfte zu haben oder ein Cape zu tragen. Und damit ist sie ein wunderbares Beispiel - nicht nur für Frauen, sondern für wirklich jeden, der etwas verändern will. Denn von ihr kannst du lernen: Wenn du das willst, darfst du nicht wissen, was „Aufhören“ bedeutet. Du musst den Kampf, an den du glaubst, immer weiter fortführen.
FILMSTARTS: Obwohl diese „Superheldin“ Ruth Bader Ginsburg den Kampf nun seit über 50 Jahren führt und viele dieser Gesetze geändert hat, die wir am Ende von „Die Berufung“ sehen, sind wir kulturell aber immer noch nicht da, wo wir meiner Meinung nach sein müssten. Was glaubst du, warum haben wir heute, so viele Jahre später, noch immer keine wirkliche, hundertprozentige Geschlechtergerechtigkeit?
Armie Hammer: Auch wenn die Bewegung damals gestartet ist, es liegen fünf- bis sechstausend Jahre Patriarchat hinter uns. Eine soziale Evolution passiert nicht über Nacht. Es ist ein Prozess und das Wichtigste ist, dass wir es diesem Prozess erlauben, weiter zu laufen. Das ist keine Änderung, die sofort passiert. Das ist kein Kampf, der vorüber ist. Es ist nun an uns, zu sagen, wir sehen, was diese Superheldin getan hat, in welche Richtung sie uns gestoßen hat. Nun liegt es an uns, ihren Mantel aufzunehmen und weiter zu machen.
Ohne dass ich die Wichtigkeit des Kinos hochspielen will, ich glaube, dass unser Film dem helfen kann. Es heißt ja schön: „Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“ Daher ist es gut zu sehen, wie es war, als sie angefangen hat, so dass wir erkennen können, wie die Dinge heute sind und vor allem identifizieren können, wie sie sein müssen.
Auf die inneren Werte kommt es an
FILMSTARTS: Felicity Jones spielt die übergroße Richterin Ginsburg, die in den USA jeder kennt. Da fallen natürlich sofort Vergleiche. Hattest du es da einfacher, weil Martin Ginsburg in der Öffentlichkeit nicht so präsent war?
Armie Hammer: Ja und nein. Ich hatte definitiv mehr Freiheiten als Felicity, die eine Person spielt, die jeder kennt. Aber am Ende des Tages musste ich auch sehr vorsichtig sein, denn ich spiele die Person, die im Leben von Ruth am wichtigsten war und immer noch ist. Sie hat immer noch so viel Liebe und Bewunderung für ihren verstorbenen Ehemann. Ich wollte daher keinesfalls, dass sie unglücklich mit meiner Darstellung ist und das Gefühl hat, ich habe die Figur nicht richtig verstanden. Daher ging es mir darum, die Essenz von Martin zu erfassen. Ich habe mir keine Sorgen darüber gemacht, wie er auszusehen oder zu sprechen. Es ging mehr darum, seine inneren Werte zu zeigen.
FILMSTARTS: Da spielte dann sicher auch Humor eine Rolle. In der Dokumentation „RBG“ sieht man ja, wie witzig er bei öffentlichen Auftritten war und auch in eurem Film kommt das immer wieder durch.
Armie Hammer: Ja, das war unglaublich wichtig. Es war ein großer Teil von Martys Persönlichkeit. Er war ein großartiger Anwalt und ein herausragender Koch, aber vor allem war er unglaublich charmant und unglaublich lustig. Er scheint mir die perfekte Person zu sein, neben der man bei einer Dinerparty sitzen will. Und das wollte ich zeigen.
Daneben war mir aber auch wichtig, den Familienmensch zu portraitieren. Felicity hat natürlich die meisten großartigen Szenen des Films, aber meine Lieblingsszene, in der ich zu sehen bin, ist das Gespräch von Marty mit seiner Tochter, in dem er ihr erklärt, wo Ruth herkommt, was sie erreichen will, was sie ihr beibringen will. Ich finde in dieser Szene spürst du, wie wichtig Familie ihnen allen ist. Dieser Moment zeigt auch, was für eine Mutter Ruth sein wollte und auch war und wie sie ihre Tochter erziehen will. Es ist ein wunderschöne Szene.
„Die Berufung“ läuft seit dem 7. März 2019 in den Kinos.