Achtung, es folgen natürlich Spoiler zum Ende von „Phantastische Tierwesen 2“!
Die Suche des rätselhaften Credence Barebone (Ezra Miller) nach seiner wahren Identität ist ein zentrales Element von „Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen“. Bei der (vermeintlichen) Antwort auf die Frage im Finale des Fantasy-Abenteuers wartete Drehbuchautorin und „Harry Potter“-Schöpferin J.K. Rowling mit einer waschechten Überraschung auf. Wie Bösewicht Grindelwald (Johnny Depp) Credence eröffnet, nachdem dieser sich dem dunklen Magier angeschlossen hat, handelt es sich bei dem jungen Zauberer angeblich um Albus Dumbledores (Jude Law) verschollenen Bruder Aurelius. Aber sagt Grindelwald auch wirklich die Wahrheit?
Manipulativer Grindelwald
Grindelwald verfolgt in „Phantastische Tierwesen 2“ noch stärker als im ersten Teil den Plan, Credence auf seine Seite zu ziehen, schließlich ist dieser ein sogenannter Obscurial, der eine äußerst mächtige dunkle Magie in sich trägt, in der Grindelwald die aussichtsreichste Chance sieht, seinen einstigen Freund Dumbledore zu töten. Der Hogwarts-Professor ist nämlich offenbar der Einzige, der Grindelwalds Vorhaben, gewöhnliche Menschen unter der Herrschaft der Zaubererwelt zu unterjochen, ernsthaft im Weg steht.
Über den ganzen Verlauf des Films lockt Grindelwald Credence damit, dass er über dessen wahre Herkunft Bescheid weiß und sie ihm offenbaren kann, wenn er sich ihm anschließt. Als Credence mit diesem Versprechen vor Augen am Ende genau das tut, muss Grindelwald natürlich liefern. Dass er ihm dann erzählt, dass er ausgerechnet ein jüngerer Bruder Dumbledores sein soll, der von diesem ganz offenbar im Stich gelassen wurde, könnte schlicht auch eine komplett erfundene Möglichkeit sein, Credence‘ Zorn auf Dumbledore zu entfachen – und eine durchaus erfolgreiche dazu, wie schon die Reaktion des Obscurials auf die Enthüllung in der allerletzten Szene von „Phantastische Tierwesen 2“ zeigt.
Ist der Twist überhaupt möglich?
Dass Credence wohl wirklich nicht – wie zuvor von vielen innerhalb und außerhalb der magischen Filmwelt vermutet – Leta Lestranges (Zoë Kravitz) Halbbruder Corvus ist, dürfte immerhin als gesichert gelten. So besteht wohl kaum ein Zweifel an Letas Geschichte von ihrer Überfahrt von England in die USA vor vielen Jahren, bei der sie, genervt vom schreienden Corvus, diesen einfach gegen ein anderes Baby ausgetauscht hat und mit diesem zusammen das folgende Schiffsunglück überlebt hat, während der echte Corvus starb. Doch kann das vertauschte Kind überhaupt Dumbledores Bruder sein? Die Indizien, die Grindelwald Credence präsentiert (wie etwa der Phönix oder die Tatsache, dass sein wahrer Name wie der aller Dumbledore-Geschwister mit einem A beginnt) deuten auf den ersten Blick zwar darauf hin, doch spricht auch so einiges dagegen.
So ist es nicht nur so, dass in der Welt von „Harry Potter“ zuvor noch nie von Aurelius Dumbledore die Rede war (selbst Klatschreporterin Rita Kimmkorn stößt nicht auf Informationen über ihn, als sie in „Harry Potter“ in Dumbledores Vergangenheit gräbt, um seinen Ruf zu beschmutzen), auch passt das Ganze nicht wirklich zu den bereits bekannten Informationen zur Hintergrundgeschichte der Dumbledores. Diese sprechen zumindest dagegen, dass Albus und der vermeintliche Aurelius die gleiche Mutter haben. So ist Albus‘ Mutter Kendra bereits 1899 bei einer Explosion gestorben, die Albus‘ Schwester Ariana versehentlich ausgelöst hat, als sie die Kontrolle über ihre magischen Kräfte verloren hat (es wird zum Teil vermutet, dass Ariana ebenfalls ein Obscurial war, was wiederum eher für irgendeine familiäre oder anderweitige Verbindung sprechen könnte). Credence ist allerdings wohl erst direkt zu Beginn des 20. Jahrhunderts geboren, zumindest eine offizielle im Netz zu findende Adoptionsurkunde weist hier 1904 als Geburtsjahr aus.
Nur ein Halbbruder?
So bliebe eventuell noch die Möglichkeit, dass Aurelius immerhin noch Dumbledores Halbbruder ist, doch auch das ist eher unwahrscheinlich. Dumbledores Vater Percival wurde nämlich schon 1890 ins Zauberergefängnis Askaban gesteckt, nachdem er eine Gruppe Muggelkinder angriff, die Ariana attackiert hatten. Dort soll er dann einige Zeit später gestorben sein. Zwar gibt es zu Percivals Tod keine genaue Jahresangabe, dass er in Haft (umgeben von seelenfressenden Dementoren) jedoch noch ein Baby gezeugt hat und dieses anschließend aus dem Gefängnis geschafft wurde, können wir uns jedoch nur schwer vorstellen.
Nun stellt sich die Frage, ob all diese Punkte Grindelwalds Geschichte tatsächlich als Lüge entlarven oder ob J.K. Rowling einfach etwas lockerer als so mancher Fan mit der von ihr entworfenen Wizarding World umgeht und den Kanon ein wenig anpasst. Vielleicht hat sie aber auch eine verstörende Geschichte über die Zeugung eines Babys in Askaban oder womöglich noch eine gänzlich andere magische Erklärung in der Hinterhand, die alles ins recht Licht rückt.
Selbst Ezra Miller zweifelt
Sogar die Darsteller der „Phantastische Tierwesen“-Reihe sind sich offenbar nicht so ganz sicher, ob dem Zuschauer beim großen Twist am Ende des zweiten Teils der „Harry Potter“-Prequels wahre Fakten präsentiert werden. Credence-Darsteller Ezra Miller gab im Interview mit /Film jedenfalls zu, dass es definitiv möglich sei, dass Grindelwald nur gelogen habe und man seinen Worten ohnehin nicht zu sehr trauen sollte, es aber durchaus auch denkbar sei, dass selbst in einer Lüge ein wahrer Kern steckt.
Eine endgültige Antwort auf die Frage um Credence‘ wahre Identität wird es dann wohl erst in den drei noch ausstehenden „Phantastische Tierwesen“-Fortsetzungen geben. Wir gehen jedenfalls fest davon aus, dass in diesen Dumbledores Familiengeschichte noch eine größere Rolle spielen und so etwa auch der Unfalltod seiner Schwester im Zuge einer Auseinandersetzung zwischen Grindelwald, Dumbledore und dessen Bruder Aberforth, die überhaupt erst zum Bruch zwischen Grindelwald und Dumbledore geführt hat, thematisiert wird. Schließlich gibt es auch die Theorie, dass Credence und Ariana eng miteinander verbunden sein könnten und eventuell ein Teil von Arianas Seele oder Magie in Credence weiterlebt. Mehr Infos gibt es dann allerdings erst 2020 mit „Phantastische Tierwesen 3“.