Die vom Künstler von Eric Knudsen alias Victor Surge geschaffene Horrorfigur Slender Man treibt seit 2009 überall im Netz ihr Unwesen und verwandelt per Fotomontage jedes noch so harmlose Bild in einen Anblick des Schreckens. Nun hat das Meme seinen eigenen Kinofilm, der passenderweise den Titel „Slender Man“ trägt und seit dem 23. August 2018 in den deutschen Kinos läuft. Doch vielen Zuschauern dürfte dabei aufgefallen sein, dass „Slender Man“ merkwürdig zerschnitten und unfertig wirkt, und somit ein weitaus weniger gruseliger Film ist, als man es anhand der düsteren Trailer eigentlich erwartet hatte. In unserer FILMSTARTS-Kritik gab es für den seichten Horror-Trip eine deutliche Ohrfeige, doch hätte „Slender Man“ vielleicht ein ganz anderer Film werden können?
Mehrere Szenen fehlen einfach im Film
Tatsächlich berichtete Bloody Disgusting zum US-Kinostart, dass beim Meme-Film von Regisseur Sylvain White zahlreiche Szenen nachträglich herausgeschnitten wurden. Auslöser dafür soll der Vorfall von 2014 gewesen sein, bei dem zwei junge Mädchen im Bundesstaat Wisconsin einen Mordversuch an einer Mitschülerin unternahmen. Das Slender-Man-Meme soll die beiden dazu animiert haben und Verleih Sony hatte mit einer Petition der Eltern der Beteiligten zu kämpfen, welche die Veröffentlichung des Films verhindern sollte. So einen Film zu machen „sei geschmacklos“ und „würde die tragischen Ereignisse popularisieren“, argumentierten die Unterzeichner der Petition. Sony soll, so berichten die Quellen von Bloody Disgusting, aufgrund der Vorwürfe weiche Knie bekommen haben. Das Ergebnis: „Slender Man“ läuft nun zwar trotz allem in den Kinos, jedoch ist, um noch größere Aufregung zu vermeiden, ein ziemlich mauer und zahmer Film dabei herausgekommen.
Das zeigt sich etwa auch daran, dass zwei Ausschnitte aus dem ersten Trailer in der fertigen Kinofassung gar nicht mehr zu sehen sind. Sowas kommt natürlich häufiger vor, jedoch sind es in diesem Fall die zwei brutalsten und gruseligsten Szenen des Trailers, den ihr euch hier noch einmal anschauen könnt:
Einer davon ist eine Aufnahme (bei 1:24), bei der eine Schülerin sich ein Skalpell in die Augen rammt. Die andere Szene sehen wir ganz am Ende des Trailers, wo ein völlig entstelltes Mädchen auf die Kamera zuläuft, während Blut aus ihrem Mund läuft.
War das PG-13-Rating der wahre Grund?
Man könnte auch einfach annehmen, dass die Altersfreigabe der Grund für die Anpassungen sei, schließlich läuft der Titel in den USA mit einem PG-13 Rating, darf also bereits ab 13 Jahren gesehen werden (bei uns hingegen ist der Horrortitel erst ab 16 Jahren zugänglich). Bloody Disgusting berichtet jedoch, dass bei Sony von Anfang an eine jugendgerechte Altersbeschränkung geplant war. Schuld ist also offenbar tatsächlich Sonys Angst vor einem noch größeren Shitstorm.
Gut an der Kasse, schlecht beim Publikum
An den Kinokassen lief „Slender Man“ trotz dieser Kontroversen ordentlich. Seit dem 10. August 2018 flimmert der Schattenmann über die US-Leinwände und konnte bisher immerhin 22 Millionen Dollar in die Kassen spülen, das Produktionsbudget betrug 10 Millionen Dollar. Dafür fallen die bisherigen Kritiker- und Publikumsreaktionen aber alles andere als positiv aus: Auf IMDb watschen die User den Horrorfilm mit einer miesen Durchschnittswertung von 2,9 von 10 ab (bei bislang gut 3.300 Stimmen) und auf Rotten Tomatoes sind aktuell nur neun Prozent der vorliegenden 46 Kritiken positiv.
Die Frage ist also, ob der Film vielleicht deutlich besser ausgefallen wäre, wenn die Verantwortlichen konsequenter ihr Konzept durchgezogen und die intensiven Momente aus dem Trailer nicht aus dem Werk geschnitten hätten. Eines ist der Film unserer Meinung nach in seiner jetzigen Fassung nicht: Gruselig.